Volatiler Silberpreis treibt Innovation leitfähiger Tinten

Volatiler Silberpreis treibt Innovation leitfähiger Tinten

Das im Umfeld der aktuellen Rohstoff-Preisentwicklung ungewöhnliche Anziehen der Silberpreise sorgt für Unruhe – jedoch anders als spekulative Käufe rebellischer Kleinanleger und strategische Leerverkäufe von Aktien seitens professioneller Hedge-Fonds (‚Gamestop‘), die zu regelrechten Tumulten an den US-Börsen geführt haben. Denn der Silber-Preisschub könnte im Bereich leitfähiger Tinten für gedruckte Elektronik auch einen Innovationsschub auslösen. Zu diesem Schluss kommt der britische Marktforscher und Konferenz-Organisator IDTechEx.

Näheres erläutert er in seiner aktuellen Pressemeldung vom 2. Februar 2021: Anfang Februar 2021 erreichte der Silberpreis im Halbjahresverlauf einen neuen Höchstwert von 950 US-Dollar pro kg. Das trifft die Elektronikindustrie, insbesondere die industriellen Anwender von Silbermaterialien in Gestalt leitfähiger Tinten. In ihrer kürzlich erschienenen Marktstudie ‘Conductive Ink Markets 2020-2030: Forecasts, Technologies, Players' schlüsseln die IDTechEx-Autoren Matthew Dyson und Yasuo Yamamoto die zahlreichen Anbieter und Anwendungsfelder dieser leitfähigen Tinten auf: Photovoltaik, 5G Mobilfuk, Automotive, Leistungselektronik, EMI-Schirmung, In-Mold Elektronik, e-Textilien, medizinische Pflaster, gedruckte Sensoren, flexible hybride Elektronik, RFID, 3D-Metallisierung, Heizungen, etc..

Den Anteil des Silbers am derzeitigen weltweiten Markt leitfähiger Tinten schätzen sie auf jährlich 2,3 Mrd. Dollar. Der größte Anteil steckt in Tinten für die Anchlussfinger der Busbars auf Solarpanels. Das zeigt ihre maßgebende Rolle in der Erzeugung und Anwendung nachhaltiger Energien. Daneben ist Silber ein essenzielles Material in der gedruckten Elektronik etwa in Drucksensoren und den medizinischen Pflastern. 

Der durchgängig etablierte Einsatz leitfähiger Tinten, so IDTechEx, besteht in Form von Silberflakes mit nur einigen Mikron Durchmesser. Sie werden in unterschiedliche Polymer-basierte Bindematerialien eingebettet, um die für die Anwendung geeignete Rheologie zu erzielen. Der Kostenanteil des Silbers macht, so die Autoren der Studie, beträgt mindestens 80 Prozent der damit erzeugten leitfähigen Tinten. Das bedingt deren starke Sensitivität gegenüber Preisfluktuationen des Ausgangsmaterials, besonders, wenn sie durch branchenferne spekulative Aktionen ausgelöst werden.

Wenn die Silberpreise also weiter steigen, so die Schlussfolgerung seitens IDTechEx, würde das Veränderungen in der Zusammensetzung leitfähiger Tinten bedingen. Der aussichtsreichste Trend wre der Übergang zu Kupfer-basierten Tinten. Kupfer ist mit derzeit etwa 8 Dollar pro kg um mehr als das Hundertfache billiger als Silber. Eigentlich war Kupfer in diesem Kontext immer schon attraktiv, aber technisch gesehene eine Herausforderung, vor allem weil es sehr viel stärker mit der Umwelt reagiert und an Luft schnell in Form Kupferoxid oxidiert.

Die bisher eingesetzten Abhilfen gegen die Kupferoxidation, wie Kupfer-Nanopartikel mit Silberummantelung und Drucken unter inerter Atmosphäre haben sich als kaum praktikabel erwiesen, weil sie Kostensteigerungen bewirken und nicht ausreichend dauerhaft sind. Seit Kurzem können sich hier Verfahren wie das Hinzufügen von Additiven bewähren, die während des Sinterns als Reduktions-Agent fungieren sollen. 

Eine weitere Transition sieht man bei IDTechEx im Ersatz der Flakes durch Nanopartikel als Basis der leitfähigen Tinten und gänzlich partikelfreien Alternativen. Beide Entwicklungen zeigen eine höhere Leitfähigkeit mit bis zu 80 Prozent im Vergleich zu reinem Silber. Natürlich wäre derartige Tinten wesentlich teurer infolge der höheren Komplexität ihres Herstellprozesses. Andererseits wäre der Silberanteil dieser alternativen Formulationen geringer, was ihre Abhängigkeit von den Fluktuationen der Rohstoffpreise verringert. Also wären sie eine überlegenswerte Innovation.

  • Ausgabe: März
  • Jahr: 2021
  • Autoren: Werner Schulz
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