Bei der Infineon Technologies AG ist Dr. Rutger Wijburg ab 1. April 2022 neuer Chief Operations Officer (COO) und Mitglied des Vorstands. Er ist in dieser Funktion Nachfolger von Jochen Hanebeck, der seinerseits planmäßig den Vorstandsvorsitz von Dr. Reinhard Ploss übernimmt.
Wijburg kam 2018 zum Unternehmen und war als Geschäftsführer von Infineon Dresden für den erfolgreichen Hochlauf der hochautomatisierten 300-Millimeter-Produktion verantwortlich. Nachdem er Anfang 2021 die Rolle des Head of Frontend übernommen hatte, konzentrierte sich Wijburg auf den Ausbau der Verbindungshalbleiter-Kapazitäten und war maßgeblich an der Etablierung des Konzepts des 300-Millimeter-Clusters ‘One Virtual Fab' beteiligt. Er verfügt über mehr als 30 Jahre internationale Erfahrung in der Halbleiterindustrie.
Gleichzeitig gab das Unternehmen zum einen bekannt, seine führende Position auf dem Markt für Leistungshalbleiter durch den starken Aufbau weiterer Fertigungskapazitäten im Bereich der Verbindungshalbleiter auf Basis von Siliziumkarbid und Galliumnitrid (SiC und GaN) ausbauen zu wollen. Dazu werden mehr als 2 Mrd. € in ein drittes Modul am Standort Kulim, Malaysia, investiert. Bei voller Auslastung wird es 2 Mrd. € weiteren Jahresumsatz mit Produkten der genannten Technologie ermöglichen. Die Expansion folgt der langfristigen Fertigungsstrategie des Unternehmens. Sie werde von ausgezeichneten Skaleneffekten profitieren, die bereits mit der 200-Millimeter-Fertigung in Kulim erreicht worden seien, hieß es vom Unternehmen. Nach den 300-Millimeter-Fertigungen in Villach und Dresden werde diese dritte Fertigung die führende Position von Infineon im Bereich Silizium komplementieren.
Zum anderen verstärkt Infineon das Engagement für die Entwicklung der Quantencomputing-Technologie in Deutschland und Europa. Dafür beteiligt sich der Chiphersteller zusätzlich zu bereits bestehenden Initiativen und Kooperationen an sechs weiteren Forschungsprojekten, die im Rahmen des Konjunktur- und Zukunftspakets der Bundesregierung für Quantentechnologien gefördert werden. Infineon bringt in die Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen und Industriepartnern Expertise in der Mikroelektronik und in der industriellen Fertigung sowie als Anwender künftiger Quantencomputer ein. Ziel der Forschungsprojekte ist es, Hürden für die Nutzung der Quantentechnologie aus dem Weg zu räumen. Hierfür sollen Demonstratoren gebaut, die elektronische Steuerung integriert sowie Software für die Nutzung von Quantencomputern entwickelt werden. In allen Bereichen sind die Herausforderungen noch groß: Bei der Entwicklung des Quantencomputing hin zur praktischen Nutzung geht es nicht nur darum, mehr und bessere Qubits für Berechnungen zur Verfügung zu stellen. Vielmehr ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich, der neben der Hardware auch die Peripherie, die Software sowie Anwendung berücksichtigt. Infineon bringt Erfahrungen in Skalierung und Fertigung in die verschiedenen Bereiche ein und zeigt mögliche Anwendungsfälle auf.
Im Einzelnen geht es um folgende Projekte:
- Beim Projekt ATIQ (Trapped-Ion Quantum Computer for Applications) entwickeln 25 Partner aus Forschungseinrichtungen und Industrie einen Ionenfallen-basierten Quantencomputer-Demonstrator, der innerhalb von 30 Monaten zuverlässig und rund um die Uhr für Anwender bereitgestellt werden kann. Zunächst soll dieser Demonstrator mit zehn Qubits arbeiten und später auf mehr als 100 skaliert werden. Infineon bringt Kompetenz aus Ionenfallen-Projekten sowie in Ansteuerungs- und Kryoelektronik ein.
- MuniQC-SC (Munich Quantum Computer based on Superconductors, Münchner Quantencomputer auf Supraleitungsbasis) entwickelt einen Quantencomputer-Demonstrator auf der Basis von Supraleitern. An dem Projekt, das Labor-, Kleinserien- und Industriefertigung umfasst, arbeiten zehn Forschungs- und Start-up-Partner sowie Infineon. Der Chiphersteller bringt insbesondere Kompetenzen in industriellen Fertigungsprozessen der Halbleiterherstellung ein.
- Das Projekt QuMIC (Qubits Control by Microwave Integrated Circuits), an dem insgesamt sechs Partnerinstitutionen arbeiten, fokussiert sich auf die Miniaturisierung der Hochfrequenz- und Ansteuerungselektronik von Quantencomputern, die auf Ionenfallen- oder supraleitenden Qubits basieren. Infineon koordiniert das Projekt und konzentriert sich auf die Erforschung hochintegrierter Computerchips im Hochfrequenzbereich sowie deren Integration in die Quantenelektronik. Außerdem steht die Entwicklung kompakter Multi-Chip-Module im Fokus.
- QVOL (Volumenfertigung von Quantensensoren am Beispiel von Magnetfeldsensoren in Siliziumkarbid) ist das erste Quantensensoren-Projekt, an dem sich Infineon beteiligt. Infineon leitet das Forschungskonsortium von insgesamt sechs Partnern. Die Hauptaufgabe von Infineon liegt in der Entwicklung von Quantensensorstrukturen basierend auf Siliziumkarbid-Technologie, die zur Hochvolumenproduktion geeignet sind.
- Im Rahmen des Projekts QuaST (Quantum-enabling Services und Tools) sollen Software-Werkzeuge entwickelt werden, die Anwendern den Zugang zu Quantencomputern erheblich erleichtert. Es geht darum, die bisher sehr speziellen Programmiermethoden so zu vereinfachen, dass Programmierende nicht mehr über spezielle Quantencomputing-Kenntnisse verfügen müssen, sondern die Software die nötigen Anpassungen an die Hardware im Hintergrund ausführt. Dazu gehört insbesondere die automatisierte Zerlegung von Optimierungsproblemen aus industriellen Fragestellungen für klassische Hochleistungscomputer und Quantencomputer. In dem Projekt sind sechs Partner beteiligt. Infineon liefert konkrete Anwendungsbeispiele aus der globalen Lieferkette.
- Das Projekt QuBRA (Quantum methods and Benchmarks for Resource Allocation) entwickelt Algorithmen und Benchmarking, um den praktisch erzielbaren Vorteil von Quantencomputern im Vergleich zu klassischen Ansätzen zum Beispiel beim Machine-Learning zu bestimmen. Damit kann unter anderem festgestellt werden, wann der Einsatz eines Quantencomputers und wann die Nutzung klassischer Computer sinnvoller ist. Auch in dieses Projekt mit insgesamt sechs Partnern bringt Infineon Anwendungsszenarien aus der Lieferkette ein.