Die Automobillegierung ZnNi14 und ihre Potentialverhältnisse

Die Automobillegierung ZnNi14 und ihre Potentialverhältnisse

Eine Eigenschaft der Automobillegierung ZnNi14 ist es, das Mischpotential möglichst nahe an das Potential des Stahls heran zu schieben. Damit werden der Antrieb für die Korrosion und die Kor­rosionsstromdichte stark verringert.

Das Potential darf dabei nicht positiver als letzteres werden, damit der kathodische Schutz der Schicht erhalten bleibt. Es soll andererseits möglichst hoch sein, um die Korrosionsgeschwindigkeit zu verringern. Gleichzeitig weist die Legierung eine höhere thermische Belastbarkeit auf. Das sich bildende NiO schützt die Oberfläche. Ein weiterer Vorteil ist das geringere Volumen der Korrosionsprodukte gegenüber Zink. Daneben bietet die höhere Härte ein verbessertes Verschleißverhalten.

Diese eigentlich unbezahlbare Legierung kommt immer dann zum Einsatz, wenn eine einfache Zn-Beschichtung überfordert ist. Dazu haben zwei Entwicklungen der letzten 50 Jahre beigetragen:

1. Auf allen Straßen wird heute Streusalz eingesetzt.

2. Die immer kompaktere Bauweise der Antriebe führt zu höheren Temperaturbelastungen der Bauteile.

Die Legierungsschicht ist auch zukunftsfähig. Das Verfahren kann dabei unterstützen, die Herausforderungen der E-Mobilität zu meistern. Denn Zink-Nickel Oberflächen ermöglichen die Kontaktierung im Hochvoltbereich ebenso wie die Masserückführung und beeinflussen den Zerrüttungsverschleiß positiv [3].

Für jede Elektrodenreaktion gilt ein ganz bestimmtes Elektrodenpotential.

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Abb. 1 Stromdichte-Potential-Kurve einer MetallelektrodeAbb. 1 Stromdichte-Potential-Kurve einer MetallelektrodeDas heißt, das Potential wird edler mit steigender Konzentration der Metallkationen vor der Oberfläche a(Mez+) und mit fallendem Stoffmengenanteil der Metallkonzentration in der Elektrode x(Me).

Weicht das Potential der Elektrode von diesem Potential ab, so fließt durch sie ein Strom, dessen Polarisation die Differenz gerade ausgleicht. Die Stromdichte-Potential-Kurve ist definiert und zeigt in halblogarithmischer Darstellung folgende Abbildung 1.

An einer Legierungselektrode bildet sich ein Mischpotential heraus [1]. Dabei überlagern sich die beiden Stromdichte-Potential-Kurven (Superpositionsprinzip). Die Abweichung zu den beiden Normalpotentialen gleicht sich entsprechend dem Vorstehenden aus. Die Potentialverhältnisse sind die folgenden:

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Am Mischpotential gilt zwangsläufig E1 = E2.

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Die Konzentrationen stellen sich entsprechend dieser Gleichung ein.

Abb. 2: MPK Stromdichte-Potential-Kurven zweier Metallelektroden mit MischpotentialbildungAbb. 2: MPK Stromdichte-Potential-Kurven zweier Metallelektroden mit MischpotentialbildungDer sich einstellende Austauschstrom j0, der aus einem gleich großen anodischen und kathodischen Strom besteht, ergibt sich aus der Potentialabweichung der jeweiligen Einzelelektrode (Abb. 2).

Fakten dazu:

  1. Das Mischpotential liegt immer zwischen den beiden Ausgangspotentialen.
  2. Die Austauschstromdichte der Mischelektrode ist immer größer als die Ausgangsaustauschstromdichten.
  3. Das Mischpotential liegt immer näher am Potential der Elektrode mit der höheren Austauschstromdichte.
  4. Der anodische Anteil der Mischaustauschstromdichte wird vom Metall mit dem negativeren Potential geliefert.
  5. Der kathodische Anteil der Mischaustauschstromdichte wird vom Metall mit dem höheren Potential geliefert.
  6. Kann das zur Verarmung des unedleren Metalls führen und das Potential zu edleren Werten verschieben?

Ja, bekannt ist z. B. die Entzinkung eines Messings.

Leider ist es auch nicht korrekt, die Austauschstromdichten der Ausgangsmetalle zu verwenden. Man muss sie entsprechend des Oberflächenanteils verringern. Der Oberflächenanteil entspricht dem Volumenanteil. Dementsprechend sinkt die jeweilige Austauschstromdichte in einer Legierung gegenüber dem reinen Metall.

Die Dichte ergibt sich aus dem Verhältnis von molarer Masse und Molvolumen. Das Molvolumen lässt sich demnach bestimmen zu:

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Für die Austauschstromdichten der Legierung sind zu bestimmen: Masseanteil: w; Stoffmengenanteil x; Volumenanteil: ϕ.

Masseanteil:

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Bei einer binären Legierung

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Für 100 g ZnNi14 gilt:

86 g Zn + 14 g Ni

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Entsprechend:

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Stoffmengenanteil x

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Mit

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Für 100 g:

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Volumenanteil ϕ

Dichte ς(Ni) = 8,910 g/cm3; ς(Zn) = 7,130 g/cm3;

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Für die Austauschstromdichten im schwefelsauren Korrosionsmedium kann man annehmen [4]: j0,Ni= 1*10-7 A/dm2; j0,Ni= 1*10-3 A/dm2;

Daraus erhält man die Ist-Austauschstromdichten.

GT9 20 unruh 14Die Austauschstromdichten haben sich nach der Legierungszusammensetzung verringert und zwar unterschiedlich, um die Faktoren:

Ni: 1,152*10-8/1*10-7 = 0,1152

Zn: 8,848*10-4/1*10-3 = 0,8848

Abb. 3: Stromdichte-Potentialverhältnisse am ZnNiAbb. 3: Stromdichte-Potentialverhältnisse am ZnNiDie Austauschstromdichte des Nickels mit seiner deutlich geringeren Konzentration hat sich entsprechend stärker verringert.

  1. Die Austauschstromdichte des Metalls mit dem geringeren Anteil sinkt stärker als die mit dem höheren Anteil.
  2. Damit verschiebt sich das Mischpotential (stärker) zum Metall mit dem höheren Anteil.

Im Falle von ZnNi14 zum Zink.

Für die Zink-Nickel-Legierung ZnNi14 gelten die Verhältnisse (Abb. 3)

  1. Das Mischpotential liegt zwischen den Potentialen des Nickels und des Zinks.
  2. Die Austauschstromdichte ist deutlich größer als die des Nickels und die des Zinks.
  3. Das Mischpotential liegt näher am Potential des Zinks.
  4. Der anodische Anteil der Austauschstromdichte wird vom Zink geliefert.
  5. Der kathodische Anteil der Austauschstromdichte wird von Nickel geliefert.
  6. Eine Verarmung an Zink führt zur Senkung der Austauschstromdichte des Zinks und damit zur Potentialverschiebung in Richtung des Nickelpotentials.
  7. Die Austauschstromdichte des Nickels sinkt mit der Legierungsbildung stärker als die des Zinks.
  8. Letzteres führt zu einer Potentialverschiebung in Richtung des Zinks gegenüber einer Konstruktion aus den einzelnen Stromdichte-Potential-Kurven.

Dynamisch gesehen steigt der Nickelgehalt in der Legierung mit der Korrosion. Die Oberfläche der Schicht wird edler, d.h. das Potential verschiebt sich in Richtung des Nickels. Das ist bei thermischer Belastung besonders günstig, da die Oberfläche dann durch eine NiO-Schicht geschützt wird.

Besondere Potentialprobleme treten auf, wenn sich intermetallische Phasen bilden. Sie besitzen keine rein ­metallische Bindung, sondern auch Anteile anderer Bindungsarten. Auf jeden Fall sind die Bindungen fester, d.h. energiereicher als die einfache metallische Bindung. Auf Grund der beiden (oder mehreren) Ionenarten handelt es sich zwar um eine Mischelektrode, sie ist aber edler als eine einfache Mischelektrode gleicher Zusammensetzung. Dieses „Mischpotential ist nur zu ermitteln, indem man die intermetallische Verbindung herstellt und die Stromdichte-Potential-Kurve aufnimmt.

Im System Nickel-Zink bilden sich zwei intermetallische Verbindungen, Ni5Zn21 und NiZn8 [2] Ihre größere Stabilität zeigt sich u. a. im Schmelzpunkt, der für Ni5Zn21 bei 881 °C liegt.

Literatur 

[1] Lehrbuch der Elektrochemie, Unruh, J.N.M., Leuze Verl., 1. Aufl., Bad Saulgau, 2013
[2] Kristallstruktur der Metalle und Legierungen, Handbuch Struktur und Eigenschaften der Metalle und Legierungen, Bd. 1 (russ.), Red. L.N. Larikow, Verl. Naukowa Dumka, Kiew, 1986
[3] https://holzapfel-group.com/oberflaechenverfahren/korrosionsschuetzende-beschichtungen/zn-ni-zink-nickel.html
[4] Tabellenbuch Galvanotechnik, Unruh, J.N.M., Leuze Verl. Bad Saulgau, 8. Aufl., im Druck

  • Ausgabe: September
  • Jahr: 2020
  • Autoren: Dr.-Ing. habil. Jürgen N. M. Unruh
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