Es gibt viele Anwendungen mit Chemisch Nickel. Doch was passiert, wenn Teile repariert oder nachgebessert werden müssen? In der Regel werden sie dann entweder verschrottet und ersetzt, oder, falls möglich, demontiert und neu aufgebaut. Eine schnelle und vergleichsweise kostengünstige Alternative ist die selektive Beschichtung.
Oberflächenbeschichtungen aus Nickel und Nickellegierungen werden in vielen Industriezweigen eingesetzt und bilden eine widerstandsfähige Oberfläche, die gute Verschleiß- und Korrosionsschutzeigenschaften aufweist. Das macht diese Beschichtungen unentbehrlich für kritische Anwendungen – insbesondere dort, wo raue Bedingungen herrschen, wie in der Luft- und Raumfahrt, der Schifffahrt, der Petrochemie sowie der Öl- und Gasindustrie. Insbesondere Nickel-Phosphor-Legierungen finden aufgrund ihrer einzigartigen physikalisch-chemischen Eigenschaften zunehmend Anwendung.
Das Beschichten mit Nickel-Phosphor-Legierungen kann elektrolytisch erfolgen. Aufgrund ihrer einzigartigen Fähigkeit, eine gleichmäßige Beschichtung für komplexe Geometrien zu gewährleisten, werden sie aber oft durch ein stromloses, autokatalytisches Verfahren aufgetragen. Diese als stromlose Beschichtung bekannte Technik hat allerdings auch einige Nachteile. Und zwar dann, wenn mit Chemisch-Nickel-Phosphor (ENP) beschichtete Teile repariert oder erneuert werden müssen.
Zur Erklärung: Da die ENP-Beschichtung in einem Bad erfolgt, kann die Wiederbeschichtung bereits beschichteter Bereiche dazu führen, dass das Teil aufgrund übermäßigen Materialaufbaus außerhalb der Toleranz liegt. Um dies zu vermeiden, muss entweder eine umfangreiche – und oft kostspielige – Maskierung vorgenommen werden, oder das gesamte Teil muss vor dem erneuten Auftragen chemisch entschichtet werden.
Es gibt jedoch eine Alternative zu den oben genannten Verfahren – die selektive Galvanotechnik bzw. Beschichtung. Dieses Verfahren konzentriert sich nur auf begrenzte, spezifische Oberflächen eines Teils und nicht auf die gesamte Geometrie, so dass die Frage der Gleichmäßigkeit der Beschichtung über verschiedene Geometrien hinweg keine Rolle mehr spielt. Wenn es um die Reparatur, Ausbesserung und Aufarbeitung von ENP-beschichteten Teilen geht, bietet das selektive Beschichtungsverfahren daher eine Lösung, mit der sich viel Zeit und Kosten sparen lassen. Komponenten, die normalerweise verschrottet werden sollten, können gerettet werden, ohne dass die Qualität oder Integrität des Teils beeinträchtigt wird.
Die traditionelle ENP-Reparatur
Die Reparatur beschädigter ENP-Bauteile erfordert häufig eine chemische Entschichtung der gesamten Komponente, was mit dem erheblichen Risiko einer irreparablen Beschädigung des Teils verbunden sein kann. Die Maskierung ist zwar möglich, kann aber komplex und zeitaufwendig sein. Ähnlich verhält es sich bei der Herstellung von Originalteilen, wo eine falsche Bearbeitung nach der Beschichtung die Qualität beeinträchtigen und zu Ausschuss führen kann. Ebenso können selbst kleine Schäden, wie z. B. kleine Kratzer während des Transports, zur Zurückweisung des Teils führen.
Die Rücksendung von Komponenten zur chemischen Vernickelung ist zwar eine Option, sie ist aber mit mehr Zeit, Kosten und Risiken verbunden. Eine Alternative kann das SIFCO-Verfahren der US-Firma SIFCO Applied Surface Concepts (SIFCO ASC) aus Independance, USA, darstellen.
Der Vorteil der selektiven Methode
Bei der selektiven Beschichtung ist das Schlüsselwort „selektiv“. Eine Nickelbeschichtung, die die Leistungsmerkmale von ENP widerspiegelt, kann präzise auf kleine und klar definierte Bereiche aufgetragen werden – ohne dass das Teil in ein Beschichtungsbad getaucht werden muss. Dadurch entfällt die Notwendigkeit, das gesamte Teil zu ersetzen oder Komponenten zu demontieren. Ebenso vorteilhaft ist, dass die Beschichtungsanlage zu dem betreffenden Teil gebracht und die Reparatur an Ort und Stelle durchgeführt werden kann.
Wie funktioniert die selektive Beschichtung, und wie wirksam ist sie?
Die selektive Galvanotechnik ist eine seit langem etablierte Technologie, die ursprünglich im Jahr 1938 entwickelt wurde. Heute ist das SIFCO-Verfahren für selektive Beschichtungen in zahlreichen Branchen zugelassen, darunter Militär, Luft- und Raumfahrt sowie Energiewesen.
Beim selektiven Galvanisieren wird ein Stromkreis durchlaufen, der geschlossen wird, wenn eine Anode das zu beschichtende Bauteil berührt. Dadurch gelangt die Beschichtung auf das negativ geladene Teil. Der gesamte Prozess erfolgt, ohne dass das Teil in ein herkömmliches Galvanisierungsbad eingetaucht werden muss. Die Beschichtung kann präzise und zuverlässig auf spezifische Bereiche aufgebracht werden, ohne dass eine Nachbearbeitung erforderlich ist. Die Abscheidungsraten sind außerdem bis zu 60 Mal schneller als bei der Tankbeschichtung, was die Ausfallzeiten weiter minimiert.
Mobile Beschichtung auch für Aluminium
Obwohl das Verfahren automatisiert werden kann, ist die selektive Galvanisierung ein manueller Prozess, der nur eine minimale Ausrüstung erfordert – in der Regel einen tragbaren Gleichrichter, der leicht transportiert werden kann, um das Nachbessern vor Ort zu erleichtern.
Abgesehen von der Tragbarkeit und der Möglichkeit, nur bestimmte Bereiche zu reparieren, ist die Qualität der Beschichtung in Bezug auf Leistung, Härte und Haftung mit der Tankbeschichtung vergleichbar. Genau wie bei den traditionellen Tankbeschichtungsmethoden, bildet die selektive Beschichtung eine metallurgische Verbindung mit dem Grundmaterial. Das selektive Beschichtungsverfahren kann auch gute Ergebnisse auf Aluminiumsubstraten liefern, die z. B. eine ENP-Auffrischung erfordern.
Eine elektrolytische Nickel-Phosphor-Option für die selektive Reparatur
SIFCO ASC setzt eine speziell entwickelte Beschichtung ein – 5709 Nickel-Phosphor. Es ist dieselbe Legierung, die auch bei der chemischen Vernickelung verwendet wird. 5709 Nickel-Phosphor bietet dem Beschichter die Möglichkeit, die Beschichtungsparameter so einzustellen, dass der Phosphorgehalt je nach Anwendungsfall unterschiedlich hoch ist. So können mit einer einzigen Beschichtungslösung sowohl Beschichtungen mit niedrigem als auch mit hohem Phosphorgehalt aufgetragen werden – je nach gewünschter Oberflächeneigenschaft. Bei einem hohen Phosphorgehalt ändert sich die Struktur der Beschichtung von kristallin zu amorph, was zu einer guten Korrosionsbeständigkeit führt.
Das Verfahren verbraucht darüber hinaus weniger Energie und erzeugt weniger Abwasser als die Tankbeschichtung, was Vorteile für die Umwelt mit sich bringt.
Der Prozess kann auch automatisiert werden, um bei wiederholter Anwendungen sowohl bei der Vorbehandlung als auch bei der Beschichtung eine gleichmäßige Applikation zu gewährleisten. Datenprotokollierung und Rückverfolgbarkeit ist ebenfalls möglich.
Fotos: SIFCO ASC