Fluorierte Verbindungen sind aufgrund ihrer schädlichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu einem kritischen Thema geworden. Dies ist auch der Europäischen Union bewusst, die zunehmend strengere Vorschriften erlässt. Polysaccharide, insbesondere Chitosan, gewinnen als potenzielle Alternativen zu fluorierten Substanzen an Bedeutung, da sie sich vielseitig chemisch modifizieren lassen und die Fähigkeit besitzen, Filme zu bilden. In unserer Forschung haben wir die chemische Modifizierung von Chitosan mit Fettsäureketten untersucht, gefolgt von einer lösungsmittelfreien Abscheidung auf Glas und Textilien. Dabei wurden physikalisch-chemische Eigenschaften der modifizierten Beschichtung analysiert, und sie wurde auf Haltbarkeit, biologische Abbaubarkeit und Toxizität getestet.
The replacement of fluorinated compounds has become a critical issue due to their harmful effects on both human health and the environment, a concern acknowledged by the European Union, which is enacting progressively stringent regulations. Polysaccharides, particularly chitosan, are gaining attention as potential alternatives to fluorinated substances, thanks to their versatility in chemical modification and ability to form films. In our research, we explored the chemical modification of chitosan with fatty acid chains, followed by a solvent-free deposition on glass and fabrics. The physicochemical properties of the resulting coating were analyzed to confirm the successful modification and tested in its durability, biodegradability and toxicity.
Superhydrophobe und selbstreinigende Oberflächen sind von entscheidender Bedeutung für Anwendungen wie Energiesysteme, Elektronik, Gebäudefassaden und Antifouling. Oberflächen, die von natürlichen Vorbildern wie Lotusblättern inspiriert sind, erreichen hohe Kontaktwinkel und niedrige Abrollwinkel, indem sie Hydrophobie mit nano- und mikrometrischen Strukturen kombinieren. Trotz der Fortschritte in der Mikro- und Nanotechnik basieren die meisten superhydrophoben Technologien immer noch auf Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS), die Gesundheits- und Umweltrisiken bergen. Angesichts der zunehmenden EU-Vorschriften für PFAS werden sicherere Alternativen benötigt.
Chitosan, ein aus Chitin gewonnenes Polysaccharid, ist aufgrund seiner mechanischen Eigenschaften, seiner biologischen Abbaubarkeit und seiner leichten Modifizierbarkeit ein vielversprechender Kandidat. Da Chitin nach Cellulose das zweithäufigste Polysaccharid und Hauptbestandteil der Krallen bzw. Scheren von Krebs- und Krustentieren ist, kann Chitosan als Möglichkeit zur Wiederverwendung von Abfallderivaten aus der Aquakultur genutzt werden.
Abb 1.: PFAS-freie hydrophobe Beschichtung auf Chitosanbasis. Chitosan wird aus Chitin gewonnen, dem zweithäufigsten Polysaccharid der Erde, das aus Abfällen der Aquakultur gewonnen wird. Chitosan wird chemisch modifiziert und mit einem lösungsmittelfreien Verfahren abgeschieden, um Transparenz und Superhydrophobie zu gewährleistenIm Labor für Oberflächentechnik und Fluidgrenzflächen (SEFI Lab) der Universität Mailand-Bicocca wurde eine chitosanbasierte, PFAS-freie Beschichtung entwickelt und auf Glas [1] und Textilien [2] aufgetragen. Durch chemische Modifizierung des Chitosan und eine lösungsmittelfreie Abscheidung wurden Transparenz und Superhydrophobie erzielt, wobei sowohl die Leistung als auch Umweltbelange berücksichtigt werden (Abb. 1). Der Prozess zur Modifizierung der Chitosan-Funktionalität beginnt mit Veresterungs- und sekundären Amidbildungsreaktionen unter Verwendung von Stearoylchlorid, gefolgt von Reinigung und Gefriertrocknung. Das modifizierte Chitosanpulver wird dann mithilfe einer lösungsmittelfreien Technik auf Glasobjektträgern oder Textilien abgeschieden, wobei das Pulver durch ein 100 µm Metallgitter gesiebt und einer Wärmebehandlung bei 150 °C unterzogen wird. Zur Analyse der Chitosan-Modifizierung und der daraus resultierenden Beschichtung wurden verschiedene Charakterisierungsmethoden eingesetzt, darunter Molekulargewichtsverteilung, 1H-NMR, 13C-DD-MAS-Festkörper-NMR, Infrarotspektroskopie (FTIR), thermogravimetrische Analyse (TGA), Kontaktwinkelmessung und Rasterelektronenmikroskopie (REM).
Auf Glassubstraten wurde die Transparenz mittels UV-Vis-Analyse und die Haltbarkeit durch Abriebfestigkeit, Kontakt mit Wasser und sauren Umgebungen sowie Klebebandtests bewertet. Durch Anpassung der Menge an modifiziertem Chitosan während der Ablagerung können Beschichtungen mit unterschiedlicher Hydrophobizität und Transparenz erzeugt werden. Eine Chitosanmenge von 3,2 mg/cm2 bietet das optimale Gleichgewicht zwischen hoher Hydrophobizität und Transparenz.
Bei Stoffen sorgte eine Ablagerung von nur 1,6 mg/cm2 auf Polyester und Celluloseacetat für Superhydrophobie und Wasser-, Kaffee-, Saft- und Farbstoffabweisung.
Eine REM-Analyse von Glas und Stoffen zeigt, dass das gefriergetrocknete modifizierte Pulver eine Lamellenstruktur aufweist und die Beschichtungsdicke zunimmt, je mehr Chitosan abgelagert wird. Die Superhydrophobie wird durch die Rauheit in zwei Größenordnungen verstärkt, die auf die faserige Form des modifizierten Chitosans zurückzuführen ist. Haltbarkeitstests, die an Glas durchgeführt wurden, zeigen, dass die Beschichtungen gut gegen Abrieb, Wasser und saure Umgebungen beständig sind. Bei Textilien erwies sich die Beschichtung über mehrere Waschgänge hinweg als haltbar, während sie sich bei sehr intensiver UV-Strahlung und einem Reißtest verschlechterte. Darüber hinaus haben wir die effektive biologische Abbaubarkeit der Beschichtung nachgewiesen, was bestätigt, dass die chemische Modifizierung von Chitosan seine biologische Abbaubarkeit nicht verändert. Schließlich haben wir die hervorragende Biokompatibilität der Beschichtung auf menschliche Keratinozyten und Fibroblasten nachgewiesen, was einen sicheren Kontakt mit der Haut ermöglicht.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass diese Arbeiten die erfolgreiche Entwicklung einer PFAS-freien Beschichtung auf Chitosanbasis zeigen, die auf Glas und Textilien aufgetragen wird und eine hervorragende Wasserabweisung bietet. Weitere Verbesserungen könnten sich auf die Optimierung der mechanischen Eigenschaften der Beschichtung und der Lichtdurchlässigkeit durch Anpassung der Oberflächenmorphologie oder Zugabe von Vernetzern konzentrieren. Diese Arbeit trägt zur Entwicklung von biologisch gewonnenen Polysaccharidmaterialien bei, die eine nachhaltige Alternative zu herkömmlichen ölbasierten Polymeren bieten und eine nachhaltigere Kreislaufwirtschaft unterstützen. Diese Erkenntnisse ebnen den Weg, um die Anwendbarkeit polysaccharidbasierter Materialien auf andere Sektoren auszuweiten – darunter Halbleiter und Elektronik, die auf die weit verbreitete Verwendung von PFAS angewiesen sind.
Referenzen
[1] Tagliaro, I., Seccia, S., Pellegrini, B., Bertini, S., & Antonini, C. (2023). Chitosan-basierte Beschichtungen mit einstellbarer Transparenz und Superhydrophobie: Ein lösungsmittel- und fluorfreier Ansatz durch Stearoylderivatisierung. Carbohydrate Polymers, 302, 120424.
[2] Tagliaro, I., Mariani, M., Akbari, R., Contardi, M., Summa, M., Saliu, F., ... & Antonini, C. (2024). PFAS-freie superhydrophobe Chitosanbeschichtung für Textilien. Carbohydrate Polymers, 333, 121981.
Master of Science der Chemie und Doktor der Materialwissenschaften. Ich arbeite im SEFI Lab (Surface Engineering and Fluid Interfaces) der Universität Mailand-Bicocca als Assistenzprofessor. Meine Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Beschichtungen, Biopolymere und nachhaltige technische Materialien.
Name: Irene Tagliaro
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Einrichtung: Universität Milano-Bicocca
Webseite: www.unimib.it/irene-tagliaro
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Master of Science der Luftfahrttechnik (2007) und des Wirtschaftsingenieurwesen (2011). Im Jahr 2018 wechselte ich zum Fachbereich für Materialwissenschaften an der Universität Mailand-Bicocca, wo ich als außerordentlicher Professor das Labor für Oberflächentechnik und Flüssigkeitsgrenzflächen (SEFI Lab) leite.
Name: Carlo Antonini
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Einrichtung: Universität Milano-Bicocca
Webseite: en.unimib.it/carlo-antonini
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