In diesem Artikel beschreiben wir die Vorteile der Verwendung, die wesentlichen Anforderungen an das Design und die kritischen Eigenschaften von unlöslichen Titan-Mischmetalloxid-Anoden bei der Herstellung von Leiterplatten.
Unlösliche vs. lösliche Anoden in der Galvanisierung von Leiterplatten
Bei der Herstellung von Leiterplatten ist die Verkupferung ein Schlüsselprozess, um die leitfähigen Muster und Durchkontaktierungen zwischen den verschiedenen Schichten herzustellen. Traditionell besteht die Verkupferung aus einem ersten stromlosen Verkupferungsschritt, gefolgt von einer elektrolytischen Verkupferung. Die Kupfergalvanisierung wird in einer Elektrolysezelle durchgeführt, die einen sauren Elektrolyten enthält, wobei die Leiterplatte die Kathode bildet und eine lösliche Kupferplatte oder ein unlösliches Metall als Anode dient. Viele Leiterplattengalvanisierungen verwenden unlösliche Titan-Mischmetalloxid-Anoden, da sie mehrere Vorteile gegenüber löslichen Anoden haben (Milad, 2019):
- Sie bieten konstante Anodenbedingungen, da sie stabil sind und ihre Geometrie nicht verändern
- Sie sorgen für eine gleichmäßige Verteilung der Kupferschicht, was zu einer besseren Qualität der Leiterplatten führt
- Sie sind leichter und daher einfacher zu installieren
- Keine Dummy-Plattierung erforderlich, um die Anode zu „aktivieren” (Kupferoxidfilmbildung)
- Sie erfordern kaum Wartung und es gibt keine Bildung von Anodenschlamm (ein Umweltvorteil)
- Sie ermöglichen den Betrieb bei höheren Stromdichten und damit höheren Leiterplattenleitungsdurchsätzen
Die Verwendung von unlöslichen Anoden hat aber auch Nachteile:
- Eine externe Kupferquelle und ein System zur Zufuhr von Kupfer zum Elektrolyten werden benötigt
- Unter Sauerstoffentwicklungsbedingungen führen hohe Anodenpotenziale zu einem Zusatzstoffverbrauch (z. B. Aufheller und Nivellierer)
Anoden auf Basis von Mischmetalloxid werden in vertikalen und horizontalen Leiterplattengalvanikprozessen verwendet.
Verwendung von Titan-Mischmetalloxid-Anoden bei der vertikalen Verkupferung (VCP)
Beim vertikalen Verkupferungsprozess (Vertical Copper Plating oder kurz VCP) wird eine Anzahl von Leiterplatten gleichzeitig in einer vertikalen Anordnung plattiert, wobei sich die Anoden an gegenüberliegenden Seiten der Leiterplatte befinden. Die meisten VCP-Prozesse sind für die saure Verkupferung ausgelegt, d. h. der Elektrolyt besteht aus einer Lösung von Kupfersulfat (CuSO4) und Schwefelsäure (H2SO4). Die Reaktion an der unlöslichen Anode ist die Sauerstoffentwicklungsreaktion (Oxygen Evolution Reaction oder kurz OER). Angesichts des stark sauren und oxidierenden Potenzials ist eine stabile OER-Anode erforderlich. Daher besteht der unlösliche Anodenträger aus einem Titannetz oder einer Lochplatte. Die elektrische Leitfähigkeit, Duktilität, hohe Korrosionsbeständigkeit und akzeptable Kosten von Titan machen es zu einem geeigneten Anodenträger (Bewer, Debrodt, & Herbst, 1982). Der Titanträger ist mit einer katalytischen Beschichtung überzogen, typischerweise Iridium-Mischmetalloxid (Ir-MMO) (Hayfield, 1998). Diese Art der Beschichtung hat sich in vielen industriellen Prozessen bewährt, die eine stabile OER-Anode erfordern, wie z. B. Stahlbandplattierung, Elektrogewinnung von Metallen und kathodischer Korrosionsschutz. Zusätzlich erfordert die Leiterplattengalvanisierung im Vergleich zu diesen Anwendungen einen geringen Verbrauch an Elektrolytzusätzen. Diese Zusätze oder Additive verbessern die Kupferschicht. Daher wurden spezielle Ir-MMO-Beschichtungen entwickelt, die selektive Barriereschichten enthalten. Diese selektiven Barriereschichten ermöglichen die Sauerstoffentwicklungsreaktion (OER) auf dem Ir-MMO-Katalysator, reduzieren jedoch den Verbrauch von Additiven, indem sie verhindern, dass die Additive die oxidierenden Bedingungen an der Katalysatorschicht durch Größen- und/oder Ladungsausschluss erreichen. Im Labor wird der Additivverbrauch einer Ir-MMO-Anode in einer Haring-Zelle und unter Verwendung von Cyclic Voltammetric Stripping (CVS) gemessen (ECI Technology, 2021). Ein hoher Additivverbrauch führt zu hohen Betriebskosten der Leiterplattengalvanisierung, da Additive teuer sind und häufig ergänzt werden müssen.
Verwendung von Titan-Mischmetall-Anoden bei horizontaler Verkupferung
Beim HCP-Prozess (Horizontal Copper Plating) werden Leiterplatten in einem kontinuierlichen Modus hergestellt (z. B. von Platte zu Platte oder von Rolle zu Rolle). Das Uniplate-System von Atotech (Atotech, 2024) verwendet das Eisen-/Eisen-Ionen (Fe2+/Fe3+)-Redoxsystem an der Anode. Fe2+ wird an der Anode zu Fe3+ oxidiert. Zum Auffüllen des Fe2+ wird das gebildete Fe3+ in einem externen Modul mit Kupfermetall wieder in Fe2+ umgewandelt. Vorteile dieser Technologie sind das niedrige Anodenpotenzial, das die Sauerstoffentwicklung und damit die Blasenansammlung verhindert und den Additivverbrauch reduziert (Barthelmes, 2000). Auch für HCP bestehen Anoden aus Ti-Netz, das mit einem Ir-MMO-Elektrokatalysator beschichtet ist. Die Zusammensetzung der Ir-MMO-Beschichtung ist für die verschiedenen Anodenpotenziale des Fe2+/Fe3+-Redoxsystems optimiert.
Technische Herausforderungen
Neben einem geringen Additivverbrauch ist die Haltbarkeit der Anode entscheidend für niedrige Betriebskosten. Die Lebensdauer wird durch das Design der Anode und ihre Verwendung bestimmt und liegt typischerweise im Bereich von 1-2 Jahren. Die Lebensdauer von Ir-MMO-Anoden erhöht sich mit der Beladung des Elektrokatalysators. Mit nur 7-8 t pro Jahr ist Ir jedoch knapp (Johnson Matthey, 2024) und teuer (>150 €/g [Umicore, 2024]). Daher ist es entscheidend, seine Beladung zu verringern und gleichzeitig eine ausreichend lange und reproduzierbare Lebensdauer der Anode sicherzustellen. Die Lebensdauer wird je nach Verwendung der Elektrode durch verschiedene Mechanismen beeinflusst, die zum Anodenausfall führen können. Im Idealfall verschleißt der Elektrokatalysator mit niedriger und vorhersehbarer Rate. Eine Passivierung oder sogar Korrosion der Titan-Ir MMO-Grenzfläche kann jedoch zu einer inaktiven Anode mit hohen Rest-Ir-Beladungen führen. Alternativ kann die Barriereschicht versagen, was zu einem hohen Additivverbrauch führt, während der Elektrokatalysator immer noch aktiv sein kann. Die Nutzungsbedingungen der Anode bestimmen in hohem Maße die Lebensdauer. Zum Beispiel führen Elektrolyte, die korrosive Stoffe wie Fluoride enthalten, zu einer schnellen Korrosion des Titansubstrats (Wang, 2014) und folglich zu einer Ablösung der Ir-MMO-Beschichtung und einem Anodenversagen. Daher sollte die Elektrolytzusammensetzung frei von Fluoriden gehalten werden. Die Kupfergalvanik in der Leiterplattenherstellung wird typischerweise bei Strömen von 1-10 A/dm2 betrieben. Eine höhere Stromdichte ermöglicht einen höheren Durchsatz, verringert jedoch die Lebensdauer von Anoden. Der Strom wird als Gleichstrom (DC) oder ‚Pulse Plating' Strom angewendet. Pulse Plating wird z. B. für Flash-Plattierungen oder Plattierungen mit hohen Aspektverhältnissen, wie z. B. Durchkontaktierungen, verwendet. Bei Reverse Pulse Plating (RPP) wird der Strom zwischen positiven und negativen Strömen (oder Potenzialen) gewechselt. Dieses RPP-Stromsignal hat erheblichen Einfluss auf die Lebensdauer der Ir-MMO-Anode, da die passive und schützende Oxidschicht des Titansubstrats sowie die Mischmetalloxide der Beschichtung mit einer erhöhten Rate abgebaut werden. Daher wurden Ir-MMO-Beschichtungen entwickelt, die speziell für RPP-Bedingungen geeignet sind. Die Anode muss zur Aufbringung einer homogenen Kupferschicht auf der gesamten Leiterplatte führen. Die Mischmetalloxid-Beschichtung muss also sehr homogen sein muss. Um die Leistung der Anode zu validieren, führt der Betreiber der Fertigungsstraße einen Plattierungstest durch und misst die Oberflächenverteilung an verschiedenen Positionen. Ein Mangel oder Überschuss an abgeschiedenem Kupfer ist ein Hinweis auf eine inhomogene Anodenleistung, z. B. verursacht durch Bereiche, die weniger oder keine elektrokatalytische Beschichtung mehr haben oder Bereiche mit unterschiedlicher Leitfähigkeit (z. B. verursacht durch unzureichende Stromverbinder). Daher ist ein gründliches Verständnis des Einsatzes der Anoden sowie der Betriebsbedingungen entscheidend, um das Anodendesign zu optimieren. Darüber hinaus sollte ein Betreiber berücksichtigen, dass sich eine Änderung der Betriebsbedingungen, z. B. ein Wechsel von Gleichstrom (DC) zu RPP oder eine Änderung der Elektrolytzusammensetzung auf die Lebensdauer der Anoden auswirken kann.
Zukunftsperspektiven
Fertigungsstraßen für Leiterplatten entwickeln sich ständig weiter. Deshalb müssen die Anoden die genauen Spezifikationen in Bezug auf das Erreichen des erforderlichen Durchsatzes, der Leiterplattenqualität, des geringen Additivverbrauchs und der Anodenlebensdauer erfüllen. Aufgrund eigener Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung sehen die Verfasser eine Reihe von kurzfristigen Verbesserungen in der Anwendung von Ir-MMO-Anoden vor. Mit dem Fokus auf die Energiewende ist ausgehend von der Leiterplattenfertigung eine neue Technologie zur Verkupferung von Photovoltaikmodulen (PV) entstanden. Die Knappheit und die hohen Preise einiger der in PVs verwendeten Rohstoffe drängen PV-Hersteller dazu, kostengünstigere Technologien zu entwickeln. Derzeit werden die elektrischen Kontakte in PVs aus Silberpaste hergestellt, wobei das teure Silber durch den Einsatz von galvanisch abgeschiedenem Kupfer ersetzt werden kann (PV Magazine, 2022). Verschiedene Unternehmen bringen diese neue Technologie auf den Markt und benötigen Titan-MMO-Anoden in ihren Beschichtungsprozessen. Die technischen Herausforderungen für die Anodentechnologie sind mit der Leiterplattenfertigung vergleichbar, da DC- und RPP-Prozesse mit verschiedenen zugesetzten Chemikalien entwickelt werden.
Referenzen
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