Unerschlossene Märkte für die Photonik – Die Community der Lasertechnik traf sich wieder in Aachen

Podiumsdiskussion auf dem Kongress in Aachen (Foto: Arbeitskreis Lasertechnik e.V. / Andreas)
  • Titelbild: Podiumsdiskussion auf dem Kongress in Aachen (Foto: Arbeitskreis Lasertechnik e.V. / Andreas)

Der Laserkongress

Mit 525 Teilnehmenden und 80 Referierenden aus 21 Ländern, einer komplett ausgebuchten konferenzbegleitenden Ausstellung und 60 „Lasertechnik Live“-Vorführungen in Laboren des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT und der RWTH Aachen University hat der „AKL – International Laser Technology Congress“ seinen Ruf als führendes Forum der europäischen Laserindustrie vollauf bestätigt. Innovationen für etablierte Laseranwendungen standen ebenso im Fokus wie potenzielle Milliardenmärkte der Zukunft – darunter Cyberphotonics, Quantentechnologien und die lasergezündete Trägheitsfusionsenergie (Inertial Fusion Energy; IFE).

Zum Kongress gab es mehrere begleitende Veranstaltungen, darunter die Foren „Funktionale Oberflächen durch Laserbearbeitung“, „Digitalisierung & KI in der Photonischen Produktion“ und „Quantentechnologie & Photonik“, den Technologie Business Tag TBT, die Ausstellung, das Dinner mit Verleihung des „Innovation Award Laser Technology“, Posterpräsentationen und Lasertechnik Live. Themen der Konferenz waren:

  • Gerd Herziger Session
  • Additive Fertigung
  • Optische Systeme
  • Laserstrahlquellen
  • Medizintechnik
  • Laserstrahlquellen
  • Trennen & Fügen
  • Oberflächentechnik

Aus der Vielzahl von Vorträgen, Postern und Vorführungen wird nachfolgend ein Überblick über den Themenschwerpunkt „Laserverfahren für die Bearbeitung funktionaler Oberflächen“ gegeben.

Schwerpunkt Oberflächentechnik

Lasertechnik Live (Foto: Fraunhofer ILT, Aachen)Lasertechnik Live (Foto: Fraunhofer ILT, Aachen)Laser gehören längst zu den etablierten Werkzeugen der Oberflächenbearbeitung. Der AKL’24 griff das Technologiefeld im Forum „Funktionale Oberflächen durch Laserbearbeitung“ sowie in der Session „Oberflächentechnik“ auf und vermittelte tiefe Einblicke in eine Vielzahl innovativer industrieller Anwendungen. Das Spektrum reichte von der Funktionalisierung zur Verbesserung tribologischer Eigenschaften, über das Herstellen von Hochtemperatursupraleitern für Einsätze in der Mikroelektronik, Raumfahrttechnik und den erneuerbaren Energien bis hin zur Herstellung selbstreinigender und anti-reflektiver Oberflächen mithilfe Direkter Laserinterferenzstrukturierung (DLIP) sowie zur Trocknung von Batterieelektroden mit hocheffizienten Diodenlasern.

Oberflächenmodifikation: Breites Einsatzspektrum

Letztere griff Dr. Simon Britten von der Laserline GmbH aus Mülheim-Kärlich in seinem Vortrag „Lasersysteme für die energieeffiziente Trocknung von Batterieelektroden“ auf. Die Trocknung der mit Aktivmaterial beschichteten Anoden und Kathoden ist zeitaufwendig, hat aufgrund fast 100 Meter langer Trocknungsofenstrecken hohen Platzbedarf und verursacht fast 30 % des Energiebedarfs der Batteriezellfertigung. Effiziente, leistungsstarke Diodenlaser können hier ihre Vorteile ausspielen: Ersetzen sie die herkömmlichen Verfahren, wird die Trocknung um 20 bis 30 % günstiger und verringern sich der Platzbedarf und die Trocknungsdauer um fast zwei Drittel – bei zugleich rund 30 % weniger Energiebedarf. „Auch viele weitere Prozesse, bei denen getrocknet wird, lassen sich mit Lasern durchführen“, erklärte der Experte.

Dr. Tim Kunze, CEO der Fusion Bionic aus Dresden, stellte die präzise Oberflächenmodifikation mithilfe der Direkten Laserinterferenzstrukturierung (DLIP) vor. Bei diesem Verfahren werden mehrere Laserstrahlen überlagert, um funktionelle Oberflächen zu erzeugen – von Anti-Reflex-Beschichtungen über rutschfreie Fliesen bis hin zu selbstreinigenden Oberflächen. Das optische Verfahren kann in vielen Anwendungen den Einsatz aggressiver Chemikalien sowie aufwendige mechanische Bearbeitungen oder teure Beschichtungen ersetzen. Gerade die Behandlung von Photovoltaikmodulen birgt laut Kunze großes Potenzial. Denn wenn diese verschmutzen, sinkt der Energieertrag deutlich. Durch konsequente Oberflächenmodifikation per DLIP ließe sich der Solarstromertrag weltweit um vier bis sieben % steigern – und der CO2-Ausstoß um mehr als 18 Millionen Tonnen reduzieren. Zudem würden Solarparkbetreiber von der Reinigung der Module entlastet, deren Wasserverbrauch gerade in trockenen, staubigen Regionen hohe Kosten verursacht.

Weitere Anwendungen stellten die ASMPT Laser Separation International (ALSI) aus Beuningen, Niederlande, und 3D-Micromac aus Chemnitz vor. Letztere präsentierte eine Anwendung in der Halbleiterproduktion, die sogenannte Lasergestützte Ohmsche Kontaktbildung (ohmic contact formation) auf Basis des Laser-Glühens (Laser-Annealing). Nach dieser Behandlung sinken die Energieverluste bei Schaltreglern und steigen die Performance und Zuverlässigkeit sowohl bei Spannungen über 700 Volt als auch bei Hochfrequenz- und Hochtemperaturprozessen. Ebenfalls in der Halbleiterproduktion setzt ASMPT auf UV-Ultrakurzpulslaser, mit denen sie Wafer durch einen zweistufigen Materialabtrag auf das Dicing – also das Vereinzeln der Chips – vorbereiten. Bei diesem Laser-Grooving zieht der Picosekunden-gepulste UV-Laser winzige Abgrenzungen zu den aktiven Chipzonen auf beiden Seiten. Diesem „Trenching“ folgt zur Vorbereitung der Chip-Separation das eigentliche Grooving, also der Materialabtrag mit hoher Leistung. Im Vortrag zeigte Kees Biesheuvel anhand mikroskopischer Aufnahmen eindrücklich, wie präzise das UV-UKP-Laserverfahren diese Aufgabe im Vergleich zu länger gepulsten Lasern im grünen oder infraroten Wellenlängenbereich erfüllt – und dabei zugleich die Eigenschaften des Materials verbessert.

Funktionale Oberflächen im Fokus

Innovation Award Laser Technology 2024 im Krönungssaal des Aachener RathausesInnovation Award Laser Technology 2024 im Krönungssaal des Aachener RathausesDr. Stefan Janssen von LG Electronics aus Südkorea sprach über „Lasermaterialbearbeitung im Bereich der elektronischen Verbrauchsgüter“. Er demonstrierte, wie Lasertechnologien die Qualität und Effizienz der Produktionsprozesse für Mikroelektronikgeräte und Displays erheblich verbessern. Dem Team aus 60 Forscherinnen und Forschern am Produktionsforschungsinstitut (PRI) von LG Electronics stehen 20 Lasersysteme zur Verfügung. Die performanten Systeme erreichen Bearbeitungsgeschwindigkeiten von bis zu 4600 Löchern pro Sekunde, bei einer Positionsgenauigkeit von 3 µm und Lochdurchmessern kleiner als 20 µm. Laut Janssen sind beim Hochgeschwindigkeitsschneiden von Ultra-Dünnem Glas (UTG) Schnittgeschwindigkeit von mehr als 500 mm/s und eine Chipping-Größe von weniger als 20 µm machbar. Diese Fortschritte in der Materialbearbeitung verbesserten nicht nur die Leistung der Produkte, sondern führten auch zu zuverlässigeren Elektronikgeräten, so Janssen. Das sei besonders wichtig in einem Markt, in dem es Verbraucherinnen und Verbraucher mit qualitativ hochwertigen, langlebigen Produkten zu überzeugen gelte.

Mit der Laser-Induzierten Vorwärtstransfer-Technologie (LIFT) lassen sich sehr dünne und präzise Schichten von Materialien auf Substrate übertragen. Die Ara-Coatings GmbH & Co. KG aus Nordhorn nutzt diese Technik, um funktionelle Schichten in elektronischen, optischen und biomedizinischen Anwendungen zu erzeugen. Die Kombination von Physical Vapor Deposition (PVD) und Lasertechnologie dient dazu, Materialien mit spezifischen funktionellen Eigenschaften selektiv und ohne Vakuum zu übertragen. Dies führt zu erheblichen Kosteneinsparungen, weil Beschichtungen damit schnell, effizient und ohne weitere Vor- oder Nachbehandlung machbar sind. Das LIFT-Verfahren sei auf ein breites Materialspektrum mit verschiedensten Eigenschaften hinsichtlich der Stöchiometrie, Kristallstruktur und elektrischen Leitfähigkeit anwendbar, erklärte Ara-Coatings-Experte Dr. Ralph Domnick. Er betonte die Skalierbarkeit und Flexibilität. So seien damit Schichtdicken von etwa 0,5 µm bis 5 µm sowie feinste Leiterbahnen von nur 12 µm Breite umsetzbar. Hinzu komme eine beeindruckende Beschichtungsgeschwindigkeit: eine Fläche von einem Quadratmeter lasse sich trotz der Präzision in nur drei Minuten komplett beschichten.

Laserbasierte Oberflächenbeschichtung und -reparatur

Das gezielte Aufbringen von Funktionsschichten, um Oberflächeneigenschaften von Bauteilen nur genau dort zu verändern, wo es in der jeweiligen Applikation erforderlich ist – oder auch um Verschleiß- und Schadstellen zu reparieren – war ein weiterer Schwerpunkt des AKL’24. Dr. Ralph Delmdahl, Senior Product Marketing Manager bei der Coherent LaserSystems GmbH & Co. KG in Göttingen, widmete seinen Vortrag einem innovativen Laserverfahren zur Massenproduktion von Hochtemperatursupraleiter-(HTS)-Tapes: Mit der Pulsed Laser Deposition (PLD) lassen sich kristalline Dünnfilme in exakt kontrollierter Materialzusammensetzung auftragen. Dafür steht ein breites Spektrum an Oxiden, Nitriden, Carbiden, Sulfiden, Polymeren und 2D-Materialien bereit. Sie lassen sich per PLD unter anderem zu mikrometerdünnen Monoschichten verarbeiten, deren Dichte, Morphologie und weitere Parameter über die Lasereinstellungen variierbar sind. Als Laser dienen Excimerlaser mit hohem Energieoutput im ultravioletten Wellenlängenbereich. Mit dem PLD-Verfahren hergestellte HTS-Tapes gelten laut Delmdahl unter anderem als Game-Changer in Anwendungen wie der Magnet-Kernfusion in TOKAMAK-Reaktoren.

Der laserbasierte Materialauftrag dient nicht nur zur Beschichtung, sondern auch zur Reparatur. Beispiele dafür lieferte auf dem AKL’24 unter anderem Dr. Johannes Finger von der Aachener IIC-AM GmbH, die zur global agierenden Makino Group gehört. Er hob in seinem Vortrag zur „Hochgeschwindigkeits-Laser-Material-Deposition (HSLMD)“ die hohe Geschwindigkeit des laserbasierten Auftrags von Pulvermaterialien hervor, die mit effizienter Prozessführung und hoher Materialausnutzung sowie mit minimaler thermischer Belastung der reparierten Bauteile einhergehe. Diese Methode eigne sich besonders für Anwendungen, in denen es auf eine hohe Materialqualität und präzise Kontrolle der Mikrostrukturen ankomme. Unter anderem zeigte er Multimaterialbauteile sowie Reparatureinsätze an Impellern und Turbinenschaufeln. Makino hat das Verfahren unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer ILT entwickelt.

Digital gesteuerte Bauteilreparatur

Das eng verwandte Direct Energy Deposition (DED)-Verfahren stand im Fokus weiterer AKL-Vorträge zu laserbasierten Reparaturprozessen. Hiroyuki Nagasaka demonstrierte unter dem Titel „Licht als Augen und als Werkzeug“ Produkte und Anwendungen von Nikon aus Japan. Durch die Kombination aus dem präzisen 3D-Materialauf- und -abtrag in Verbindung mit integrierten ebenfalls dreidimensionalen Messverfahren zur Echtzeit-Qualitätsüberwachung sei es möglich, komplexe Bauteile wie Turbinenschaufeln mit hoher Materialausnutzung zu reparieren und sie im stützstrukturfreien 3D-Druck mit minimiertem Nacharbeitsaufwand herzustellen. Nikon setzt dafür unter anderem auf die Präzision von UKP-Laserverfahren. Nagasaka nutzte den AKL'24 zur Präsentation der nächsten Generation von DED-Anlagen des Konzerns.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt der „Scan-Repair“ der DMG MORI Ultrasonic Lasertec GmbH. 3D-Scanner vermessen verschlissene oder beschädigte Bauteile, die in ein 5-Achssystem eingespannt einen definierten Scanprozess durchlaufen. Die ermittelten Daten werden mit CAD-Daten der Teile abgeglichen, um den Reparaturbedarf zu ermitteln und umgehend die passende Reparaturstrategie abzuleiten. Zur Ausführung dient ein DED-Prozess, in dem ein 3,5-kW-Laser das aus Düsen strömende Metallpulver schichtweise auf den Schadstellen aufschmelzt. Hierbei zeichnet ein Kamerasystem zur Qualitätskontrolle die Emissionen des Schmelzbades auf. Nach dem Laserauftrag folgt in dem hybriden Prozess eine mechanische Bearbeitung, um die exakte Bauteilkontur und erforderliche Oberflächengüte herzustellen.

Laserbasierte Reparatur und Aufbereitung

Die Reparatur und Aufbereitung von verschlissenen und beschädigten Bauteilen ist nachhaltig, schont Ressourcen und gilt als wichtige Voraussetzung für den Einstieg in die Kreislaufwirtschaft. Dr. Gentry Wood von Apollo-Clad Laser Cladding aus Edmonton, Kanada, erläuterte in seinem Vortrag „LMD für die Herstellung, Reparatur und Verbesserung komplexer Bauteile“ die eigene Laserbearbeitungstechnologie. Ursprünglich bediente Apollo Clad vor allem die Mineralöl- und Erdgaswirtschaft. Doch mittlerweile fragen immer mehr Kunden aus der Landwirtschaft nach Reparaturen und ultraharten Beschichtungen. Wood berichtete in seinem AKL-Vortrag, wie das Unternehmen durch das Anpassen der Prozessparameter beim Bearbeiten von Wolframkarbid in einer Ni-Cr-B-Si-Matrix für diese Zielgruppe deutlich bessere Ergebnisse brachte. „Die veränderte Legierung ist zwar weniger hart, dafür aber günstiger und der Bearbeitungsprozess ist schneller. Auch die Neigung zur Rissbildung ist verringert“, erklärte Wood.

Ähnlich argumentierte Josh Barras vom TWI Technology Centre aus Catcliffe (UK). Sein Vortrag „Anwendungen und Fallbeispiele für funktionale Oberflächen mittels Extreme High Speed Laser Material Deposition“ hob die Vorteile des EHLA-Verfahrens für Reparaturprozesse hervor. „Die Geschwindigkeit des mittlerweile weithin etablierten Verfahrens bietet wirtschaftliche Vorteile und macht es für viele Anwendungen interessant“, erklärte er in seinem Vortrag.

Nächste Veranstaltung

Der nächste AKL - International Laser Technology Congress“ wird vom 22.-24. April 2026 in Aachen stattfinden.

 

 

  • Ausgabe: Oktober
  • Jahr: 2024
  • Autoren: Redaktion
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