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Rückblick auf die Leistungen der Oberflächentechnik für den Umweltschutz

-Fortsetzung aus Heft 9/2006- Gewerbe und Industrie Unsere moderne Welt lebt von Produktion und Gebrauch der unterschiedlichsten Produkte. Dabei wird der Verbrauch der gefertigten Waren häufig nicht so sehr von der Funktionstüchtigkeit des betreffenden Teils gesteuert, sondern vielfach von Design und Mode. Jedes unmoderne Stück lässt sich mit geschickter Werbung durch ein neues, anders aussehendes ersetzen. Dieses Prinzip hält die kapitalistisch geprägte Wirtschaft in Gang, ist jedoch für die Umwelt schädlicher als so mancher toxische Stoff. Wegwerfmentalität kostet Ressourcen; Recycling funktioniert nicht in allen Fällen und schon gar nicht in den armen Staaten. Außerdem bedeutet auch Recycling stets Energieaufwand, um die zurückgeführten Stoffe zu raffinieren und für eine erneute Verwendung aufzubereiten.

Mancher Betriebsleiter hat schon die Erfindung des Papiers verflucht. Papier, Papier und nochmals Papier – aber Papier ist geduldig und hält viel aus, auch Statistiken. Statistisch wurde hochgerechnet und prognostiziert, dass mit Einführung der EDV die Papierflut ein Ende hätte. Tatsächlich aber scheint das Gegenteil eingetreten zu sein: Es ist ja so einfach und auch sicherer – falls der PC mit seinem Speicher abstürzt – doch noch schnell einen Ausdruck anzufertigen. Mark Twain soll einmal formuliert haben: Es gibt Lügen, verdammte Lügen und Statistiken. Er hatte wohl recht. Dummerweise kosten diese Lügen oder vornehmer ausgedrückt Dichtungen, viel kostbare Zeit, die für innovative Aktivitäten verloren ist. Verlangt die Behörde statistische Angaben, so fragt man nach dem Zweck und wertet entsprechend aus – Papier ist geduldig! Werden zum Beispiel die möglichst hohen Investitionen für den Einsatz lösemittelfreier moderner Beschichtungsverfahren gewünscht, so wird der volle Einsatz einer Pulverbeschichtungsanlage angegeben. Will der Betrieb durch Engagement im Umweltschutz glänzen, dann ist die Pulverrückgewinnung – die das Verfahren erst wirtschaftlich macht – eine Umweltschutzinvestition. Wohin gehört die Sparspülung in der Galvanik? Zum Umweltschutz durch Elektrolytrecycling? Oder ist sie normales Verfahrenszubehör? Kurt Tucholski hätte sicher hierzu eine passende Glosse geschrieben. Wem nutzen diese Statistiken, die häufig erst nach ein bis zwei Jahren fertig sind und veröffentlicht werden, wenn heute der internationale Wettbewerb die Situation infolge ökonomischer Verschiebungen oder neuer ökologischer Erkenntnisse innerhalb eines Jahres komplett verändert?

Für die Herstellung von Mikrobauteilen aus Kunststoff oder Keramik mittels Heißprägen oder Spritz- gießen werden mikrostrukturierte Abformwerkzeuge (Formeinsätze) aus Metall benötigt. Neben den klassischen formgebenden Methoden, wie zum Beispiel mechanische Mikrofertigung [1], Laserbearbeitung oder Erodierverfahren, wird für die Herstellung von Formeinsätzen mit besonders anspruchsvollen Strukturdetails und höchsten Anforderungen an Seitenwandrauigkeit und Aspektverhältnisse vorrangig die Kombination aus Lithographie und Galvanoformung (LIGA-Verfahren) eingesetzt [2, 3]. Bei diesem Fertigungsprozess stellen die eingesetzten Lithographieverfahren (Röntgentiefenlithographie oder UV-Lithographie) oftmals eine Beschränkung in Bezug auf die Dimensionalität der zu realisierenden Mikrostrukturen und auf die maximale Größe der strukturierbaren Fläche auf dem Werkzeug dar. Am Institut für Mikrostrukturtechnik, IMT, werden derzeit in Zusammenarbeit mit externen Partnern alternative Verfahren erprobt, bei denen aus Kunststoff-Mikrobauteilen durch galvanische Replikation mikrostrukturierte Abformwerkzeuge aus Nickel ge- fertigt werden.

Vor einigen Tagen brachte die Frankfurter Allgemeine auf ihren Wissenschaftsseiten einen Bericht über eine IUPAC-Konferenz über Green-Sustainable Chemistry (Grüne, nachhaltige Chemie). Bemerkenswert an diesem Bericht erscheint mir, dass er einen allmählichen Wandel in der Wahrnehmung dessen registriert, was Otto Normalverbraucher so unter Chemie versteht. Statt Chemie als eine das Leben insgesamt umspannende Wissenschaft zu begreifen, deren Spektrum vom Speisesalz bis zur DNS reicht und selbstverständlich auch Industriechemikalien, PVC, Insektizide, Pestizide und andere Gifte usw. umfasst, wurde schon vor über zwanzig Jahren beispielsweise alles, was mit Chlor zu tun hatte (dass Kochsalz auch dazu gehört, wurde natürlich übersehen, weil man ja Chlor, Vinylchlorid und Phosgen etc. aufs Korn genommen hatte und sich alles nur um Trichlorethylen, DDT und Dioxin drehte), als harte Chemie verdammt, was beispielsweise dazu führte, dass der Chemielehrer meines Sohnes fast panische Angst vor einer Ampulle mit Chlorgas empfand, und erst einen altgedienten, harten Chemiker brauchte, dem er dieses Teufelszeug zur Entsorgung übergeben konnte.