Nahfeldsonden spielen bei der Entwicklung von Baugruppen eine wichtige Rolle. Sowohl in der Hochfrequenztechnik als auch in der EMV-Technik werden sie erfolgreich eingesetzt, um Simulationswerte zu evaluieren, Störquellen ausfindig zu machen und Echtzeitüberwachung durchzuführen.
Folgende Eigenschaften bringen Nahfeldsonden mit:
- Geringe Rückwirkung auf das Messsystem durch kontaktlose Messung
- Vielseitige Einsatzmöglichkeiten durch optimierte Formgebung der Spitzen
- Auch schwer erreichbare Strukturen untersuchbar
- Breites Frequenzspektrum
- Messungen im Frequenz- und im Zeitbereich
Diese Charakteristika ermöglichen eine gute Integration der Nahfeldsonden in den Entwicklungsprozess von Baugruppen. Mithilfe der Nahfeldanalyse lassen sich verschiedene Wirkungen, die z. B. durch den Einfluss elektrischer oder magnetischer Felder auf die Baugruppe entstehen, messen. Da Magnetfeld und elektrisches Feld getrennt voneinander gemessen werden, lassen sich deren Wirkungen einzeln beurteilen. Daraus können Feldverteilungen, auch die Verteilung der Ströme und Spannungen, abgeleitet werden. Deshalb sind die Sonden, welche Langer EMV-Technik herstellt, so konstruiert, dass z. B. Magnetfeldsonden gegen Eindringen von elektrischen Feldern geschirmt sind.
Unterschiedliche räumliche Auflösung von Messwerten
Je nach Größe der Nahfeldsonden können Messvolumina höher oder niedriger aufgelöst gemessen werden. So kann die Feldverteilung von ganzen Baugruppen sowie von kleinsten Schaltkreisen vermessen und grafisch angezeigt werden. Für den Bereich der Feldverteilung der Schaltkreise eignen sich die Nahfeldmikrosonden der ICR-Serie. Diese Sonden zeichnen sich durch eine hohe räumliche Auflösung von ca. 70 –250 μm aus. Mit dieser Auflösung können Feldverteilungen von integrierten Schaltkreisen aufgenommen und ausgewertet werden. Auf Abb. 1 und 2 ist z. B. die Feldverteilung des Prozessorchips eines Raspberry Pi bei verschiedenen Spektralfrequenzen sichtbar. Die Feldverteilungen resultieren aus den inneren Schaltvorgängen des IC. Diese Aktivitäten spiegeln die Vorgänge und Funktionen des Schaltkreises wider und sind z. B. abhängig von der Technologie des IC und der Soft- bzw. Firmware. Im Vergleich dazu zeigt die Feldverteilung des Speicherschaltkreises des Raspberry Pi die Verschiedenheit des Aufbaus auf. Abb. 3 und 4 zeigen eine über die gesamte Chipfläche verteilte Aktivität des IC. Sie wird durch die über den Chip verteilte Funktion des IC erzeugt. Durch die Möglichkeiten der Fehlerdiagnose und Optimierung von integrierten Schaltungsteilen lassen sich diese Nahfelduntersuchungen sowohl in der Entwicklung als auch bei der Fehlersuche in fertigen Geräten einsetzen. Wegen der hohen Ortsauflösung und des breiten Frequenzbereiches eignen sich diese Messungen für die Untersuchung von sicherheitskritischen Funktionen von integrierten Schaltungen. Bei den sogenannten Seitenkanalangriffen werden im Zeitbereich Schaltkreise mit bestimmten Signalen beaufschlagt und an verschiedenen Positionen die Reaktion des Schaltkreises anhand von Feldstärkeerhöhung untersucht. Mithilfe der Nahfeldsonden können die Reaktionen der Schaltkreise gemessen werden und mit Pulsfeldgeneratoren, auch von Langer EMV-Technik, Störsignale eingespeist werden. Die Ortsauflösung der eingespeisten Pulsfelder liegt im Bereich von ca. 200-300 μm.
ESD-Entstörung von Stacked Boards
Die Empfindlichkeit von Elektronikbaugruppen gegenüber Vorgängen der elektrostatischen Entladung (ESD) hat sich in den letzten Jahren erhöht. Die Ursachen sind in der Weiterentwicklung der IC-Technologie zu sehen. Die Strukturbreiten des Siliciums haben sich wesentlich verringert. Das bewirkt höhere Schaltgeschwindigkeiten und durch Verringerung der Versorgungsspannungen niedrigere Schaltschwellen der ICs. Dies erhöht besonders die Empfindlichkeit gegenüber ESD-Störvorgängen. Die Fehlereingrenzung und die Entstörung bei ESD-empfindlichen Baugruppen erfolgen üblicherweise mit einem ESD-Generator (ESD-Pistole). Die ESD-Pistole ist ein sehr grobes Werkzeug, das die Baugruppe im großräumigen Bereich beaufschlagt. Deshalb sind lokale Beaufschlagungen von einzelnen Bauteilen im Allgemeinen nicht möglich. Die Identifikation konkreter Schwachstellen gestaltet sich dadurch zeitaufwendig. Mit der ESD-Pistole wird in das metallische Aufbauteil (Abb. 5) ein ESD-Strompuls eingespeist.
Der Strompuls fließt über Steckverbinder und Netzwerkkabel in die Umgebung ab. Dabei entsteht eine Spannungsdifferenz zwischen den beiden Leiterkarten. Diese Spannungsdifferenz erzeugt ein elektrisches Feld, das auf die Bestückung der unteren Baugruppe einwirkt und den IC (2) und den Quarz (3) beeinflussen kann. Weiterhin kann im Steckverbinder durch das Magnetfeld des ESD-Strompulses eine Verkopplung zu den Nutzsignalen des IC (2) entstehen und ebenfalls eine Störung im IC verursachen. Weitere Bestückungen (4), (5) und die LAN-Buchse (6) könnten ebenfalls beeinflusst werden. Zur Eingrenzung der Fehlerorte wird der bald erhältliche Störgenerator Troublestar TS-23 von Langer EMV-Technik verwendet (Abb. 6 und 7).
Mit den differenziellen Ausgängen des Troublestars kann eine ESD-Spannungsdifferenz zwischen den beiden Baugruppen des Prüflings erzeugt werden. Diese ESD-Spannungsdifferenz kann im Wesentlichen nur den Steckverbinder (1), den IC (2) und den Quarz (3) stören. Damit lassen sich die Fehlerorte auf diese Bereiche eingrenzen. Um den Fehlerort weiter einzugrenzen, müssen die einzelnen Komponenten selektiv mit der Differenzspannung vom Troublestar TS-23 beaufschlagt werden. Auf den IC (2) (Signalprozessor) oder den Schwingquarz (3) wird (zur Einkopplung von Störimpulsen des Troublestars) eine Kupferfolie aufgeklebt. Ein Differenzausgang des Troublestars wird mit der Kupferfolie verbunden (Lötverbindung). Der andere Differenzausgang wird mit der Masse der Leiterkarte verbunden (Lötverbindung). Für diese Verbindung wird der Differenzialeinkoppler DF 10 verwendet (Abb. 7). Diese Anordnung ermöglicht eine lokale Einkopplung von elektrischem Feld in den IC, ohne andere Bereiche wesentlich zu beeinflussen. Damit kann die ESD-Empfindlichkeit des IC getestet werden. Wenn der Schwingquarz in ähnlicher Weise beaufschlagt wird, entsteht der gleiche Wirkzusammenhang. Wenn das Metallgehäuse serienmäßig mit Masse verbunden ist, werden die eingekoppelten Störspannungsimpulse kurzgeschlossen. Es entsteht um das betreffende Pin des Schwingquarzes ein starkes Magnetfeld, welches die anderen Pins des Schwingquarzes beeinflussen kann. Eine Störung des Schwingquarzes ist ebenso möglich. Mit dieser Methode lassen sich ESD-empfindliche Bauteile ermitteln. Als Gegenmaßnahme können die beiden Baugruppen zusätzlich ausreichend mit Masse verbunden werden. Entsprechende Gegenmaßnahmen können umgesetzt und auf ihre Wirkung mit dem Troublestar TS-23 geprüft werden.