Beim Laserauftragsschweißen werden Metallschichten auf Werkstücke aufgeschweißt oder additiv ganze Bauteile Schicht für Schicht gefertigt. Das Fraunhofer IPT hat das Verfahren mit Draht als Schichtwerkstoff jetzt mit dem sogenannten optischen Kohärenztomografieverfahren kombiniert. Auf diese Weise soll der Prozess künftig zu einem vollwertigen 3D-Druckverfahren werden.
Prozessstabilität und -kontrolle sind beim Laserauftragschweißen (Laser Metal Deposition, LMD) von großer Bedeutung: Auf Störungen und Abweichungen muss idealerweise sofort und ohne Verzögerung reagiert werden, um Prozessabbrüche zu verhindern. Hier sind maschinenintegrierte Überwachungssysteme gefragt, die die Prozesse an Ort und Stelle prüfen und Korrekturen veranlassen können. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT aus Aachen hat mit Partnern aus Industrie und Forschung das bildgebende Verfahren der optischen Kohärenztomografie (OCT) in einen koaxialen Prozess zum Laserauftragschweißen von Draht integriert. Die OCT kann den Schweißvorgang nicht nur aufzeichnen, sondern die Qualität im laufenden Prozess kontrollieren und so Ausschuss reduzieren. Das LMD-w soll damit in Zukunft als vollwertiges 3D-Druckverfahren genutzt werden.
Das Laserauftragschweißen von Draht (Wire-based Laser Metal Deposition, kurz: LMD-w) ist ein additives Fertigungsverfahren, bei dem ein Metalldraht als Zusatzwerkstoff mithilfe eines Lasers in Schweißraupen auf einem Werkstück aufgeschweißt wird. Mehrere dieser Schweißraupen nebeneinander ergeben eine Schicht, mehrere Schichten aufeinander ein Bauteil. Da beim LMD-w nur dort Werkstoff aufgetragen wird, wo er gebraucht wird, zählt es zu den ressourcenschonenden Verfahren. Die aufwendige Prozessentwicklung und die geringe Prozessstabilität verhinderten jedoch bisher einen breiteren industriellen Einsatz, der über spezielle Reparaturverfahren oder das Aufbringen von Verschleißschutzschichten hinausgeht.
Im Forschungsprojekt „TopCladd – Adaptive Laser Cladding for Precise Metal Coating Based on Inline Topography Characterization“ haben die Aachener Forschungspartner erstmals ein koaxiales LMD-w-.0System mit einem OCT-System versehen, um den Laserprozess zu stabilisieren und aktiv zu regeln. Die OCT, die ihren Ursprung in der Augenheilkunde findet, ist ein Messverfahren zur berührungslosen und hochaufgelösten Darstellung tomographischer Schnittbilder, das auf kurzkohärenter Interferometrie basiert. In Kombination mit einer hohen Messfrequenz kann anhand der OCT die Oberflächenqualität der Auftragsschweißnaht direkt im Prozess geprüft und verbessert werden.
Laserauftragschweißen plus OCT – der Weg zur Prozessstabilität
Die Qualität beim Laserauftragschweißen hängt vor allem von der Oberfläche der Schweißnaht ab: je welliger, desto geringer die Bauteilqualität. Um den Prozess des Laserauftragschweißens stabiler zu machen und eine qualitativ hochwertige Schweißnaht zu fertigen, müssen die Prozessschritte einzeln aufgenommen werden. Qualitativ mangelhafte Schweißnähte können dann nachträglich ausgebessert und der Schweißprozess für zukünftige Fertigungen angepasst werden. Die OCT ist in der Lage, die Oberfläche der Schweißnaht im Phasenübergang von fest zu flüssig zu überprüfen und damit die Ausprägung der finalen Schweißraupengeometrie zu bestimmen. Anhand der gewonnenen Daten lässt sich der Laserprozess gegebenenfalls in der benachbarten oder darüberliegenden Schweißraupe anpassen.
Um die Vorteile der OCT für den Prozess des Laserschweißens zu nutzen, integierten Fraunhofer-Forscherinnen und -Forscher das OCT-System koaxial in den Bearbeitungskopf des Lasers. Der Laser zur Bearbeitung und das OCT-System nutzen dabei eine gemeinsame Optik, interferieren aber aufgrund ihrer unterschiedlichen Wellenlängen nicht. Die Koaxialität des Bearbeitungs- und Messlichts wird durch die Verwendung eines sogenannten Axikons, einer kegelförmigen Linse sowie einiger prismenförmiger Optiken gewährleistet. Dieses optische Design ermöglicht es, dass der Messlaser die aufgetragene Schweißnaht um den zentral verlaufenden Metalldraht herum kreisförmig abtasten kann. So gelingt eine multidirektionale Messung, unabhängig von der Bewegungsrichtung des Schweißkopfes. Auf diese Weise kann das gesamte Werkstück vermessen werden, ohne dass der Draht das Messlicht blockiert.
Mit OCT zur aktiven Prozessregelung
Die Integration der OCT in den Prozess des Laserauftragschweißens erlaubt es, die Oberflächenstruktur der gesamten Schmelzspur genau abzubilden. Anhand der Prozessdaten, die im Projekt gesammelt wurden, entwickeln die Aachener Forscherinnen und Forscher ein Prozessmodell für eine datengestützte Prozessanpassung und -regelung. Die Laserprozesse werden dadurch robuster, sodass sich eine Vielzahl neuer Anwendungsfelder erschließen lässt. „Mit der OCT können wir beim Laserauftragschweißen in Zukunft nicht nur ein bis zwei Ebenen übereinander aufbringen, sondern beliebig viele Schichten. Auf diese Weise wird das LMD-w zu einem vollwertigen und nachhaltigen additiven Herstellungsverfahren aufgewertet“, sagt Robin Day, Leiter der Abteilung „Energetische Strahlverfahren“ am Fraunhofer IPT.
Das Projekt „TopCladd – Adaptive Laser Cladding for Precise Metal Coating Based on Inline Topography Characterization“ wurde für vier Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Förderprogramms „M-ERA.Net – flexible und bedarfsgerechte transnationale Förderung im Bereich der Materialforschung“ gefördert. Neben dem Fraunhofer IPT waren weitere fünf Firmen, deren Expertise für die Realisierung der Entwicklung erforderlich war, Projektpartner, darunter etwa die Quada V+F Laserschweißdraht GmbH aus Hemer.