Fluorierte Stoffe sind aufgrund ihrer Toxizität und ihrer Auswirkungen auf die Umwelt zu einem Problem geworden. Dies hat nun auch die EU erkannt, weshalb zunehmend restriktive Vorschriften eingeführt werden. Aufgrund ihrer einfachen Modifizierung der Funktionalität und ihrer Filmbildungseigenschaften werden Polysaccharide und insbesondere Chitosan als mögliche strategische Alternativen zum Ersatz fluorierter Substanzen angesehen.
Im Folgenden wird eine Studie vorgestellt, bei der Chitosan chemisch mit Fettsäureketten modifiziert und ohne Lösungsmittel auf Glas abgeschieden wurde. Um die Funktionsmodifikation zu bestätigen, wurden die chemisch-physikalischen Eigenschaften der Beschichtung charakterisiert. Die resultierende Beschichtung weist eine einstellbare Transparenz und Hydrophobie auf, die zur Steuerung der Schichtdicke angepasst werden kann. Oberflächen mit superhydrophoben und selbstreinigenden Eigenschaften sind für viele verschiedene Anwendungen relevant, von Wärmeübertragungsvorrichtungen, Gebäudefassaden und der Verringerung des Luftwiderstands bis hin zu bewuchshemmenden, antibakteriellen und antiviralen Oberflächen [1-5]. Inspiriert von natürlichen Oberflächen wie Lotusblättern, kombinieren superhydrophobe Oberflächen intrinsische Hydrophobie mit nano- und mikrometrischen Unebenheiten, was zu hohen Kontaktwinkeln und niedrigen Abrollwinkeln führt.
Obwohl die Fortschritte in der Mikro- und Nanotechnologie zu einer Verbesserung der Superhydrophobie und der Haltbarkeit geführt haben, beruht die große Mehrheit der Technologien immer noch auf der Verwendung von Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS), die wegen ihrer Auswirkungen auf die Gesundheit [6] und die Umwelt Anlass zur Sorge geben. In der Tat schränken die EU-Verordnungen die Verwendung von PFAS zunehmend ein, weshalb sicherere Alternativen entwickelt werden müssen. Unter den anderen Polysacchariden zeichnet sich Chitosan durch seine mechanischen Eigenschaften, die einfache Filmbildung [7] und die Modifizierung der Funktionalität aus [8].
Chitosan wird aus Chitin gewonnen, dem zweithäufigsten Polysaccharid – nach Zellulose –, und ist ein Abfallprodukt aus der Aquakultur, da es der Hauptbestandteil von Krustentierklauen ist. Darüber hinaus ist Chitosan biologisch abbaubar [9] und ungiftig [10], sodass sicherere Beschichtungstechnologien zur Substitution von PFAS entwickelt werden können. Die gleichzeitige Erzielung von Superhydrophobie und Transparenz ist aufgrund der widersprüchlichen Anforderungen eine Herausforderung, aber Polysaccharide wie Chitosan bieten eine vielversprechende Lösung.
Die hier dargestellte Lösung befasst sich mit der Entwicklung von PFAS-freien Beschichtungen auf Chitosanbasis, die ein Gleichgewicht zwischen Transparenz und Superhydrophobie anstreben. Das Verfahren umfasst eine Modifizierung der Chitosan-Funktionalität und eine lösungsmittelfreie Abscheidung [11], um Umweltbelange zu berücksichtigen (Abb. 1).
Abb.: 1. Die Idee einer PFAS-freien hydrophoben Beschichtung auf Chitosanbasis: Chitosan wird aus Chitin gewonnen, dem zweithäufigsten Polysaccharid der Erde, das aus Abfällen der Aquakultur gewonnen wird. Chitosan wird mit Stearoylketten modifiziert, und eine lösungsmittelfreie thermische Behandlung verankert die Beschichtung auf dem Glassubstrat. Das Ergebnis ist ein beschichtetes Glas mit einstellbaren Eigenschaften: transparent und hydrophob oder undurchsichtig und superhydrophob.
Methoden
Die Modifizierung der Chitosanfunktionalität erfolgte durch eine Reaktion mit Stearoylchlorid, gefolgt von Wasch- und Reinigungsschritten. Das modifizierte Chitosan wird gefriergetrocknet und dann in einem lösungsmittelfreien Verfahren auf Glasobjektträger aufgebracht. Die Abscheidungsmethode besteht aus der Abscheidung des gefriergetrockneten Pulvers auf dem Substrat durch Sieben mit einem 100 µm-Metallgitter und einer Wärmebehandlung im Ofen bei 150 °C. Die Charakterisierungsanalysen umfassten Messungen der Molekulargewichtsverteilung, 1H-NMR, 13C-DD-MAS-Festkörper-NMR, Infrarotspektroskopie, thermogravimetrische Analyse, Kontaktwinkelanalyse und REM-Analyse. Die Transparenz wurde mittels UV-Vis-Analyse bewertet. Die Haltbarkeit der Beschichtungen wurde anhand der Abriebfestigkeit, der Beständigkeit gegenüber Wasser und sauren Umgebungen sowie anhand von Klebebandtests geprüft.
Ergebnisse und Diskussion
Die Herstellung einer Beschichtung auf Chitosanbasis mit einstellbarer Hydrophobie und Transparenz erfolgte in zwei Hauptschritten. Zunächst wurde das Chitosan-Grundgerüst durch Veresterung und sekundäre Amidbildungsreaktionen mit Stearoylchlorid modifiziert. Das resultierende Produkt wird gefriergetrocknet, wodurch ein superhydrophobes Pulver entsteht, das auch im Hinblick auf die praktische Lagerung und den Transport wertvoll ist, da es unerwünschte Aggregationen verhindert.
Im zweiten Schritt wurde das modifizierte Chitosan mit einer innovativen lösungsmittelfreien Methode, die ein Sieben und eine Wärmebehandlung umfasst, auf ein Glassubstrat aufgebracht. Die Abscheidungsmethode stützt sich auf die Temperaturbehandlung, um das mit Chitosan modifizierte Pulver zu sintern und eine Beschichtung zu bilden.
Die Charakterisierung des modifizierten Chitosans umfasste chemisch-physikalische Analysen mittels 1H, 13C DD-MAS Solid State NMR, FTIR und TGA. Das 1H-NMR-Spektrum zeigte große chemische Verschiebungen, die den aliphatischen Stearoylketten und den H-Ac-Gruppen des Chitosans entsprechen. Ein Substitutionsgrad von ~70 % wurde durch die 1H-NMR-Analyse über ein enzymatisches Abbauverfahren ermittelt. Im 13C-DD-MAS-Festkörper-NMR-Spektrum wurden die wichtigsten chemischen Verschiebungen den Stearoylketten und dem polymeren Chitosan-Grundgerüst zugeschrieben.
Die FTIR-Spektren zeigten eine Abnahme der Intensität der Hydroxyl- und Amingruppen, was eine erfolgreiche Reaktion mit Stearoylchlorid bestätigte. Die thermogravimetrische Analyse des modifizierten Chitosans ergab keine Wasserdesorption, was darauf hindeutet, dass es nicht hygroskopisch ist (anders als das ursprüngliche Chitosan) und der Abbau bei einer Zwischentemperatur zwischen Chitosan und Stearoylchlorid beginnt. Die kombinierte chemisch-physikalische Charakterisierung unterstützt konsequent die Modifizierung der Chitosanfunktionalität mit Stearoylketten.
Die Steuerung der Menge an modifiziertem Chitosan während der Abscheidung ermöglichte die Herstellung von Beschichtungen mit unterschiedlicher Hydrophobie und Transparenz. Höhere Chitosanmengen erhöhten die Hydrophobie (θA von 108° bei 0,8 mg/cm2 bis 150° bei 4,8 mg/cm2), verringerten aber die Transparenz. Ein optimales Gleichgewicht wurde bei etwa 3,2 mg/cm2 ermittelt, was eine hohe Hydrophobie (θA = 143°, θR = 135°) und eine Durchlässigkeit von 25 % gewährleistet.
Die REM-Analyse des gefriergetrockneten modifizierten Pulvers zeigte lamellare Partikelstrukturen, die mit superhydrophoben Eigenschaften kompatibel sind, wenn sie auf Oberflächen verteilt werden. Eine Zunahme des modifizierten Chitosans führte zu einer Erhöhung der Schichtdicke. Eine zweiskalige Rauheit, die aus der charakteristischen faserartigen Form von Chitosan resultiert, trug zur Superhydrophobie bei.
Die Haltbarkeit der Beschichtung wurde durch Abrieb, Eintauchen in Wasser und Einwirkung einer sauren Lösung getestet und zeigte in allen Fällen eine gute Beständigkeit.
Zusammenfassung
Es wurde erfolgreich eine PFAS-freie Beschichtung entwickelt und dabei die Vorteile von Chitosan als neuem sicheren und nachhaltigen Rohstoff erforscht. Das Verfahren beinhaltet die Modifizierung von Chitosan mit Fettsäure-Seitengruppen und die Abscheidung durch eine lösungsmittelfreie Methode. Die wirksame Modifizierung der Chitosanfunktionalität mit Stearoylgruppen wird durch eine umfassende Analyse mit 1H-und 13C-DD-MAS-Festkörper-NMR, Infrarotspektroskopie und thermogravimetrischer Analyse bestätigt. Das modifizierte Chitosan wird dann zur sicheren Langzeitlagerung gefriergetrocknet. Die innovative und nachhaltige Abscheidungsmethode für modifiziertes Chitosan zeichnet sich durch einen einfachen Ansatz zur Herstellung transparenter hydrophober Beschichtungen aus.
Das Erreichen eines superhydrophoben Benetzungszustands (θA = 150°, θR = 144°) ist ein bemerkenswertes Ergebnis, insbesondere für Beschichtungen mit einer modifizierten Chitosanmenge von 4,8 mg/cm2. Ein optimales Gleichgewicht zwischen Hydrophobie und Transparenz wurde bei einem Anteil an modifiziertem Chitosan von 3,2 mg/cm2 gefunden (θA = 143°, θR = 135°). Wichtig ist, dass diese Beschichtung in verschiedenen Tests wie Abriebfestigkeit, Einwirkung von Wasser und sauren Umgebungen sowie bei der Bewertung von Klebebändern eine ausgezeichnete Haltbarkeit aufweist.
Die Vision ist es, die Entwicklung der Beschichtung weiter voranzutreiben, um die Kontrolle über die Oberflächenmorphologie zu verbessern. Dadurch soll die Lichtstreuung verringert, die Lichtdurchlässigkeit erhöht und die mechanische Beständigkeit verbessert werden, möglicherweise durch die Einbindung von Haftvermittlern oder Vernetzern. Im weiteren Sinne dient die Studie als Katalysator für die Entwicklung neuartiger Materialien auf Polysaccharidbasis, die aus biologischem Anbau stammen. Diese Materialien bieten eine vielversprechende Alternative zu herkömmlichen erdölbasierten Polymeren und leisten einen wichtigen Beitrag zur Förderung einer nachhaltigeren und kreislauforientierten Wirtschaft.
Der Originalartikel ist im Wiley Analytical Science Magazine 01/2024 erschienen.
Literatur
[1]Geyer, F. et al. (2020). When and how self-cleaning of superhydrophobic surfaces works. Science Advances. DOI: 10.1126/sciadv.aaw9727.
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[6]Cathey, A. L. et al. (2023). Exploratory profiles of phenols, parabens, and per- and poly-fluoroalkyl substances among NHANES study participants in association with previous cancer diagnoses. Journal of Exposure Science and Environmental Epidemiology. DOI: 10.1038/s41370-023-00601-6.
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[8]Porpiglia, N.M. et al. (2024). Chitosan derivatives as dynamic coatings for transferrin glycoform separation in capillary electrophoresis. International Journal of Biological Macromolecules. DOI: 10.1016/j.ijbiomac.2023.127888.
[9]Ladiè, R. et al. (2021). Supramolecular structuring of hyaluronan-lactose-modified chitosan matrix: Towards high-performance biopolymers with excellent biodegradation. Biomolecules. DOI: 10.3390/biom11030389.
[10]Cardoso, M. J. et al. (2016). Marine origin polysaccharides in drug delivery systems. Marine Drugs. DOI: 10.3390/md14020034.
[11]Tagliaro, I. et al. (2023). Chitosan-based coatings with tunable transparency and superhydrophobicity: A solvent-free and fluorine-free approach by stearoyl derivatization. Carbohydrate Polymers. DOI: 10.1016/j.carbpol.2022.120424.