Mit dem iMX8M Mini DX-M1 präsentiert Virtium Embedded Artists ein System-on-Modul, das den Übergang von klassischen Embedded-Designs zu KI-fähigen Edge-Systemen erleichtern soll. Die Besonderheit liegt in der Integration eines dedizierten KI-Beschleunigers direkt auf dem Modul.
Architektur und Hardwareaufbau
Das Modul kombiniert den bewährten i.MX 8M Mini von NXP mit einem DEEPX DX-M1 Accelerator. Der i.MX 8M Mini verfügt über vier Cortex-A53 Kerne mit bis zu 1,8 GHz Taktfrequenz und einen Cortex-M4 Core mit 400 MHz für Echtzeitanwendungen. Ergänzt wird er durch einen Video-Codec für 1080p Encoding und Decoding, eine 2D/3D-Grafikeinheit und einen Gigabit-Ethernet-Controller. In der Grundausstattung stehen 2 GB LPDDR4 zur Verfügung.
Der Accelerator DX-M1 liefert 25 TOPS bei einer typischen Leistungsaufnahme von 5 W und wird über ein 64 Bit breites, vierkanaliges Interface mit 4 GB LPDDR5 angebunden. Die Trennung von System- und KI-Speicher ermöglicht eine Aufgabenteilung. Während der Applikationsprozessor Steuerung, Peripherie und Multimedialogik übernimmt, führt die NPU komplexe Inferenzaufgaben aus. Dieses Zusammenspiel ist auf niedrige Latenzen ausgelegt, da keine externe Beschleunigerkarte angebunden werden muss. Das Modul misst 82 × 50 mm und setzt auf den MXM3-Steckverbinder, der sich in der Praxis als robuster Standard für SoM-Designs etabliert hat. Die kompakte Größe ist für Anwendungen mit begrenztem Bauraum von Vorteil.
Multimedia- und Schnittstellenunterstützung
Die Prozessorarchitektur des i.MX 8M Mini erlaubt eine direkte Kombination von Bildverarbeitung, Multimedia und Steuerungsfunktionen. Über MIPI DSI lassen sich Displays anbinden, über MIPI CSI Kamerasensoren. Hinzu kommen Audio-Schnittstellen und ein 2D/3D-Grafikblock, der auch Anwendungen mit Benutzeroberflächen abdeckt. Durch die Verbindung mit der NPU entsteht eine Plattform, die Bildvorbereitung wie auch KI-Inferenz lokal ausführt. Für Entwickler ergibt sich damit eine Lösung, die klassische Bildverarbeitungsalgorithmen, etwa zur Rauschunterdrückung oder Farbkorrektur, mit neuronalen Netzen für Objekterkennung oder Klassifizierung kombinieren kann. Der Vorteil liegt in der geringen Latenz und dem Verzicht auf Cloud-Abhängigkeiten.
Temperaturbereiche und Einsatzumgebungen
Das Modul ist in zwei Varianten erhältlich. Die kommerzielle Ausführung arbeitet im Bereich von 0 bis 70 °C mit bis zu 1,8 GHz Taktfrequenz. Für industrielle Szenarien wird eine Variante mit erweitertem Temperaturbereich von -40 bis 85 °C angeboten, deren Cortex-A53 Kerne auf 1,6 GHz ausgelegt sind. Damit eignet sich die Plattform sowohl für klassische Embedded-Anwendungen als auch für rauere Umgebungen in Maschinen oder Außenstationen.
Software-Ökosystem und Entwicklungsunterstützung
Ein wesentlicher Faktor für die Praxistauglichkeit ist die Softwareunterstützung. Das Modul nutzt das NXP-Ökosystem, das Board Support Packages für Linux und Android umfasst. Für die Entwicklung von KI-Anwendungen werden Frameworks wie TensorFlow Lite oder ONNX unterstützt. Entwickler können Modelle in gängiger Toolchain-Umgebung trainieren und anschließend auf dem DX-M1 ausführen. Die NPU ist darauf ausgelegt, mehrere Modelle parallel zu betreiben. Das erlaubt beispielsweise, ein System gleichzeitig für Objekterkennung, semantische Segmentierung und Sprachverarbeitung zu konfigurieren. Für typische Edge-Szenarien wie Smart Cameras oder Inspektionssysteme ist dies von hoher Relevanz. Zusätzlich liefert Virtium Embedded Artists Referenzdesigns, standardisierte Carrier-Boards und ein KI-Kit, das zentrale Schnittstellen bereits integriert. Damit lassen sich Prototypen schnell realisieren und später ohne erneutes Platinenlayout in die Serie übertragen.
Vergleich mit Wettbewerbsplattformen
Der Markt für KI-fähige Embedded-Module ist heterogen. NVIDIA adressiert mit Jetson Orin Nano eine höhere Leistungsklasse, die bis zu 40 TOPS bietet, jedoch auch mehr Energie benötigt (7–15 Watt). Google Coral setzt mit seinem Edge TPU auf maximale Energieeffizienz bei nur 4 TOPS, ist jedoch für komplexere Modelle begrenzt. Renesas bietet mit dem RZ/V2L eine Architektur mit rund 1 TOPS, die für besonders stromsparende Anwendungen ausgelegt ist.
Das iMX8M Mini DX-M1 positioniert sich zwischen diesen Ansätzen. Mit 25 TOPS liegt es deutlich über den sehr energiearmen Lösungen, bleibt jedoch unterhalb der High-End-Beschleuniger. Für Anwendungen, die eine Balance aus Leistungsfähigkeit und Effizienz erfordern, stellt das eine pragmatische Option dar. Die Möglichkeit, mehrere Modelle parallel auszuführen, hebt die Lösung von einfachen NPUs ab, während der Energiebedarf deutlich niedriger bleibt als bei den leistungsstärkeren Jetson-Modulen.
Anwendungsszenarien
Die Zielmärkte umfassen alle Anwendungsfelder, in denen Bild- und Sensordaten in Echtzeit lokal ausgewertet werden. In Drohnensteuerungen können neuronale Netze zur Objekterkennung und Hindernisvermeidung beitragen, ohne dass eine dauerhafte Netzverbindung erforderlich ist. In der Medizintechnik lassen sich tragbare Diagnosegeräte um visuelle KI-Funktionen erweitern, während im AgTech-Bereich Erkennungssysteme für Pflanzenzustände oder Unkrautmanagement realisiert werden können.
In der Industrie bietet das Modul Potenzial für vorausschauende Wartung, bei der Sensor- und Kameradaten vor Ort ausgewertet werden, um Maschinenstillstände zu vermeiden. Auch für Smart-Factory-Konzepte, bei denen Datenströme direkt in der Anlage verarbeitet werden, ist die Kombination aus Prozessor, Multimedia und NPU interessant.
Marktanalyse und Standardisierung
Die Einführung von Modulen wie dem iMX8M Mini DX-M1 fällt in eine Phase, in der auch die Standardisierung im Embedded-Bereich voranschreitet. Während klassische Formfaktoren wie COM Express oder Qseven lange dominierend waren, gewinnen neue Standards wie COM-HPC oder OSM (Open Standard Module) an Bedeutung. COM-HPC adressiert vor allem High-Performance-Anwendungen mit höherer Leistungsaufnahme und Bandbreite, während OSM auf besonders kompakte Module mit direkter Lötbarkeit auf Trägerplatinen setzt. Der von Virtium Embedded Artists gewählte MXM3-Steckverbinder ist zwar kein offizieller Standard wie COM-HPC oder OSM, ist aber als bewährte Lösung für mittelgroße Module gut geeignet. Für Entwickler bedeutet dies eine gewisse Flexibilität, aber auch Abhängigkeit von spezifischen Carrier-Boards. Strategisch positioniert sich das Modul damit zwischen standardisierten Plattformen mit breiter Ökosystemunterstützung und proprietären Lösungen, die oft kürzere Markteinführungszeiten ermöglichen. In einem zunehmend diversifizierten Embedded-Markt könnte dieser Mittelweg für Hersteller attraktiv sein, die weder auf maximale Standardisierung noch auf vollständig proprietäre Designs setzen wollen.
Perspektiven im Markt
System-on-Modules mit integrierter NPU markieren einen Trend hin zu stärker spezialisierter Embedded-Hardware. Sie ermöglichen es Entwicklern, neue Produkte schneller umzusetzen, da komplexe KI-Funktionalität bereits in der Basisplattform vorhanden ist. Mit der Verfügbarkeit in verschiedenen Temperaturbereichen und der Möglichkeit, das gleiche Carrier-Board mit oder ohne NPU zu bestücken, deckt das iMX8M Mini DX-M1 sowohl klassische Embedded-Systeme als auch industrielle Anwendungen ab.
Im Wettbewerbsumfeld wird die Zahl der vergleichbaren Module in den kommenden Jahren vermutlich steigen. Dennoch zeigt der Ansatz, KI-Beschleunigung direkt in einem kompakten SoM zu integrieren, dass sich die Rolle solcher Baugruppen verändert. Sie entwickeln sich von reinen Rechenplattformen zu Komplettlösungen, die Multimedia, Steuerung und KI-Inferenz in einem Baustein vereinen.

