Durch die Integration von Funktionen in kleiner werdenden Bauteilen und Geräten sowie die daraus folgenden höheren Leistungen und Betriebstemperaturen kommt dem Sintern als Verbindungstechnik eine immer größere Bedeutung zu.
Neue innovative Produkte versprechen mehr Unterstützung, schnellere Kommunikation, Datentransparenz und Nachhaltigkeit. Das erfordert neue Technologien mit höheren Datenübertragungsraten, schnellerer, kleinerer und kompakter Elektronik sowie größerer elektrischer Leistung, um die konventionellen Energieträger zu ersetzen.
Deshalb sind in der Leistungselektronik die Anforderungen durch die Entwicklungen der letzten Jahre rasant gestiegen. Zwei Treiber sind der 6G-Standard und die Elektrifizierung des Verkehrs. Dabei müssen wir die Leistungselektronik im Kleinen, auf Packaging-Level, und im Großen, bei den IGBTs, unterscheiden. In beiden Bereichen benötigt man höhere Betriebstemperaturen und schnellere Schaltfrequenzen. Deshalb setzen die Anwender auf Silber-Sintern als bevorzugte Technologie zur Chip-Montage. Der Chip ist an dieser Stelle ein Bare-Die, der direkt beim IGBT auf das keramische Substrat, das DCB-Substrat, gesetzt wird. Im Packaging sind die Applikationen vielschichtiger und würden den Rahmen dieses Artikels überschreiten. Deshalb bleiben wir heute bei der Elektronik zum Anfassen, den IGBTs.
Die Bedeutung des Silber-Sinterns in der Leistungselektronik
Der Einsatz von Silber-Sintern in der Leistungselektronik, insbesondere bei IGBT-Modulen und anderen Hochleistungshalbleitern, hat sich aufgrund der hervorragenden thermischen und elektrischen Eigenschaften dieser Technologie etabliert. Silbersinterverbindungen ermöglichen Betriebstemperaturen von über 250 °C, was sie ideal für moderne Hochleistungsanwendungen macht. Der thermische Widerstand ist dabei signifikant niedriger als bei Lötverbindungen, und die Verbindungen zeigen keine beschleunigten Alterungseffekte – ein entscheidender Vorteil in langlebigen Applikationen wie der Elektromobilität oder erneuerbaren Energien. Ein weiterer Vorteil des Silbersinterns liegt im Herstellungsprozess. Da der Prozess halogenfrei und als No-Clean ausgelegt ist, können die Fertigungsabläufe effizienter gestaltet werden. Doch die entscheidende Voraussetzung für eine lange Lebensdauer der Bauteile liegt in der Qualität des Pastenauftrags, da jede Unregelmäßigkeit in der Druckoberfläche direkte Auswirkungen auf die thermische und mechanische Integrität der Verbindung hat.
Die Prozessabfolge beim Silber-Sintern
In der Elektronik hat sich das ‚low-pressure-sintering' durchgesetzt. Hier wird im ersten Schritt die Sinter-Paste mittels Schablonen- oder Siebdruck aufgetragen. Anschließend wird der Druck getrocknet, bevor der Die bestückt wird. Nun folgt der Sinter-Prozess, wo unter Druck und Hitze die Silberpartikel untereinander verschmelzen und in die Grenzschichten von Die und Kupferpad eindringen.
Kritische Faktoren beim Sinterpastendruck
Die Oberflächenqualität der gedruckten Sinterpaste spielt eine zentrale Rolle für die Lebensdauer des Halbleiterchips. Mechanische Stresspunkte, die durch Erhebungen oder Löcher im Druck verursacht werden, können zu Rissen im Die oder Hotspots führen, die letztlich den vorzeitigen Ausfall des Chips begünstigen. Ein wesentlicher Schritt zur Verbesserung der Zuverlässigkeit ist daher die präzise Messung und Kontrolle der gedruckten Paste, bevor der Die auf das Substrat gesetzt wird.
Wie misst man die Qualität eines Sinterpastendrucks?
Durch die Reibung in den Schablonenöffnungen und das Füllverhalten des auf der Schablone rollenden Druckmediums, sind die Ränder des Drucks uneben. Deshalb wird die Silberpaste so weit überdruckt, dass in der Mitte eine ebene Fläche für den Chip sichergestellt ist. Dennoch können weitere Effekte die Chip-Fläche beeinträchtigen. Z. B. verursachen eingetrocknete Pastenreste an der Rakel Riefen im Druck. Das Gleiche gilt für eingetrocknete Verklumpung in der Paste. Eingearbeitete Luftblasen führen eventuell zu Löchern und Fehlstellen. Ziel einer Inspektion ist es nun, diese Fehler in der Oberfläche der Chipfläche zu entdecken, ohne auf die unsauberen Ränder mit einem Fehlalarm zu reagieren.
Die herkömmlichen Algorithmen der 3D Inspektionssysteme messen Volumen, Höhe, Fläche und Position. Manchmal auch Peaks auf den gedruckten Depots. All diese Messungen unterstützen nicht die Bewertung der Chip-Fläche beim Sintern. Der erste Schritt ist also die Entwicklung alternativer Algorithmen zur Bewertung der Oberflächengüte. Hierbei ergibt sich sofort ein Problem! Löcher, Riefen und Peaks folgen keinem CAD-Layout oder einer Bauteilbibliothek. D. h., sie nehmen jegliche Form und Größe an. Der Algorithmus muss dies berücksichtigen. Des Weiteren tritt beim Schablonendruck immer eine Rampe auf. Wenn sichergestellt sein soll, dass der Die parallel zur DCB-Fläche sein soll, muss man die Regressionsfläche der Pastenoberfläche ermitteln, damit die potenzielle Verkippung des Dies ermittelt werden kann. Zusätzlich benötigt man die Regressionsfläche für eine sensitivere Bestimmung der Löcher und Peaks. Ginge man von der mittleren Höhe aus, gäbe es Fehlalarme und Schlupf. Am Ende dieser Entwicklung ergeben sich neue Prüfkriterien, die ‚Surface Conditions'.
- ‚Surface Height' ist nicht nur die mittlere Höhe, sondern auch eine Prüfung, ob alle Punkte der Regressionsfläche innerhalb eines definierten Höhenbands mit Ober- und Untergrenze liegen.
- ‚Planarity' gibt die Verkippung der Regressionsfläche in x und y zur DCB-Fläche an.
- ‚Flatness' definiert kritische Loch- und Peak-Größen. Dabei wird für die Löcher und Peaks der gleiche Algorithmus verwendet, nur in unterschiedlicher Richtung. Da Löcher und Peaks ganz unterschiedliche Formen annehmen können, arbeite der Algorithmus mit einem Höhen-Threshold oder – im Falle eines Lochs – mit einem Tiefen-Threshold. Bleiben wir beim Beispiel Loch. Zunächst sucht der Algorithmus Pixel, die der Threshold-Tiefe entsprechen oder tiefer sind. Dann wird die Größe der Fläche festgestellt, die auf oder unterhalb der Threshold-Höhe liegt. Es wird also ein Höhenschnitt im Loch vorgenommen. Erreicht die Fläche das Fehlerkriterium, meldet das Messystem einen Surface-Fehler „Hole“ mit Angabe der mittleren Tiefe (unterhalb des Höhenschnitts) und der Fläche des Höhenschnitts. Für Peaks gilt das gleiche Prinzip nur in die andere Richtung. Der Flächen-Threshold sollte hier größer 190 Pixel sein, um eine wiederholgenaue Flächenmessung sicherzustellen. Das liegt an den sehr kleinen Höhenunterschieden, die in der Freiform eines Lochs auftreten. Hierdurch schwankt die Pixel-Detektion an den Rändern des Höhenschnitts stärker als üblich.
- ‚Scratch' ist ein 2D-Algorithmus, der Riefen über eine Grauwertanalyse findet. Bei hochauflösenden 3D-Messsystemen hat dieser Algorithmus eher einen kosmetischen Charakter. Bei einfacheren 3D-Messsystemen erweitert dieser Algorithmus die Möglichkeiten, Rakelspuren zu detektieren.
- ‚Inspektion Area' definiert die zu untersuchende Fläche. In der Regel arbeiten die 3D-Messsysteme mit den Schablonendaten. D.h., mit den Daten, die die Überdruckung enthalten. Die zu untersuchende Fläche für den Die ist viel kleiner. Deshalb kann hier ein Rand vorgegeben werden, der von der Inspektion ausgeschlossen ist.
Wie zuverlässig ist die ‚Surface'-Messung?
Um die Zuverlässigkeit und Funktion der Algorithmen zu prüfen, wurden Wiederholmessungen an Automotive-Mustern durchgeführt. Da sich frisch gedruckte Muster über die Zeit durch Trocknung und Verdunstung verändern, wurden diese zunächst im Ofen getrocknet. Als Demonstrator dient das folgende gedruckte Sinterpasten-Depot. Die Fläche für den Die zeigt kleine unscheinbare Störungen auf. Die Standard-Algorithmen eines SPIs würden dieses Pad mit ‚GUT' bewerten. Die kleinen Unebenheiten in der Form von Löchern gehen in der Volumenkalkulation und der Berechnung der mittleren Höhe unter. Für die gleichmäßige Wärmeabfuhr können solche Löcher jedoch fatal sein, da die Sinterpaste nicht wie eine Lötpaste verflüssigt und zusammenfließt. Gemessen wird mit einer aSPIre 3 mit 10 µm Pixel-Auflösung. Die aSPIre 3 ist die beste Wahl, da diese Maschine über vier 3D-Projektoren verfügt. Dadurch lassen sich die unregelmäßigen Löcher perfekt von vier Seiten ausleuchten. Außerdem nutzt diese Maschine das Moiré Phase-Shift-Verfahren mit analogen Projektoren zur Messung. Im Gegensatz zu einem Laser-Linien-Scan oder DLP-Projektoren erreicht man mit dieser Hardware bei der Messung eine sehr sensitive Z-Auflösung. Die analogen Projektoren erlauben eine Unterscheidung zwischen 256 Grauwerten zur Ermittlung der Phasenverschiebung und somit der Höhe einzelner Pixel zueinander. Die Unterscheidung kleinster Unterschiede ist essenziell für diese Messung, da die Form und Tiefe der Löcher nur dem Zufall unterliegen. Ziel ist es, die Messwiederholgenauigkeit nachzuweisen. Hierzu wird der Druck 30-mal gemessen und die Streuung bestimmt. Die Messgenauigkeit der aSPIre 3 wird mittels regelmäßiger Messmittelfähigkeitsuntersuchungen überprüft und ist somit kein Gegenstand der Untersuchung. Das gesamte Substrat hat 14 bedruckte Flächen mit verschiedenen Fehlern. Für den Artikel konzentrieren wir uns auf diese spezifische Fläche, da sie einen repräsentativen Lochfehler aufweist. Die Erfassung des Lochfehlers hängt von der Ermittlung der Regressionsfläche ab. Deshalb betrachten wir ebenfalls die mittlere Höhe (Surface Height). Die Fähigkeit der aSPIre 3 wird für die Höhenmessung mit den Grenzen von ±3 µm geprüft (Diagramm 1).
Für die Messung der Lochtiefe prüfen wir mit den gleichen Grenzen von ±3 µm.
Die höhere Streuung der Messung ist dem Umstand geschuldet, dass die Lochränder teilweise minimale Unterschiede in den Pixelhöhen aufweisen. Ist ein Pixel zum Beispiel exakt an der Threshold-Höhe, so reicht eine Schwankung in der Höhenmessung des einzelnen Pixels von 0,1µm aus, um es bei der Flächenkalkulation ein- oder auszuschließen. Letztendlich hängt die Streuung der Flächenmessung von der Lochtopografie ab. Der Effekt lässt sich durch eine höhere Anzahl an Pixeln kompensieren. Deshalb gilt die Empfehlung, 200 Pixel als Fehlerflächen Threshold nicht zu unterschreiten. In der Konsequenz heißt das, kleinere Fehlerflächen benötigen eine kleinere Pixel-Auflösung. Mit der 10-µm-Auflösung unserer Testmaschine sind wir bei der untersuchten Lochgröße bereits an dieser Grenze.
Ergebnis
Die Messung der Qualitätskriterien im Sinterpastendruck kann mit der bestehenden Technik der 3D-Lotpasteninspektion mit Moiré Phase-Shift-Verfahren durchgeführt werden. Dabei wird eine hohe Messwiederholgenauigkeit für die Höhe der Bestückfläche des Dies und bei der Messung der Lochtiefen (Oberflächenfehler) erreicht [Grafik 1 + 2]. Bei der Bestimmung der kritischen Lochfläche korreliert die Messwiederholgenauigkeit mit der Pixel-Auflösung des Messsystems und der Lochtopografie [Grafik 3]. Die Korrelationsanalyse der Variablen zeigt direkte Effekte der Höhen- und Planaritätsmessung auf die Messung der Lochfläche.
Surface-Messung mit dem Messystem aSPIre 3
Die aSPIre 3 von Koh Young ist ein Messsystem im High-End Bereich der 3D-Lotpastenmessung. Mit einer Auflösung von 10 µm px deckt diese Maschine in der SMT Bauteilgrößen bis 0402 metrisch ab. Die großen Flächen in der Sinterpasten-Applikation verleiten zu der Annahme, dass hier eine gröbere Auflösung ausreichend ist. Allerdings verlangt der Sinterpastendruck nach ganz anderen Qualitätskriterien als die SMT-Welt. Die Löcher, nach denen die Chip-Fläche des Sinterdrucks abgesucht wird, sind kleiner als die Anschlussflächen des metrischen 0402 Chip-Bauelements [01005 imperial], d. h., die 10-µm-Auflösung ist bereits ein Minimalkriterium. Die aSPIre 3 benutzt vier 3D-Projektoren, um das Kamerafeld schattenfrei für die Messung auszuleuchten. Da die Löcher, nach denen wir suchen, keiner Design-Rule folgen, ist dies ebenfalls ein sogenanntes Must-Have-Kriterium. Andernfalls könnten die Lochränder für eine Abschattung des Messlichts sorgen und Fehlalarme und Schlupf verursachen. Eine Beleuchtung von vier Seiten schließt dies aus. Die größte Herausforderung ist die Lochtopografie. Hier können wir uns das Problem wie an einer Küstenlinie vorstellen. In einem Flachwasserbereich ist es schwieriger Tiefenunterschiede festzustellen, da der Meeresgrund kaum merkbar absinkt, während an einer Steilküste die Situation recht eindeutig ist. Bei den Löchern in der Oberfläche des Sinterdrucks sind die Ränder in Rakelrichtung meist Flachwasserzonen und die Ränder links und rechts der Rakelrichtung Steilküsten. Hier benötig man also ein Messverfahren mit einer sehr feinen z-Auflösung. Die aSPIre 3 benutzt analoge 3D-Projektoren, bei denen das Moiré-Muster in eine Glasplatte geätzt wurde. Diese wird mit Piezo-Aktuatoren mit Nanometer-Genauigkeit bewegt. Die analoge Technik ermöglicht eine Unterteilung der Pixel-Informationen in 256 Grauwerte. Somit lassen sich kleinste Phasenverschiebungen zwischen zwei px-Höhen ermitteln. Dennoch sieht man an der Wiederholgenauigkeit der Flächenmessung, das hier noch feiner aufgelöst werden muss. Beim aktuellen Stand der Technik ist die aSPIre 3 die geeignete Maschine zur Sinterpasten-Inspektion. Wenn die Schichtstärken jedoch weiter abnehmen und/oder die Dies kleiner werden, muss man über eine Alternative nachdenken. Dies wären die Semiconductor-Packaging-Maschinen der Meister-Serie. Die wesentlichen Unterschiede sind die Auflösung von 5 und 3,5 µm und der geringere Messbereich zugunsten einer höheren Genauigkeit von 200 und 120 µm. Hier steht ein entsprechender Test noch aus.
Erkenntnis
Der Sinter-Prozess für Dies in der Leistungselektronik hat andere Anforderungen als die herkömmliche 3D Lotpasteninspektion. Dies erfordert spezifische Algorithmen, um die neuen Kriterien zu prüfen und eine neue Betrachtung der Messsysteme. In der SMT gibt das kleinste Bauteil die Maschinenanforderungen vor und beim Sinterpastendruck der kleinste Fehler, der erfasst werden muss. Vermeintlich große Flächen täuschen über die anspruchsvolle Messaufgabe hinweg. Im Moment können die Top-End SMT-Messsysteme der Aufgabe noch gerecht werden, aber mit zunehmendem Anspruch an die Fehlerdetektion, kleineren Dies und dünneren Sinterschichten wird dies schwieriger. Hier werden mittelfristig die Maschinen des Semiconductor-Packaging die Messaufgabe übernehmen.