Die Miniaturisierung elektronischer Baugruppen hat in den letzten Jahren Technologien – u. a. In-Mould- und Printed-Electronics – hervorgebracht, mit denen elektronische Komponenten direkt in das nichtleitende Polymer-Trägermaterial eingebracht werden oder elektronische Strukturen aufgedruckt werden. Wie in der gesamten Elektronikindustrie stellt sich auch bei diesen Baugruppen die Frage, wie nach dem Ende der Lebensdauer die Baugruppen in ihre Bestandteile zerlegt werden und diese dann wiederverwertet werden können. Bei polymerintegrierter Elektronik war dies bislang nahezu unmöglich.
In recent years, the miniaturisation of electronic assemblies has given rise to technologies - including in-mould and printed electronics - with which electronic components are incorporated directly into the non-conductive polymer carrier material or electronic structures are printed on. As in the electronics industry as a whole, the question arises as to how these assemblies can be broken down into their components at the end of their service life and then recycled. In the case of polymer-integrated electronics, this has been virtually impossible until now.
Elektrischer Widerstand während der Biegeversuche – Anstieg des Widerstands während zyklischer Biegeversuche für Proben ohne (orange) und mit PVA-Schicht (blau)In einem Projekt mit dem Namen ‚Recyclable Integrated Electronics' (ReIn-E) forscht das Leibniz-Institut für Neue Materialien (INM) in Saarbrücken zusammen mit weiteren Partnern an recyclinggerechten Designs und nachhaltigen Materialien, die das Wiederverwerten der Komponenten ermöglichen. Dazu haben die Forscher eine Schicht entwickelt, die zwischen Polymer und Metall aufgebracht wird. Diese Trennschicht verbessert nicht nur die mechanischen Eigenschaften und damit die Lebensdauer des Bauteils, sondern vielmehr lassen sich danach Polymer und Metall ohne großen Aufwand wieder voneinander trennen und wiederverwerten.
Die Projektbeteiligten haben den Herstellungs- und den Recyclingprozess gedruckter Elektronik, genauer von Silberleiterbahnen auf Polycarbonat einerseits und andererseits von In-Mould-Elektronik, untersucht. Die Trennschicht, die in beiden Fällen direkt auf das Polymer aufgebracht wird, besteht aus Polyvinylalkohol (PVA). PVA ist gesundheitlich unbedenklich und wird bereits in Lebensmittel- oder Medikamentenverpackungen eingesetzt.
Herstellungs- und Recyclingprozess für Silberleitbahnen auf Polycarbonat (PC) als Basismaterial:
- Vor dem Druck der Leiterbahnen wird die PVA-Schicht ganzflächig mittels Schlitzdüse aufgebracht.
- Lufttrocknung ca. 10 Minuten
- Danach können die Silbertinten oder -pasten für die Leiterbahnen mittels Tintenstrahl- oder Siebdruck gedruckt werden.
- Eine thermische Nachbehandlung bei ca. 120 °C schließt den Prozess ab.
Die Forscher konnten zeigen, dass die Biegefestigkeit der so hergestellten Schaltungen besser ist als bei Schaltungen, die ohne die PVA-Trennschicht hergestellt wurden und dass sich die Struktur des Drucks bzw. das Druckbild auf PVA nicht ändert.
Für das Recycling wird die gesamte Schaltung in ein Wasserbad gegeben. Die Silberleiterbahnen lösen sich nach kurzer Zeit vom Polymer und lassen sich so wiederverwenden.
Separationsversuch – Trennung von Leiterbahnen und Substrat bei Kontakt mit Wasser ohne PVA-Schicht (links) und mit PVA-Schicht (rechts)
Prozess für integrierte In-Mould Elektronik:
- Ganzflächiges Aufbringen der PVA-Schicht auf Substrat und Trocknen wie oben
- Bedrucken mit Silberleiterbahnen mittels Siebdruck
- Ganzflächiges Aufbringen einer zweiten PVA-Schicht
- Thermische Verformung der Polycarbonatfolien mit dem PVA und den Silberleiterbahnen
- Aufbringen einer Polycarbonatschicht mittels Spritzguss zum Schutz der Leiterbahnen und der integrierten Bauteile
Da die Elektronik in diesem Fall mit nicht wasserlöslichem Polycarbonat umschlossen ist, wurde folgender Recyclingprozess entwickelt, der sich mit geringem Aufwand in etablierte Prozesse für das Recycling von Elektronikabfällen integrieren lässt:
- Schreddern der Bauteile in ca. 10 mm x 10 mm große Teile. Ziel ist, die wasserlösliche PVA-Schicht partiell freizulegen
- Auflösen der PVA-Zwischenschicht im Wasserbad (ca. 20 – 30 min)
- Separierendes Sieben und Filtern der abgelösten Silberleiterbahnen, anderer metallischer Komponenten und des Polycarbonats aus dem Wasserbad. So lassen sich 90-95 % der Materialien wiedergewinnen.
Neben der Entwicklung der Trennschicht widmet sich das INM im Projekt der Formulierung spezieller Pasten und Tinten für den Sieb- und Tintenstrahldruck. Es ergänzt damit die Projekt-Aufgaben der Partner aus Belgien und Deutschland: Die Hahn-Schickard-Gesellschaft für angewandte Forschung druckt Elektronik und testet Leistung sowie Stabilität der gedruckten und integrierten Materialien. Dabei stellt das Technologieforschungszentrum Sirris die integrierten Bauteile auf der Grundlage der entwickelten Designs und Materialien her. Schließlich entwickelt das auf ‚Urban Mining' spezialisierte Centre Terre et Pierre neue Verfahren zur Rückgewinnung der Metalle und Polymere.
Eine Vorabversion der Publikation zum Projekt ist hier abrufbar: https://pubs.rsc.org/en/Content/ArticleLanding/2024/SU/D4SU00092G (Abruf: 3. Juni 2024).