Trotz wachsender Mengen an Alt-Solarmodulen, die erhebliche Mengen an wichtigen Rohstoffen binden, hat sich bisher kein Recyclingverfahren für ausgemusterte Photovoltaik durchsetzen können. Hauptgründe sind hohe Kosten und technische Herausforderungen. Ägyptische Wissenschaftler haben in der Studie ‚End Of Life Management Of Solar Panels' [1] nun eine neue Bauweise für reparaturfähige Module vorgeschlagen, die diese Probleme teilweise lösen könnte.
Despite the growing number of old solar modules, which bind significant amounts of important raw materials, no recycling process for end of life photovoltaics has yet been established. The main reasons are high costs and technical challenges. In the study ‚End Of Life Management Of Solar Panels' [1], Egyptian scientists have now proposed a new design for repairable modules that could at least partially solve these problems.
Die Energiewende und die weltweit wachsende Nutzung von Photovoltaik (PV) haben neben dem Flächenverbrauch eine weitere ökologische und ökonomisch bedenkliche Kehrseite offenbart: Rund drei Jahrzehnte nach dem Eintritt der PV-Technik in den Massenmarkt gelangen inzwischen Jahr für Jahr zahlreiche Solarmodule an ihr ‚Lebensende'. Die Marktforscher von Rystad Energy [2] gehen davon aus, dass ab 2040 weltweit rund 27 Mio. t Solarmodul-Abfälle pro Jahr anfallen werden. Einige Gründe für diese sich auftürmenden PV-Müllberge: Reparaturen einzelner Zellen gelten als unpraktikabel, trotz zahlreicher Laborversuche ist das Recycling solcher ausgemusterten Module bis heute eine Ausnahme geblieben. Meist bleibt es beim bloßen Zerkleinern alter Module im Spezialhäcksler. Dies bindet weltweit Silicium, Aluminium, Seltene Erden und andere Wertstoffe, belastet zudem die Abfallbilanzen.
Entsorgungstechnologien mit zahlreichen Problemen behaftet
„Die für ausgediente Solarmodule angewandten Behandlungs- und Entsorgungstechnologien sind mit zahlreichen Problemen behaftet“, argumentieren E. El-Fayome, A. EL-Shazly, Mohamed A. Abdelhamed, M. Abouelatta-Ebrahim und Abdelhalim Abdelnaby Zekry von der Ain Shams University Kairo, der El-Shorouk Academy und vom El Gezira Higher Institute Kairo in ihrer Studie. „So führt der Zerkleinerungsprozess zu Lärmbelästigung, gefährlicher Gasentwicklung und enormen Staubmengen, einschließlich Glasfasern und Klebstoff.“
Ein typisches PV-Modul aus kristallinem Silicium ist zusammengesetzt aus einem Aluminiumrahmen, gehärtetem Glas als Schutz vor Umwelteinflüssen, Ethylen-Vinylacetat-Co-Polymeren (EVA) [3], einer Rückwandplatte aus Tedlar Polyester Tedlar (TPT), SiO2-Kieselgel sowie den Elementen Silicium, Selen, Cadmium, Gallium, Tellur, Indium als Funktionsmaterialien, außerdem Abzweigdosen, Gehäusekörper, Kabel und Steckern, meist aus Kupfer oder Kunststoff. Laut früheren Untersuchungen verteilen sich die Gewichtsanteile dabei folgendermaßen: 54,7 % Glas, 12,7 % Aluminium, 10 % Dichtungskleber, 3,1 % Silicium und 19,5 % sonstige Materialien [4]. Diese stark miteinander verbundenen Materialien am ‚Lebensende' (End of Life, kurz: EoL) des Solarmoduls zurückzugewinnen, hat sich als technologisch prinzipiell lösbare, aber wirtschaftlich schwierige Herausforderung erwiesen. Im Grundsatz kann die Trennung von Solarmodulen durch Wärmebehandlung, künstliche Demontage oder organische Lösungsmittel erfolgen. Wiederverwendbare Kunststoffe, Aluminium, Glas und Silicium lassen sich durch chemische und physikalische Verfahren recyceln.
Zunächst gilt es dabei, die einzelnen Komponenten zu trennen. Die Antireflexions-Folie beispielsweise lässt sich nach zehntägigem Eintauchen in Trichlorethylen bei 80 ºC schmelzen und ablösen, um die Siliciumplatte im Modul zurückzugewinnen. Generell gibt es eine Tendenz hin zur wärmegestützten und chemischen Trennung. Dabei wird das kristalline Silicium in drei Schritten behandelt: Zunächst werden die Al-Elektroden auf der Rückseite der Platten mit einer Natriumhydroxidlösung entfernt. Danach wird eine Salpeterlösung verwendet, um die silberne Anodengitterlinie zu entfernen. Um das hochreine Polysilizium zu recyceln, werden schließlich alle Antireflexionsreflektoren auf der Siliciumoberfläche mit einer Fluorwasserstofflösung (HF) entfernt. Interessant für eine Rückschleusung in die Stoffkreisläufe sind anschließend vor allem das Silicium, Edelmetalle, Seltene Erden und andere Elementegruppen. Cadmium (Cd) und Tellur (Te) beispielsweise kann man mit Ionenaustauscherharzen abtrennen, die in einer schwefelsauren Lösung auf die Metalle wirken [5]. Kupfer (Cu) und Selen (Se) lassen sich von der Kathodenplatte durch Oxidation und Destillation abtrennen. Auch für die Rückgewinnung von Indium-Sauerstoff (InO) und Zinkoxid (ZnO) gibt es Verfahren, die im Labormaßstab befriedigend funktionieren. Allerdings entstehen bei einigen dieser Verfahren flüssige organische Abfälle, die neue Entsorgungsprobleme aufwerfen. Auch sind viele der eingesetzten Chemikalien vergleichsweise teuer [6]. Daher haben bisher nur wenige Solarmodul-Hersteller großformatige Recyclinganlagen in Betrieb genommen. Dazu gehörten seinerzeit die Solarworld-Tochter ‚Deutsche Solar' sowie einige chinesische Hersteller. Ein breiter Industrieeinsatz steht weiter aus.
Zudem gilt unter ökologischen Gesichtspunkten ohnehin eine andere Option als vorgeschaltete Präferenz-Lösung: Wenn sich Solarmodule künftig leichter (oder überhaupt) reparieren lassen, weitet sich auch ihre Nutzungsdauer deutlich aus. In der Praxis gibt es mehrere Faktoren, die dazu führen, dass Solarmodule im Laufe der Jahre an Ausbeute und Leistung verlieren. So degeneriert beispielsweise die auf das Glas aufgetragene Antireflexbeschichtung aus farblosem EVA durch Witterungseinflüsse. Dies wiederum schmälert den Energieertrag. Auch fallen früher oder später einzelne Solarzellen in den Modulen aus. Begünstigt wird dies durch häufige Belastungszyklen durch Wind, Schnee oder Temperaturschwankungen, durch Defekte an den Kontakten, Glasbruch, Risse in den Solarzellen und Probleme mit den Dioden [7]. Diese Feinstruktur-Defekte lassen sich aber bisher nicht mit betriebswirtschaftlich vernünftigem Aufwand reparieren: Handelt es sich nicht gerade um Beschädigungen an äußeren Bauteilen oder Kontaktierungen, ist der Austausch des kompletten Moduls der Regelfall.
Die neue Modulbauweise
Um diese unbefriedigende Sachlage zu ändern, sollte das End-of-Life-Management bereits in die Konstruktions- und Produktionsweise neuer Solarmodule einfließen, um sie reparaturfähig und wiederverwertbar zu machen, zeigt eine neue Studie. E. El-Fayome, A. EL-Shazly, Mohamed A. Abdelhamed, M. Abouelatta-Ebrahim und Abdelhalim Abdelnaby Zekry von der Ain Shams University Kairo, der El-Shorouk Academy und vom El Gezira Higher Institute Kairo schlagen darin [8] einen neuartigen Aufbau für Solarmodule vor. Diese neuen Module sollen neben den Funktionsschichten aus Silicium aus folgenden Komponenten bestehen: Glas-Schutzhülle, eine gedruckte Leiterplatte als Substrat, außerdem Silber, Epoxid und Zinn als Kleb- und Sichtstoffe, dazu noch Lötdrähte, Aluminium und Gummi. Dabei sind laut Studie folgende Verfahrensschritte einzuhalten:
- Zellsortierung: Die Zellen werden getestet und mit analogen elektrischen Eigenschaften klassifiziert, dann wird für alle Zellen ein Kupferstreifen auf die Vorderseite geklebt.
- Substratvorbereitung in zwei Hauptschritten. 1. Schritt: Reinigung des Substrats von allen Verunreinigungen, die die Leistung der Solarzellen beeinträchtigen können. 2. Schritt: Leiterplatte in gleich große leitfähige Zonen unterteilen, deren Fläche etwa der halben Zellengröße entspricht und die voneinander elektrisch isoliert sind, um eine Reihenschaltung ohne Kurzschlüsse zu sichern.
- Klebeprozess: Solarzellen auf PCB-Substrat kleben und 1 g leitfähiges Silber-Epoxid auf die Rückseite jeder Zelle extrudieren. Innerhalb von fünf Minuten die Zelle vorsichtig auf dem Substrat in 0,5 cm Abstand an einer leitfähigen Zone platzieren, um die Kupferstreifen der vorherigen Zelle damit zu verbinden, damit alle Zellen in Reihe geschaltet werden können, und eine Stunde härten lassen.
- Löten: Die andere Seite des Tabbing-Drahtes für jede Zelle an das leitende Teil der nächsten PCB-Zone löten, um die Zellen in Reihe zu schalten.
- Sichtprüfung: Um sicherzustellen, dass der Stromkreis richtig angeschlossen ist, wird er visuell überprüft.
- Zusammenbau: Der Stapel aus Aluminiumrahmen, Gummiplatten, Glas, Substrat mit Solarzellen und Epoxid wird zusammengesetzt.
- Verkapselung: Die Kanten der Oberfläche werden gesäubert, die Ausgangsleitungen angebracht, Gummistreifen mit Epoxid auf die Substratkanten geklebt, und nach einer Stunde werden Glas und Leiterplatte im Aluminiumrahmen zusammengefügt.
- Endmontage: Versiegelung der Kanten des Aluminiumrahmens mit Silikonharz.
Testergebnisse: Elektrische Kennwerte ähnlich, Ausbeute etwas niedriger
Die Studienautoren haben dieses neue Modul-Design getestet, mit einem klassischen Solarmodul verglichen und sind zu diesen Ergebnissen gekommen: Im Beleuchtungstest kamen beide Module auf vergleichbare Stromstärken und Spannungen. Eine anschließende thermische Prüfung ergab allerdings, dass je nach Umgebungsbedingungen die Betriebstemperatur der neuen reparaturfähigen Module zwischen 1 und 5,7 Kelvin höher liegt als beim klassischen Modul. Dies mindert die Ausbeute um 0,65 % pro Kelvin.
Neue Module mindern auf lange Sicht den Wertverlust
Dennoch überwiegen nach Einschätzung der Studienautoren die Vorteile der neuen Bauweise: „Der Hauptvorteil unseres Moduls besteht darin, dass es den Austausch beschädigter oder gebrochener Komponenten von Solarmodulen erleichtert.“ Ein weiterer Vorteil des vorgeschlagenen Moduls bestehe darin, „dass es bestehende Solarmodule und -anlagen auf die neueste Solarzellentechnologie aufrüstet und damit sowohl privaten als auch gewerblichen Nutzern sowie den Installateuren und anderen Solarenergieanbietern neue Anreize bietet.“
Referenzen
[1] E. El-Fayome, A. EL-Shazly, Mohamed A. Abdelhamed, M. Abouelatta-Ebrahim und Abdelhalim Abdelnaby Zekry: ‚End Of Life Management Of Solar Panels', Conference Paper 40th National Radio Science Conference, May 2023, DOI: 10.1109/NRSC58893.2023.10152958 (Abruf: 3.12.2024).
[2] ‚Reduce, reuse: Solar PV recycling market to be worth $2.7 billion by 2030', Rystad Energy, https://www.rystadenergy.com/news/reduce-reuse-solar-pv-recycling-market-to-be-worth-2-7-billion-by-2030 (Abruf: 3.12.2024).
[3] https://www.rct-online.de/de/RctGlossar/detail/id/28 (Abruf: 3.12.2024).
[4] Z. X. Cheng, and X. L. Wang, ‚The expatiates of the solar energy photovoltaic cell', Information Recorded Material, 8, pp. 41-47, 2007.
[5] W. Wang und V. Fthenakis, ‚Kinetics study on separation of cadmium from tellurium in acidic solution media using ion-exchange resins', Journal of hazardous materials, 125(1-3), pp. 80-88, 2005.
[6] R. A. Sasala, J. Bohland und K. Smigielski, ‚Physical and chemical pathways for economic recycling of cadmium telluride thin-film photovoltaic modules', Conference Record of the Twenty Fifth IEEE Photovoltaic Specialists Conference, pp. 865-868. IEEE, Mai, 1996.
[7] A. El-Shazly, A. Zekry, M. El-Koosy und M. Farid, ‚Three flat plates terrestrial (3FPT) module fabrication and testing', Renewable energy, 23(3-4), pp.509-523, 2001.
[8] E. El-Fayome, A. EL-Shazly, Mohamed A. Abdelhamed, M. Abouelatta-Ebrahim und Abdelhalim Abdelnaby Zekry, ‚End Of Life Management Of Solar Panels', Conference Paper 40th National Radio Science Conference, May 2023, DOI: 10.1109/NRSC58893.2023.10152958 (Abruf: 3.12.2024).