Deutschland im Zentrum der europäischen Energiewende

(Grafik: Forschungszentrum Jülich)
  • Titelbild: (Grafik: Forschungszentrum Jülich)

Ende Oktober 2024 stellten Jülicher Expertinnen und Experten eine Studie vor, in der untersucht wurde, wie sich die europäische Energiewende erreichen lässt. In einer zeitlich und räumlich hoch aufgelösten Studie zeigen sie, wie Europa seine Potenziale am besten nutzen kann. Die Studie beruht auf detaillierten Berechnungen mithilfe der von den Jülicher Systemforschern eigens für diese Aufgabe entwickelten Soft-waresuite Ethos zur Energiesystemmodellierung.

Das Ziel: Treibhausgasneutralität 2050. Mit dem Green Deal haben sich die europäischen Staaten zur Energiewende verpflichtet. Wie sich das erreichen lässt, hat ein Team der Jülicher Systemanalyse des Forschungszentrums Jülich untersucht.

Wichtige Erkenntnisse: Kernkraft wird nur eine Rolle spielen, wenn die Investitionskosten deutlich sinken. Globale Wasserstoffimporte gewinnen nur dann eine größere Bedeutung, wenn der Ausbau an Erneuerbaren und Netzkapazitäten schleppend verläuft – oder kurzfristig Importpreise von unter 3 Euro pro Kilogramm zu erwarten sind.

Windkraft- und Photovoltaikanlagen werden die Hauptquellen der zukünftigen europäischen Energieversorgung sein. Im Jahr 2030 erreicht ihr Anteil 60 Prozent, im Jahr 2050 über 90 Prozent. Kernkraftwerke mit europäischen Sicherheitsstandards werden als Option diskutiert. Die Analysen der Jülicher Expertinnen und Experten haben jedoch ergeben, dass diese im Vergleich mit Photovoltaik und Windkraft nicht wettbewerbsfähig sind – auch unter Berücksichtigung der Speicher- und erhöhten Transportkosten, solange die realen Investitionskosten von Kernkraftwerken nicht unter 6600 Euro pro Kilowatt liegen. Fusionskraftwerke sind nicht weiter betrachtet worden, da die technische Reife der Technologie erst nach Umsetzung des Green Deals erreicht werden wird.

Wasserstoff wird essenziell

Durch die Berücksichtigung weiterer Prozesse und der Dekarbonisierung des Luft- und Schiffsverkehrs ergibt sich ein deutlich höherer Wasserstoffbedarf als in bisherigen Studien. Während der Bedarf der chemischen Industrie mit jährlich etwa 42 Megatonnen im Jahr 2050 weitgehend übereinstimmend geschätzt wird, führt der europarelevante Luft- und Schifffahrtsverkehr zu einer Steigerung um 30 Megatonnen pro Jahr – unter anderem für den Einsatz von grünen Kraftstoffen. Bezogen auf Deutschland erhöht sich dadurch der Wasserstoffbedarf um die Hälfte.

Der Bedarf an Strom und Wasserstoff kann durch Europa selbst kosteneffizient gedeckt werden, fanden die Jülicher Forscherinnen und Forscher heraus. Europa hat damit theoretisch die Option, seine eigene Versorgung sicherzustellen, ohne auf Importe aus anderen Ländern angewiesen zu sein.

Die europäische Wasserstofferzeugung ist bis zu einem Importpreis von 3,20 Euro pro Kilogramm im Jahr 2030 konkurrenzfähig. Das gilt, solange der Ausbau der erneuerbaren Energien planmäßig verläuft. Anderenfalls wird der Import von grünem Wasserstoff oder dessen Produkten nötig werden.

Um die Sicherheit der Energieversorgung zu garantieren, müssen Flexibilitäten und Speicher im System vorhanden sein. Wasserstoff stellt die saisonale Speicherung in Europa sicher. Bereits bestehende Untergrundspeicher für Erdgas können für die Speicherung von Wasserstoff weitergenutzt werden. Dennoch wird der Neubau von mehr als 50 Terawattstunden zusätzlicher Speicherkapazität in Europa notwendig, was einem Zubau von etwa 200 Salzkavernen entspricht.

Deutschland wird Wasserstoff-Importeur

Deutschland als Europas größte Industrienation wird in Zukunft den größten Bedarf an Strom und an Wasserstoff haben, mit Anteilen von 11 Prozent am Gesamtstrombedarf – unter Berücksichtigung des Strombedarfs zur Wasserstoff-, Wärme- und Kraftstofferzeugung – und 21 Prozent am Gesamtbedarf für Wasserstoff. Die auf 2045 vorgezogene Treibhausgasneutralität in Deutschland befeuert den Ausbau der erneuerbaren Energien auch in den anderen europäischen Ländern durch zusätzlich entstehende Strom- und Wasserstoffimporte nach Deutschland. Dabei wird Deutschland 35 Prozent seines Strombedarfs und 80 Prozent seines Wasserstoffbedarfs importieren, wodurch der Ausbau zusätzlicher Kuppelkapazitäten von 90 Gigawatt für Strom und 200 Gigawatt für Wasserstoff notwendig werden. Die mittleren Stromgestehungskosten innerhalb Deutschlands werden im Jahr 2030 etwa 7 Cent pro Kilowattstunde und im Jahr 2050 etwa 5 Cent pro Kilowattstunde betragen. Mittlere Wasserstofferzeugungskosten innerhalb Deutschlands können für das Jahr 2050 mit etwa 3 Euro pro Kilogramm abgeschätzt werden.



  • Ausgabe: Januar
  • Jahr: 2025
  • Autoren: Redaktion
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