Über 320 Fachleute aus dem Elektronikdesign und der gesamten Elektronikindustrie kamen Ende September in Ulm zusammen, um das vielfältige Programm der 32. FED-Konferenz zu erleben. Auch wir waren dabei.
Die höchst erfolgreichen Konferenzen in Potsdam (2022) und Augsburg (2023) hatten die Messlatte hoch gelegt. Die trotz angespannter wirtschaftlicher Lage beachtlich hohe Besucherzahl zeigte wieder, welchen Stellenwert die Jahresveranstaltung des Fachverbandes für Elektronikdesign genießt. Diesmal war die Donaustadt Ulm als Konferenzort auserkoren worden. Das Kongresscenter des Maritim-Hotels konnte zwar nicht ganz mit dem wuchtigen Charme des Augsburger Kongressgebäudes aufwarten, bot jedoch ausreichend Platz für die Vorträge und die begleitende Ausstellung der unterstützenden Unternehmen. Bedingt durch die baulichen Gegebenheiten war diese allerdings auf zwei Stockwerke verteilt und zerfaserte ein wenig – auch wenn in allen Vorträgen darauf hingewiesen wurde, beide Stockwerke zu beachten. Hier waren die Bedingungen des großzügigen, hellen Atriums der Augsburger Konferenz sicherlich idealer.
Die Ausstellung war auf zwei Stockwerke des Kongresscenters verteilt
Keynotes zum Autonomen Fahren und über konfuzianische Prinzipien
Eröffnet wurde die Konferenz vom FED-Vorstandsvorsitzenden Dieter Müller. Die Zahl der Anmeldungen spreche eine deutliche Sprache, welche Wichtigkeit der Veranstaltung zukommt. Als Strategieziele des FED für das kommende Jahr gab Dieter Müller die verstärkte Verbandsarbeit und den Ausbau des Seminarangebots, auch ‚On- Demand', an. Vor allem betonte er die Kraft der Kollaboration – so sei der Arbeitskreis 3D-Elektronik der Plattform J.A.M.E.S. für 3D-Printing-Elecronics beigetreten, und zusammen mit dem amerikanischen Verband IPC bereite der FED das neue englischsprachige Konferenzformat PEDC in Wien vor (29./30. Januar 2025).
Im Anschluss wurde die erste Keynote gehalten: Prof. Dr.-Ing. Steven Peters, TU Darmstadt, trug zum Thema Autonomes Fahren vor. Sehr komplex und vielschichtig widmete er sich der Frage, warum bei uns noch keine ‚Robotaxis' in den Städten umherfahren (wie in Shenzhen) [2] – und dies auf absehbare Zeit auch wenig bringen würde. Steven Peters sieht deutlich mehr Chancen für Autonomes Fahren im Fern- und Lastenverkehr, dort gebe es klare ökonomische und ökologische Vorteile. Statt einer Vollautomatisierung (Steven Peters: „Ein Chauffeur wäre billiger“) sollte man besser einen ‚Teamansatz’ zwischen K.I. und Mensch verfolgen. Bis 2027 könnte, so wagte Steven Peters eine Prognose, die Hub2Hub-Technologie für Schwerlastzugmaschinen mit Wasserstoffantrieb Realität werden. Fazit: eine sehr gute, kritische Keynote, die den richtigen Ton zwischen Optimismus und Realismus traf.
Lockerer war die Keynote des zweiten Veranstaltungstags, in der Marc Gessert, Kommunikationswissenschaftler und Kampfsportexperte, konfuzianische Prinzipien erklärte, das Streben nach dem ‚Equilibrium' pries und die drastischen Folgen eines Burnouts durch das Durchschlagen eines Flaschenbodens demonstrierte. Das hinterließ Eindruck.
Vorträge zu den Themen K.I. und THT-Bestückung
Nach der Preisverleihung des FED Design Awards am ersten Konferenztag [2] hatten die Besucher die Qual der Wahl zwischen insgesamt 46 Fachvorträgen, Diskussionsrunden und Workshops. Wir konnten einige davon besuchen. So sprach Michael Zahn, Koh Young, über KI-Unterstützung bei der Prozesssteuerung von SMD-Bestücklinien in der Elektronikindustrie. Zahn erwies sich als launiger und kundiger Referent, der etwa auf die noch bestehenden Herausforderungen des Digitalen Zwillings bei 3D hinwies und dann auf seinen Folien zahlreiche Beispiele der SMART-Software präsentierte – wie etwa durch KI in 3D-Aufnahmen störende Reflektionen ‚herausgerechnet' werden können, um ihre Auswertung zu verbessern.
Michael Matthes, Würth Elektronik, beschäftigte sich mit Designrichtlinien für einen digitalen Lötstopplack. Er stellte vor, wie dieser im Jetprinter auf die Leiterplatte aufgetragen wird und welche Herausforderungen sich beim EMS-Handling ergeben. Der Prozess der Herstellung werde durch das Inkjet-Verfahren deutlich vereinfacht, schloss Matthes mit Enthusiasmus.
Michael Schleicher, Semikron Danfoss, referierte zu proportionalen THT-Anschlussflächen nach IEC 61188-6-3. Die THT-Bestückung hat bekanntlich in den letzten Monaten neues Interesse entfacht. Der von Michael Schleicher und Thomas Bujotzek geleitete Arbeitskreis Normen befasst sich mit der fertigungsnahen Beschreibung der Landeflächen für THT-Bauteile, berücksichtigt dabei jeweils den Lötprozess, Lagenaufbau, die Lochherstellung, Bestückprozesse und die Kupferbeschaffenheit auf den unterschiedlichen Lagen. Das Ziel ist, eine einwandfreie Lötstelle nach den IEC- und IPC-Normen zu erzeugen. Hierzu bietet der FED auch spezielle Seminare an, die Michael Schleicher den Zuhörern empfahl.
Auch Heinz Kluwetasch, CSK – CAD Systeme Kluwetasch, beschäftigte sich mit Normen – präziser gesagt mit der Designrichtlinie IPC-7352. Kluwetasch umriss mit seiner langjährigen Erfahrung die Entwicklung der IPC-Norm seit 1980 (IPC-T-50), ging auf die Unterschiede zwischen den Standards IPC-J-STD-001 und IPC-A-610 für gelötete elektrische und elektronische Baugruppen ein und nannte Gründe für das Update IPC-7352, welches IPC-7351B ersetzt hat und Definitionen für THT-Bauteile enthält. Kluwetasch wagte die Prognose, dass in wenigen Jahren Bauteile für den 3D-Drucker aus dem Internet heruntergeladen werden können, und zeigte dann, wie sich das CAD-System seines Unternehmens jeweils auf die geänderten Normen und Spezifikationen rasch einstellt.
High-Speed-Leitfaden wird vorgestellt
Ein Highlight der Konferenz war der Vortrag von Prof. Rainer Thüringer am zweiten Konferenztag über den neuen Highspeed-Leitfaden des FED, der gerade erschienen ist.[3] Rainer Thüringer ging auf die Details des von ihm maßgeblich miterarbeiteten Leitfadens ein, referierte über die Unterschiede zwischen ‚normalem' und Highspeed-Leiterplatten-Design, über die Flussrichtung elektrischen Stroms, Leitungsimpedanzen und Oberflächenbeschaffenheit von Kupferfolien und Substratmaterialien. Da rauchte jedem Nicht-Ingenieur (wie dem Verfasser dieser Zeilen) der Kopf; die Designexperten im Auditorium aber hakten interessiert zu einzelnen Punkten nach – und Rainer Thüringer konnte alle Fragen eloquent beantworten. Der Leitfaden steht inzwischen kostenfrei allen FED-Mitgliedern zur Verfügung – und allen Nichtmitgliedern in einer kompakten (aber immer noch umfangreichen) Form.
Soweit eine nur kleine Auswahl der qualitativ höchst überzeugenden Vorträge. Positiv fiel auf, dass die Folien aller Präsentationen sachlich und nicht zu ‚werbelastig' geraten waren. Aber auch die Stimmung auf der Abendveranstaltung am ersten Konferenztag und während der Pausen – bei denen man sich um die runden Stehtische fast balgen musste – war bestens, so wie man es von den FED-Konferenzen gewohnt ist. Kommendes Jahr wird die Konferenz im hohen Norden stattfinden, nämlich am 24./25. September 2025 in der Musik- und Kongresshalle Lübeck.
Referenzen
[1] Siehe PLUS 11/2024, S. 1407 ff.
[2] Siehe PLUS 10/2023, S. 1205 ff.
[3] www.fed.de/themen/leitfaden-high-speed-leiterplattendesign/ (Abruf: 07.06.2024).