Die Oberflächennachbearbeitung unregelmäßig geformter Objekte stellt die elektrochemische Oberflächentechnik meist vor beträchtliche Herausforderungen, insbesondere in Kombination mit höheren Bearbeitungsgeschwindigkeiten und Anforderungen an die Bauteilpräzision. Hier steht das klassische Elektropolieren vor einer unmöglichen Aufgabe. Eine Alternative bietet hier das der dynamischen Elektrochemie zuzuordnende Verfahren der Elektroablation. Das Verfahren eignet sich für die Oberflächenveredelung und Nachbearbeitung von metallischen Objekten aller Art. Seine Anwendung findet diese Methode seit kurzem auch im Post-Processing 3D-gedruckter Bauteile vor allem wenn es gilt, versteckte oder interne Oberflächen zu glätten und zu bearbeiten.
Elektrochemisches Verfahren
Elektroablation gehört zur Gruppe der elektrochemischen Verfahren zur Oberflächenbearbeitung und ist in Mitteleuropa meist wenig bekannt. Die Methode ähnelt prinzipiell dem klassischen Elektropolieren. Auch hier wird über Anlegen eines Stroms (Potentials) Metall von der Oberfläche des anodisch polarisierten Werkstücks entfernt und so eine glattere Oberfläche erzeugt. Die anodische Auflösung unter Elektroablationsbedingungen glättet wie beim Elektropolieren die Oberflächen von Metallobjekten aufgrund einer erhöhten Stromdichte an den Mikrospitzen im Vergleich zu den Mikrotälern. Der dadurch bewirkte beschleunigte Metallabtrag an den erhöhten (rauigkeitsverursachenden) Positionen führt zu einer Einebnung der Oberfläche. Der wesentliche Unterschied zum Elektropolieren liegt allerdings in der hohen Geschwindigkeit des Prozesses, bewirkt durch den im Vergleich zum Elektropolieren höheren Stromfluss, und die damit verbundene hohe Metallabtragsrate (Ablation). Beim herkömmlichen Elektropolieren werden meist niedrige (Gleich-)Ströme verwendet, normalerweise weniger als 0,5 A/cm2, was die Geschwindigkeit des Elektropolierprozesses begrenzt. Bei der Elektroablation ist die Basis ein gepulster Strom mit relativ hoher Frequenz, es handelt sich also um ein dynamisches elektrochemisches Verfahren. Im Gegensatz zum Elektropolieren, das in einem diffusionsbegrenzten Bereich konstantem Stroms arbeitet, nutzt die Elektroablation hohe Ströme von bis zu 100 Ampere/cm2, deutlich über diesem diffusionsbegrenzten Stromplateau. Dadurch kann der Elektroablationsprozess Bedingungen oft um mehr als eine Größenordnung schneller ablaufen als das klassische Elektropolieren.
Dynamische Elektrochemie als Antwort auf gestiegene Bauteilanforderungen
Der größte Anteil des Poliermarkts entfällt nach wie vor auf mechanische oder abrasive Poliermethoden, bei denen das Teil entweder mit manuellen Polierwerkzeugen- und geräten bearbeitet oder getrommelt und auf andere Weise Schleifmitteln ausgesetzt wird, um eine glatte Oberfläche zu erhalten. Auch diese Prozesse sind langsam, erfolgen meist in mehreren Polierstufen und sind nicht in der Lage komplexere Strukturen mit inneliegenden Flächen gleichmäßig zu bearbeiten. Allerdings geht der Trend genau in Richtung komplexerer Bauteilgeometrien bis hin zu Freiformen aus der additiven Fertigung. Elektroablation ist in der Lage, auch in Löchern, Tälern und verdeckten oder inneren Oberflächen metallischer Werkstücke eine Einebnung zu erzielen, und das ganz ohne Verwendung von Hilfselektroden. Aufgrund der verwendeten hohen Frequenzen wird der Glättungseffekt gleichmäßiger über alle Oberflächen verteilt, einschließlich der oben genannten Innenflächen. Das Verfahren ermöglicht die Oberflächenveredelung einer Vielzahl weit verbreiteter Metalle wie Titan, Edelstahl, Niob, Chrom-Cobalt, Inconel und Aluminium sowie deren Legierungen. Obwohl meist in der klassischen Oberflächenbearbeitung verwendet, wurde Elektroablation auf der FormNext 2023 in Frankfurt erstmals auch für die Nachbearbeitung 3D-gedruckter Metallbauteile vorgestellt. Das australische Unternehmen „3DM Surface Finishing“ entwickelte das Verfahren für diese Anwendung weiter und bietet für dessen Anwendung auch geeignete Elektroablations-Wechselrichteranlagen. Mittels Elektroablation kann die aus dem 3D-Druck resultierende Oberflächenrauheit von deutlich über 5–20 Mikrometer schnell auf Werte unter Ra = 0,1 Mikrometerµm reduziert werden. Dies ermöglicht eine effiziente Nutzung dieses Nachbearbeitungsprozess in der Serienproduktion.