Der Weg zu günstigem Gas ist auf unabsehbare Zeit versperrt und auch der reine Strompreis verharrt weiter auf hohem Niveau. In der Branche wird aber bisher kaum Energie gespart, oft fehlt dafür auch das nötige Wissen, wie jetzt das Seminar „Klimaneutralität in der Galvanotechnik“ am Fraunhofer IPA zeigte. Am Wissen soll es nicht liegen: Künftig teilt Strähle Galvanik-CEO Sven Reimold sein Know-how und liefert praktische Tipps für effiziente Anlagentechnik und sparsamere Produktion.
Der Ausgangspunkt
Die Strähle Galvanik GmbH im Baden-Württembergischen Zaisenhausen wurde 1951 gegründet und vom Autor seit 2009 geführt. Das Unternehmen wurde seit der Gründung laufend erweitert und blickt dementsprechend auf zahlreiche Umbaumaßnahmen zurück.
So waren bis zum Beginn der Energiesparmaßnahmen vier Heizräume vorhanden. Produktion, Sozialräume, Büro sowie Warenein- und -ausgang wurden separat beheizt. Energie wird neben dem unabdingbaren elektrischen Strom für den Betrieb elektrolytischer Prozesse vor allem für das Heizen der Elektrolyte (Abb. 1), Medien sowie für die Trocknung benötigt.
Bereits weit im Vorfeld der Betrachtungen zur Einsparung von Energie, wurden im Jahr 1990 bis dahin eingesetzte Ölheizungen schrittweise auf Gas umgestellt. Gas galt damals noch als saubere und günstige Alternative. Darüber hinaus wird beim Handling mit Öl Lagerplatz und Energie für die Wartung benötigt.
Im Jahr 1990 wurden bis dahin eingesetzte Ölheizungen schrittweise auf Gas umgestellt. Gas galt damals noch als saubere und günstige Alternative.
Schon in der ersten Ausbaustufe konnten etwa 30.000 Liter Öl durch Gas ersetzt werden. Die Einsparungen, die sich beim Wechsel von Öl auf Gas ergeben, können je nach Energiepreis merklich schwanken. Vorteilhaft ist auf jeden Fall die einfache Handhabung. Alternativen für Gas sind zwar in der Entwicklung, können aber nicht so schnell, wie es sich die derzeitige Regierung vorstellt, eingeführt werden. Auch ist eine Verstromung von Gas im Betrieb ein Thema, zumal hier Strom und Abwärme sofort im Eigenverbrauch genutzt werden.
Erste Schritte zur Energieeffizienz
Als wichtigstes Element der Aktivitäten zur Einsparung von Energie gilt die möglichst exakte Bestimmung der Verbrauchswerte im Betrieb, aufgeteilt nach den unterschiedlichen Verbrauchern und Verbraucherabteilungen mit ihren unterschiedlichen Anlagen und Geräteausstattungen. Hierfür wurde beispielsweise mit der Installation von Messwandlern an der vorhandenen Niederspannungshauptverteilung am Trafo (Abb. 2) begonnen.
Die Untersuchungen zeigten schnell, welche Abteilungen die stromfressenden Komponenten enthalten. Ergebnis war die Alkalisch-Zink-Trommelanlage mit ihren Trocknungs- und Kühlsystemen. Was sollte nun mit der Trommelanlage passieren? Bei einem Weiterbetrieb fallen hohe Stromkosten an, für die der Kunde nur Centbeträge bezahlt. Sollte die Anlage stehenbleiben? Oder gäbe es eine Möglichkeit, die anfallenden Stromkosten zu reduzieren? Eine Frage, um die es in dieser ersten Folge der Serie noch nicht gehen soll.
An anderer Stelle stellte sich bei der Nickel-Chrom-Anlage der Galvanik aufgrund der REACh-Verordnung und der Interaktion mit Kunden die Frage, ob man die Anlage nicht besser auf Chrom(VI)-freie Chrombäder umstellt – eine Maßnahme, die mit einem sechsstelligen Betrag zu Buche geschlagen, die Strom- und Heizkosten aber kaum reduziert hätte. Man beachte, dass Nickelbäder Tag und Nacht bei einer konstanten Temperatur von 60 Grad gehalten werden müssen. Auch hatte zu diesem Zeitpunkt kein Kunde ein Interesse, die Schichten umzustellen, geschweige denn mehr zu bezahlen. Somit fiel die Entscheidung in diesem Fall leicht, auf die Nickel-Chrom-Anlage zu verzichten und in den Umbau in eine Elektropolieranlage zu investieren.
Stromkosten und Strommanagement
2012 hatte die Strähle Galvanik GmbH einen finanziellen Gesamtenergieaufwand von rund 350.000 Euro mit zwei Millionen Kwh Strom und zwei Millionen Kwh Gas. 2018 waren es 185.000 Euro und 2022 aufgrund der erhöhten Strompreise wieder 300.000 Euro. Es ist aktuell schwierig, die richtige Balance zu finden. Die Strähle Galvanik GmbH hat sich schon seit 2019 mit dem Spot-Strommarkt auseinandergesetzt und ist umgestiegen.
Vorteil: Es mussten 2022 keine teuren Stromverträge abgeschlossen werden.
Glück auch beim Gas, denn der günstige Vertrag läuft bis 2024 und wurde nicht gekündigt. Unter diese Rahmenbedingungen kam ein Nettostrompreis von 27 Cent und ein Gaspreis von 1,9 Cent heraus.
2023 hat die Strompreisbremse zwar geholfen. Gegenüber 2020 betragen die Kosten für einen energieintensiven Beschichter wie die Strähle Galvanik aber immer noch das Dreifache.
Gas einsparen mit raffiniertem Entfetter
In 2022 gab es die Vorgabe des Wirtschafts- und Klimaministeriums, 20 % Gas einzusparen, um die Gasspeicher zu entlasten. Doch wie soll man die Vorgabe erfüllen, wenn die Möglichkeiten, im Betrieb Gas einzusparen, erschöpft sind?
In 2022 gab es die Vorgabe des Wirtschafts- und Klimaministeriums, 20 % Gas einzusparen
Nicht vergessen: Es wird Gas genutzt, um es zu verstromen und den Strom im Eigenverbrauch zu nutzen sowie Abwärme zur Badbeheizung (Abb. 3) einzusetzen.
Dann ergab sich eines Tages überraschend eine Möglichkeit, Gas zu sparen: Ein Vertreter einer namhaften Chemiefirma erzählte mir von einem neuen Produkt von Atotech: Einer Entfettung bei 45 Grad, in der Bakterien Fett und Öl auffressen. Sozusagen ein Bioreiniger. Ob das Produkt funktionieren würde, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. Doch das Interesse, die Entfettung sofort zu testen, war geweckt.
Nach der Kontaktaufnahme mit einem Außendienstmitarbeiter der Firma MKS Atotech wurde die Entfettung auf der neuen Alkalisch-Zink Gestellanlage getestet, da hier die Abkochentfettung ohne Ölabscheider betrieben wird.
Die Entfettung im Winter auf 65 bis 70 Grad Temperatur zu halten, erwies sich als schwierig. Dennoch wurde der Versuch sofort umgesetzt und von Atotech begleitet. Seit September 2022 ist nun der erste Ansatz in Betrieb. Es wurde noch nicht neu angesetzt und auch noch nicht gereinigt. Nach den erfolgreichen Tests nach drei Monaten wurde die nächste Anlage umgestellt und danach eine weitere.
Gas sparen, Qualität erhöhen
Seit Januar 2023 laufen fünf Anlagen bei Strähle Galvanik und der Tochtergesellschaft MVB Metallveredlung Bretten mit diesem System. Bei Strähle selbst konnte so die Vorlauftemperatur von 80 auf 60 bis 65 Grad reduziert werden. Ein Neuansatz musste noch nicht stattfinden, somit sind auch noch keine Entsorgungskosten angefallen. Der Gasverbrauch konnte auf diese Weise tatsächlich um 12 bis 15 % reduziert werden.
Da die Ansatzkosten aufgrund der gestiegenen Chemiekosten relativ gleichgeblieben sind, schlägt auch dies nicht groß zu Buche. Natürlich darf die Qualität der beschichtenden Teile nicht leiden. Diese ist aktuell allerdings gleichbleibend besser, da Mikrozunder, Ölkohle, Grafitpartikel und Fette an der Oberfläche besser gereinigt werden.
Fotos: Strähle/MKS