Chip-Lieferengpässe bei Nexperia sorgen aktuell für Stirnrunzeln - mit gravierenden Auswirkungen insbesondere auf deutsche Automobilhersteller und Zulieferer.
Ende September 2025 entzog das Bezirksgericht Gericht in Den Haag auf Antrag der niederländischen Regierung die Kontrolle über den Chipproduzenten Nexperia von dessen chinesischem Mutterkonzern Wingtech. Grund ist der Verdacht, dass Technologie an das chinesische Militär weitergegeben werden könnte. Die USA hatten die Niederlande und ihre Nachbarn zuvor unter Druck gesetzt, weil Wingtech auf der US-Sanktionsliste steht. Wenige Tage später reagierte China mit Exportbeschränkungen für Nexperia-Produkte, die als diskrete Halbleiter in zahlreichen elektronischen Steuergeräten von Autos verbaut werden. Über diese Komponenten wird die Spannung geregelt, Signale werden verstärkt und Sensoren ausgelesen, sie sind daher in Sicherheitssystemen und Steuergeräten unverzichtbar. Der Konzern produziert zwar in Hamburg, Manchester und Nijmegen, lässt aber einen Großteil der Halbleiter in China testen und verpacken. Durch den Exportstopp können diese Bauteile nicht mehr zurück nach Europa geschickt werden. Die Lagerbestände reichen laut Branchenverband ACEA und Verband der Automobilindustrie (VDA) nur für wenige Wochen. Ersatzlieferanten benötigen lange Qualifizierungsprozesse, da die Bauteile nach Automotive-Normen zertifiziert sind und mit sicherheitsrelevanten Systemen harmonieren müssen.
Die unerwartete Einmischung der niederländischen Regierung erfolgte auf Grundlage des historischen 'Goods Availability Act' - ein Notfallgesetz, das es dem Staat erlaubt, Managemententscheidungen zu blockieren. Gleichzeitig wurde Wingtech-Chef Zhang Xuezheng durch einen gerichtlich bestellten Verwalter ersetzt. Die Chinesische Handelsbehörde interpretierte den Schritt als geopolitische Provokation und reagierte mit einem Exportverbot für Nexperia-Halbleiter in das Ausland. Damit wachsen die Spannungen im US-chinesischen Handelskonflikt: Washington hatte zuvor exportrechtliche Regeln verschärft, die nun auch Tochterfirmen wie Nexperia betreffen.
Der Exportstopp trifft insbesondere deutsche Automobilhersteller und Zulieferer. Laut VDA sind mehrere 100. Mio. diskrete Halbleiter betroffen. Da Elektrofahrzeuge rund 1.300 Chips enthalten - etwa doppelt so viele wie Verbrenner - sind E-Autoproduzenten besonders verwundbar. Der VDA warnte vor Produktionsunterbrechungen und forderte die Politik zum Handeln auf. Auch der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) betont, dass die Qualifizierung alternativer Lieferanten Monate dauern kann und Waren für viele Wochen knapp bleiben. Die Bundesregierung hat bereits Industrievertreter und Verbände kurzfristig zu einem Krisengespräch mit dem chinesischen Handelsminister eingeladen, um Lösungen zu finden. Auch die EU-Kommission drängt auf Verhandlungen, da die Chips in Steuergeräten für zahlreiche Branchen relevant sind.
Kurzfristig bleibt unklar, ob China das Exportverbot lockern wird. Branchenverbände hoffen auf diplomatische Lösungen, doch die notwendige Qualifizierung neuer Chips wird mehrere Monate dauern. Für deutsche Autobauer besteht die Gefahr, dass Produktionsbänder stillstehen, wenn die Lagerbestände aufgebraucht sind.