Zu Rehm Thermal Systems nach Blaubeuren hatte der Schweizer Vertriebspartner Hilpert electronics AG Anfang Juli Interessenten aus der EMS Branche des Nachbarlandes geholt. Die Technologietage wurden außerdem von ASM und Viscom unterstützt.
Unter dem Motto ,Spitzentechnologien für die Elektronikfertigung' kombinierten die Technologietage ein beachtliches Vortragsprogramm mit Live-Demos und verschiedenen Workshops. „Mit diesem Programm konnten wir die Spitzentechnologien zu den Themen Löten, Bestücken und Inspektion an einem Ort vereinen und unseren Kunden und Interessenten ein umfassendes Leistungsspektrum vermitteln“, resümiert Raphael Burkart, CEO Hilpert electronics AG.
Impressionen von den Hilpert-Technologietagen bei Rehm in Blaubeuren
Rund 50 Teilnehmer hatte diese erste Präsenz-Veranstaltung in den Seminarräumen von Rehm seit Beginn der Pandemie. Es zeigte sich deutlich, so Rehm-Gesamtvertriebsleiter Michael Hanke, wie wichtig trotz aller technischen Möglichkeiten für Online-Veranstaltungen der persönliche Austausch im direkten Kontakt zwischen Experten und Teilnehmern sei. „Die Diskussionen in den Pausen, Rückfragen zu den Workshops sowie die Präsentation einer kompletten Beschichtungslinie mit integrierter Hermes-Schnittstellen sind in dieser Form und hohen Qualität nur bei Präsenz-Veranstaltungen möglich“, so Hanke.
Nach Begrüßung der Gäste durch Geschäftsführer Johannes Rehm und Raphael Burkart startete das Programm am ersten Tag mit einer technologischen Vortragsreihe. Zu Beginn referierte Dr. Paul Wild, Leiter Forschung & Entwicklung bei Rehm zum Thema ,Innovative Prozesse für die Fertigung von sicherer Elektronik'. Generell gehe der Trend bzw. die Innovationen bei Lötanlagen zu weiterer Automatisierung, Energieeinsparung bzw. Verbesserung der Energieeffizienz und Digitalisierung. Dabei sind die Anforderungen an die Sicherheit der Elektronik und für deren Zuverlässigkeit immer im Blick. Zwar erfolge das Löten heutzutage zu etwa 90% mit Konvektionsanlagen. Da Temperaturzyklen und Umwelteinflüsse die Hauptausfallursachen für Elektroniken sind, kämen zunehmend andere Verfahren zum Einsatz – darunter auch das Vakuumlöten. Eine wichtige Rolle spielen zudem erweiterte Prüfungen/Tests bei hohen und tiefen Temperaturen sowie das Beschichten von Elektroniken. Dr. Wild präsentierte die Prozesse unterschiedlicher Lötverfahren und deren Optimierungsmöglichkeiten im Hinblick auf Energieeffizienz, auf neueste Beschichtungstechnologien und auf innovative Trocknungssysteme. Auch der Regeneration von Solarzellen widmete er sich. Der Hauptfokus lag dabei immer auf den neuesten Trends sowie auf den Anforderungen an die Sicherheit der Elektronik von heute und morgen.
Anschließend folgte der Vortrag von Haithem Jeridi, ASM Assembly Systems, zum Thema ,Open Automation – Das Erfolgsrezept für sinnvolle Automatisierung'. Die Automation erfolge, so der Referent, nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Gründen schrittweise. Jeridi zeigte anhand von praxisbezogenen Beispielen, wie Automatisierung geplant und umgesetzt werden kann und wie wichtig hierbei Standards sind. Hierbei seien Simulationsprogramme äußerst hilfreich, um die unterschiedlichen Szenarien im Vorfeld durchzuspielen und Optimierungen bereits in der Planungsphase vorzunehmen.
Zum Abschluss der Vortragsreihe referierte Thomas Winkel, Viscom AG, zum Thema ,Performante Röntgeninspektion für Batteriezellen-Prüfung und Void-Detektion'. Winkel erläuterte sowohl die Anforderungen an die optische Inspektion von Batteriesystemen als auch die unterschiedlichen Inspektionsverfahren sowie die Relevanz von Void-Detection aufgrund der Anforderungen an die Belastbarkeit der Zellkontaktiersysteme, hervorgerufen durch äußere Einflüsse wie Schwingungen, Vibrationen, Hitze, Kälte und chemische Einflüsse.
Der zweite Tag war der Anwendungs- und Praxisteil der Veranstaltung. Die Besucher wurden in Gruppen zu drei unterschiedlichen Workshops geführt und konnten sich anhand von Live-Demos über die neuesten Lösungen im Bereich Löten, Bestücken und Beschichten informieren.
Helmut Öttl, Applikationsspezialist von Rehm, erläuterte im ersten Workshop u. a., was das neue Profile Monitoring Tool ProMetrics kann. Basierend auf den Produktinformationen, einer speziellen Datenbank und Simulationen, werden mit dem Tool Profile Creator im Voraus Löttemperaturprofile ermittelt und die entsprechenden Einstellparameter für das Lötsystem abgeleitet. Beim Lötprozess mit der entsprechend eingestellten Anlage werden von ProMetrics in Echtzeit die Temperaturen in den einzelnen Zonen sowie die Position der Baugruppe im Reflowlötsystem erfasst und dokumentiert. So kann das Lötprofil überwacht, optimiert und angepasst werden. Durch die grafische Ausgabe und Dokumentation des Profils einschließlich der Hüllkurven (Grenzwerte) ist eine lückenlose Nachverfolgung der Baugruppe im Sinne von Traceability jederzeit möglich.
Im zweiten Workshop erfolgte eine Live-Demo einer kompletten Beschichtungslinie von den Rehm Applikationsspezialisten Gianfranco Sinistra und Markus Scheid. Gezeigt wurde nicht nur der optimale Lackauftrag mit der ProtectoXP und das Aushärten des Lackes an einem RDS UV-Trocknungssystem sondern auch die Inline-Inspektion mit einem CCI von Viscom. Highlight der Linie war die durchgängige Integration der Hermes-Schnittstelle. Mit dieser wurde die vollautomatisierte Umstellung des gesamten Prozesses auf unterschiedliche Baugruppen gezeigt – so wird Losgröße 1 möglich.
Die Eigenschaften der Beschichtungslinie wurden von Gianfranco Sinistra und Markus Scheid „assistiert“ von Thomas Winkel erklärt
Im dritten Workshop demonstrierte Christoph Oeckl, ASM Assembly Systems, die neuesten Bestückungslösungen seines Unternehmens. Im Fokus stand dabei die Möglichkeit, auch bedrahtete Bauteile (THT) zu bestücken. Dies erfolgt mit speziellen Bauteilzuführeinheiten und -greifern anstelle der Vakuumpipetten für SMD. Mit den Greifern können THT-Bauteile (Odd Shapes) in unterschiedlichen Formaten und Geometrien bestückt werden. Der Anteil an manueller Bestückung kann so reduziert werden. Zur Fixierung auf den Bauteilen können mit dem Bestückungsautomaten auch Klebepads gesetzt werden oder mit einem optimalen Clinch-Werkzeug ein passives Clinchen der Anschlüsse erfolgen.
Zum Abschluss des zweiten Veranstaltungstages hielt Prof. Dr.-Ing. Marco Huber, Leiter Zentrum für Cyber Cognitive Intelligence (CCI) am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Stuttgart eine Keynote. Unter dem Titel ,Künstliche Intelligenz im industriellen Einsatz' führte er die Teilnehmer in die Welt der KI und deren Entwicklungsstufen ein. Dabei betrachtete er auch die Unterschiede zum Menschen. Der Mensch sei vielseitig und kann z. B. beim Autofahren auf ganz neue Situationen reagieren. Die KI sei noch nicht so weit, wie die Entwicklung des autonomen Fahrens zeige. In vielen Bereichen sei die KI allerdings bereits überlegen. „So ist sie besser als der Mensch im Schachspiel und im GO. Die KI kann mittels Deep Learning basierend auf großen Datenmengen selbst Prognosen erstellen.“ An praxisbezogenen Beispielen aus der Branche, u. a. der AOI-Verifikation, erläuterte Huber die bereits heute vorhandenen Möglichkeiten des Einsatzes von KI in Produktionsprozessen und zeigte auf, wohin die Reise noch gehen kann.
Hilpert-CEO Burkart resümierte zum Abschluss: „Das war sicher nicht die letzte Veranstaltung dieser Art, die wir mit unseren Partnern ASM Assembly Systems, Rehm Thermal Systems und Viscom abhalten werden.“ Michael Hanke schloss an: „Wir freuen uns sehr, dass Präsenzveranstaltungen in einem solchen Rahmen wieder möglich sind und hoffen, dass diese Entwicklung weiter anhält und wir auf vielen weiteren Events im persönlichen Gespräch Technologien und Trends der Elektronikfertigung mit den Teilnehmern diskutieren können“.
www.asm-smt.com, www.hilpert.ch, www.rehm-group.com, www.viscom.com