Das 80. Treffen des Sächsischen Arbeitskreises Elektronik-Technologie (VDI/VDE) fand am 29. März 2023 im Fraunhofer-Institut für Keramische Technologien und Systeme IKTS in Dresden statt.
Dr. Lars Rebenklau (Gastgeber vom IKTS) und Prof. Reinhard Bauer (HTW Dresden und Obmann des Arbeitskreises) eröffneten das Treffen und freuten sich nicht nur über die zahlreichen Teilnehmer, sondern auch ganz besonders, dass Prof. Sauer, der Gründer des Arbeitskreises, und Prof. Wolter, Mitinitiator und Unterstützer der Aktivitäten des Arbeitskreises, mit dabei sein konnten. Beide Professoren, sind inzwischen emeritiert. Seit 2003 leiten Dr. Martin Oppermann (IAVT / ZµP an der TU Dresden) und Prof. Bauer den Arbeitskreis.
In einem kurzen Rückblick auf die Entwicklung des Arbeitskreises seit 1994, insbesondere aber der letzten zehn Treffen, würdigte Prof. Bauer die langjährige Mitwirkung vieler Fachkolleginnen und Fachkollegen bei der Gestaltung der Treffen.
Die Information über Neuentwicklungen und Forschungsergebnisse und der direkte praktische Erfahrungsaustausch vor Ort in Fertigungsbereichen oder Laboren waren nur möglich durch das Engagement auch von Firmen und Forschungseinrichtungen, die für die Treffen sowohl die räumlichen als auch inhaltliche Möglichkeiten bereitstellen. Unter den Einschränkungen der Corona-Zeit musste natürlich auch der Arbeitskreis auf Online-Veranstaltungen ausweichen. Prof. Bauer hob hervor, dass in den letzten Jahren auch viele jungen Fachkolleginnen und -kollegen den Arbeitskreis mit unterstützt haben und er deshalb sehr optimistisch ist, dass das Anliegen des Arbeitskreises weiter von hohem Interesse ist. Dies zeigten die Diskussionen und auch Angebote für die nächsten Treffen deutlich.
Hybride Mikrosysteme
In einer kurzen Institutsdarstellung des Fraunhofer IKTS betonte Dr. Lars Rebenklau, Gruppenleiter Systemintegration und AVT: „Hybride Mikrosysteme sind ein wichtiger Forschungsbereich am Fraunhofer IKTS“. Mehrere Forschungsgruppen bearbeiten unterschiedlichste Aspekte der Dickschichttechnik entlang der kompletten Wertschöpfungskette. Die Arbeiten fokussieren dabei sowohl auf die Synthese von Materialien als auch auf die Entwicklung und Modifizierung von Dickschichtpasten und Keramikfolien. Weitere Forschungsthemen sind der Einsatz von Dickschichtmaterialien z. B. in keramischen Heizern und Sensoren sowie eine verbesserte Aufbau- und Verbindungstechnik speziell für Anwendungen bei harschen Umgebungsbedingungen oder für Hochtemperaturanwendungen bis 800 °C. Ergänzt wird das Portfolio durch eine umfassende Charakterisierung entwickelter Komponenten und Module bis hin zur Generierung von Lebensdauerdaten. In anschließenden Beiträgen wurden die verschiedenen Forschungsthemen detaillierter vorgestellt.
Elektrische Funktionsschichten auf keramischen Komponenten
In einem zweiten Beitrag stellte Dr. Rebenklau aktuelle Arbeiten der IKTS-Arbeitsgruppe ‚Systemintegration und AVT' zur Entwicklung funktionalisierter additiv gefertigter keramischer Systemkomponenten vor. Die Herstellung dieser Komponenten erfolgt in zwei Schritten: Zunächst werden die Komponenten additiv auf der Grundlage keramischer Werkstoffe gefertigt. Nach der Prozessierung der Komponenten inklusive thermischer Behandlung erfolgt die Funktionalisierung mittels Dickschichttechnik. Hierbei werden auf die keramischen Komponenten elektrische Funktionsschichten, wie z. B. Sensoren oder Heizer für unterschiedliche Anwendungen, aufgedruckt und eingebrannt. Diese Kombination vereint die Vorzüge der additiven Fertigung, wie z. B. hochkomplexe Geometrien, mit einer elektrischen Funktionalisierung. Verdeutlicht wurden die hierdurch entstehenden Möglichkeiten beispielhaft an hochdynamischen keramischen Heizern, die am Fraunhofer IKTS im Rahmen eines industriegeführten Forschungsprojekts entwickelt wurden. Weiterhin wurden Techniken zur Kontaktierung von Elementen für höhere Einsatztemperaturen bis 600 °C erläutert.
Frau Dr. Claudia Feller, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der IKTS-Arbeitsgruppe ‚Dickschichttechnik und funktioneller Druck' stellte in ihrem Beitrag aktuelle Entwicklungen der Dickschichtpasten für die Sensorik, Leistungselektronik und Hochfrequenztechnik vor. Nach einführenden Erläuterungen zur Dickschichtpasten-Herstellung ging sie besonders auf neuentwickelte fotostrukturierbare Dickschichtpasten ein. Diese Pasten werden im üblichen Siebdruckprozess auf entsprechende Substrate aufgetragen und anschließend unter Einsatz von Belichtungs- und Entwicklungsschritten strukturiert. Mit dieser Technik sind geometrisch sehr definierte Fineline-Strukturierungen speziell für HF-Anwendungen realisierbar. Dr. Feller ging hierbei auch auf verfügbare Materialsysteme für unterschiedliche Anwendungen ausführlich ein.
Volldigitaler lagenweiser Druck von bis zu vier verschiedenen Materialien
Herr Dr. Steffen Ziesche, Gruppenleiter ‚Mikrosysteme, LTCC und HTCC' am Fraunhofer IKTS präsentierte Entwicklungsergebnisse aus den etablierten Werkstoffsystemen HTCC (High-Temperature-Cofired-Ceramics) und LTCC (Low-Temperature-Cofired-Ceramics) sowie ebenso aus dem Werkstoffsystem ULTCC (Ultra-Low-Temperature-Cofired-Ceramics) mit Sintertemperaturen unterhalb von 600 °C. Das breite Applikationsspektrum veranschaulichten die entwickelten Komponenten: hochminiaturisierte keramische Schichtschaltungen höchster Verdrahtungsdichte, keramische Schaltungsträger und Antennen für Hochfrequenzanwendungen sowie 2,5D-strukturierte Keramikträger für sensorische Anwendungen. Im zweiten Teil des Beitrags wurde auf neuartige Verfahren des maskenlosen, hochauflösenden 3D-Drucks eingegangen. Die Arbeitsgruppe hält dafür einen Multimaterialdrucker mit integrierten Drucktechnologien bereit (3x Inkjet, 1x Aerosoljet). Dieser ermöglicht einen volldigitalen lagenweisen Druck von bis zu vier verschiedenen Materialien in Kombination mit einer integrierten Inline-Schichtformierung/Sinterung. Als Beispielkomponenten wurden freitragende ultradünne Keramikmembranen, gedruckte NFC-Antennen und Schaltungsträger mit hochminiaturisierten elektrischen Durchkontaktierungen diskutiert. Zusätzlich wurden Ansätze zum hochauflösenden Druck auf 3D-Geometrien oder in Kavitäten besprochen.
Als Vertreter eines jungen Unternehmens zeigte Herr Ronald Claus von Nordheim (Watttron in Freital) die Bedeutung der Temperaturführung bei der Verarbeitung von Kunststoffen und Elektronikkomponenten auf und wie dies mit innovativen Entwicklungen in neue Produkte umgesetzt werden kann. Er erläuterte die Vorteile sogenannter digitaler Heizsysteme auf Basis der keramischen Dickschichttechnik. An verschiedenen Beispielen stellte er das Potenzial einer gezielten Erwärmung von Oberflächen dar. Mit Hilfe der Matrixheiztechnologie von Watttron können Temperaturfelder erzeugt werden, die eine Umformung leitfähig bedruckter und bestückter Folien ermöglichen (siehe Abb. Matrixheizer mit Temperaturfeld).
Des Weiteren stellte Ronald Claus von Nordheim vor, wie mit Hilfe digitaler Heizsysteme eine Inlinediagnose des Erwärmungsprozesses möglich wird und damit die Überwachung der Prozessstabilität ohne zusätzliche Messtechnik gewährleistet werden kann.
Die Vorträge fanden rege fachliche Diskussion und die Pausen nutzten die Teilnehmer auch für persönliche Fachgespräche. Schließlich konnten sich alle Teilnehmer bei einem Laborrundgang in verschiedenen Bereichen des IKTS von der sehr guten Ausstattung und den sehr interessanten Forschungsergebnissen zu den Herstellungstechnologien, Systementwicklungen und Charakterisierungsmethoden bei Vorführungen und praktischen Diskussionen überzeugen.
Anmerkung: Da die Veröffentlichung dieser Nachlese nun erst erfolgt, möchten wir an dieser Stelle auch Prof. Sauer zu seinem 85. Geburtstag, den er im August 2023 feiern konnte, ganz herzlich gratulieren. Wir wünschen ihm beste Gesundheit, Glück und Wohlergehen!