Frage: Die Galvanisierung von Aluminium gehört nicht zu unseren Kernaufgaben, doch gelegentlich erhalten wir kleinere und mittelgroße Aufträge. Nun ist die Vorbehandlung, verglichen mit Stahl, ein ziemlicher hoher Aufwand sowie ein fehleranfälliger Prozess. Einer unserer altehrwürdigen Meister, der schon lange pensioniert ist, verwies uns – ohne Einzelheiten zu nennen – auf die Möglichkeit, Aluminiumlegierungen direkt zu beschichten. Schließlich könne man auch Edelstähle ohne eine Konversionsschicht direkt galvanisieren. Erste Versuche mit Nickel oder Kupfer direkt zu beschichten, zeigten fürchterliche Resultate. Auch die Verchromung wollte nur vereinzelt gelingen.
Hat sich in den letzten Jahren auf dem Gebiet etwas getan? Haben Sie für uns praxistaugliche Hinweise und weiterführende Literatur?
Antwort: Da sich elektrochemisch am Aluminium und seinen Legierungen in den letzten Jahren nichts verändert hat, sind auch verfahrenstechnisch keine revolutionären Änderungen zu verzeichnen.
Der Vergleich mit Edelstahl liegt auf der Hand
Das Problem von Aluminium ist die rasche Ausbildung einer dünnen, aber sehr kompakten Oxidschicht. Diese ist u. a. auch von hochlegierten Stählen bekannt. Bei der Beschichtung dieser Stähle wird aber keine Zinkatbeize gewählt. In den meisten Fällen begegnet man dem Metall mit Nickel-Strike-Bädern, in besonderen Fällen mit Vorgold.
Somit – so sollte man annehmen – müsste es auch möglich sein, Aluminium direkt zu galvanisieren, ohne die aufgezeigten „Umwege“ zu nehmen. Die Annahme ist richtig, allerdings gibt es auch Gründe, warum dies die Ausnahme und nicht die Regel ist.
Verglichen mit den sog. Edelstählen sind Aluminiumlegierungen sehr speziell. Betriebe, die sich auf die Galvanisierung von Aluminium spezialisieren, erwartet eine große Bandbreite dieser Legierungen. Das Korrosionsverhalten dieser Legierungen kann sehr unterschiedlich sein. Dies wirkt sich bspw. auf das Verhalten in den Beizen und die anschließende Galvanisierbarkeit aus. Hinzu kommen hohe Siliziumgehalte, porige Oberflächen oder schlicht eine sehr ungünstige Teilegeometrie (Stichwort Streuung) die eine Direktbeschichtung massiv erschweren oder gar komplett verhindern können.
Es gibt aber Aluminiumlegierungen und -bauteile, die sich zur Direktgalvanisierung eignen. Dies ist allerdings keine Allzweckwaffe. Da diese Verfahren selten eingesetzt werden, finden sich in der Fachliteratur nur wenige Informationen darüber.
Wichtig: Direktgalvanisierung mag als Begriff etwas Verwirrung stiften. Auch hier ist eine ordentliche Vorbehandlung nötig. Unter dem Begriff versteht man lediglich, dass auf Zwischenschichten aus Zinkat (oder Stannat) ebenso verzichtet werden kann wie auf Chemisch Vornickel. Nach den Reinigungsschritten wie Entfettung und Beize wird direkt auf das Aluminium galvanisiert.
Nickel-Strike und Vorgold vereinfachen die Direktverchromung erheblich
Die direkte Verchromung ist naheliegend, wenn man den zentralen Mechanismus von Nickel-Strike und Vorgold kennt. Hierbei geht es, vereinfacht gesagt, darum, dass eine sehr starke Wasserstoffentwicklung an der Kathode die Oxidschicht förmlich aufreißt und unter Bildung von H2O entfernt. Besonders Cr(VI)-Elektrolyte scheinen für diese Aufgabe ideal zu sein, handelt es sich doch eigentlich – salopp formuliert – um Wasserstoffelektrolyte mit dem Nebenprodukt einer Chromabscheidung (der kathodische Wirkungsgrad liegt, je nach Elektrolyt-Typ, bei 10–25 %).
Begünstigt wird dies weiter durch den Umstand, dass bei der galvanischen Verchromung mit Deckstrom gearbeitet wird. Die Deckstromdichte muss etwas höher liegen als die Grenzstromdichte für die Reduktionsreaktion des Chrom(VI) zu Chrom(III).
Fluoridhaltige Elektrolyte, wie sie in der Lektion über Chrom beschrieben werden, kommen vorwiegend zum Einsatz. Einem Elektrolyten zur Direktabscheidung auf Aluminium, der auch Stromunterbrechungen gestattet, werden die Fluoridionen in Form von Ammonium- und Chromfluorid zugesetzt. Das komplexe Tantalfluorid wird mit Sulfaten und anderen komplexen Fluoriden zur Abscheidung auf speziellen Materialien, wie Aluminium-Zink-Legierungen für die Maßverchromung eingesetzt.
Typischer Ansatz
Chromtrioxid (CrO3): 300 g/L
Kaliumhexafluorosilicat (K2SiF6): 1 g/L
Strontiumsulfat (SrSO4): 4–5 g/L
Kaliumfluortitanat (K2TiF6): 0,4 g/L
Schwefelsäure (H2SO4): 2 g/L
Kaliumheptafluorotantalat (K2TaF7): 0,3 g/L
Temperatur: 50 °C
Stromdichte: 40 A/dm2
In Tertrachromatelektrolyten kommen oft auch Natriumionen zum Einsatz. Hierbei werden Natriumhydroxid, Natriumhydrogencarbonat, Natriumsulfat, Natriumhydrogensulfat, Natriumfluorid und andere Verbindungen verwendet. Der Einsatz von NaOH führt zur Tetrachromatbildung (Na2Cr4O13) unter gleichzeitiger pH-Wert-Anhebung. Da Tetrachromat nur bei Temperaturen bis 25 °C stabil ist, sind Tetrachromatelektrolyte kaltarbeitend. 18 bis 22 °C sind optimal.
Den Tetrachromatelektrolyten werden außerdem Reduktionsmittel zugegeben, um eine bestimmte Chrom(III)konzentration einzustellen. Mit solchen Elektrolyten lassen sich die Probleme der Direktabscheidung auf Zinkdruckguss, Messing und Aluminium verringern. Tetrachromatelektrolyte werden in einem weiten Stromdichtebereich von 10 A/dm2 bis 150 A/dm2 eingesetzt und lassen Stromausbeuten bis zu 20–35 % zu. Die abgeschiedenen Niederschläge sind matt, weich und leicht polierbar.
Um die Direktverchromung zu optimieren, werden häufig spezielle Stromformen und manchmal auch Ultraschall zur Unterstützung eingesetzt. Neben dem Deckstrom kommt auch pulsierender Gleichstrom zum Einsatz. Die Einhaltung einer Impulsdauer, bei der weniger als eine Atomlage abgeschieden wird, soll auch geeignet sein, rissfreie Chromüberzüge guter Haftung direkt auf Aluminium abzuscheiden. Die Zeiten zum Entweichen des Wasserstoffs zwischen den Impulsen sollen dabei zwischen 0,5 ms und 2,5 ms liegen. Graue Impulschromschichten lassen sich als Unterschichten unter NiCr-Schichten einsetzen.
Auch die Wechselstromüberlagerung durch Gleichrichtung ist eine Möglichkeit, die bereits 1905 Einzug in die Galvanotechnik erhielt. Mit der Wechselstromüberlagerung lässt sich die Struktur elektrolytischer Metallniederschläge gut steuern. Das gilt auch für die Chromabscheidung. Die Strukturänderung beim Chrom geht im Wesentlichen in Richtung matter Niederschläge. Obwohl sich dabei auch rissfreie Schichten und Schichten mit verbesserter Haftung auf Aluminium abscheiden lassen, hat die Wechselstromüberlagerung keine Bedeutung erlangt.
Echte Wechselstromüberlagerung durch spezielle Schaltungen ist eine weitere Stromform. Überlagert man einem Gleichstrom einen Wechselstrom mit einer Amplitude die kleiner als die Gleichstromstärke ist, so besitzt der entstehende Strom keine anodischen Anteile.
Überlagert man einem Gleichstrom einen Wechselstrom mit einer Amplitude, die größer als die Gleichstromstärke ist, so besitzt der entstehende Strom anodische Anteile.
Verchromt man z. B. Aluminium mit asymmetrischem Strom, so ändert sich, wie auch bei der Anwendung von Impulsstrom, die Struktur der Schichten und mit ihr die Mikrohärte und ihr Aussehen. Die bei der Gleichstromabscheidung glänzenden Schichten mit Mikrohärten von 1100 daN/mm2 (1100 HV) verändern sich bei der Wechselstromüberlagerung zu matten Schichten mit einer Härte von 650 daN/mm2 (650 HV).
Direktvernickelung
Direktvernicklungsbäder für Aluminium arbeiten oft mit Fluoroboratzusatz:
Nickelsulfat: 200 g/L
Nickelfluoroborat: 66 g/L
Nickelchlorid: 1 g/L
Borsäure: 20 g/L
Badtemperatur: 60 °C
pH-Wert: 1,0
Das Bad wird mit destilliertem oder entionisiertem Wasser angesetzt und ein etwaiger durch die Nickelsalze eingebrachter Überschuss von Chlorid mit Silbersulfat ausgefällt. Das Bad ist gegenüber Verunreinigungen empfindlich; Kupfer und andere Schwermetalle werden entweder durch Elektrolyse bei niedriger Stromdichte oder durch Ausfällen mit Nickelspänen entfernt. Kupferschienen in unmittelbarer Badnähe werden zweckmäßig vernickelt. Durch Elektrolysieren mit niedriger Stromdichte können auch Nitrat-Verunreinigungen zerstört werden. Organische Verunreinigungen werden durch Behandlung mit Aktivkohle entfernt.
Vor dem Galvanisieren werden die Teile entfettet und zwei Minuten in einer Lösung von 3 % Trinatriumphosphat und Natriumcarbonat bei 60 °C gereinigt. Anhaftender Schlamm wird in verdünnter Schwefelsäure oder durch Abbürsten entfernt.
Im Nickelbad werden die Teile zuerst bei 3 bis 4 A/dm2 etwa eine Minute lang gedeckt, danach wird die Stromdichte reduziert. Gute Überzüge werden auf Handelsaluminium, den Legierungen AlMg3, AlMgSi, AlZnMgCu und auf einer 13 % Silicium enthaltenden Legierung abgeschieden. Es werden Haftfestigkeiten von 280 bis 350 N/mm2 erhalten. Durch 10minütiges Erhitzen auf 500 °C und nachfolgendes Abschrecken entsteht eine Diffusionsschicht von Ni2Al3, wodurch sich die Haftfestigkeit auf mindestens 700 N/mm2 erhöht.
Ein russisches Rezept zur Direktvernickeln hat folgende Zusammensetzung:
Nickelsulfat: 150–250 g/L
Borsäure: 23–30 g/L
Natriumfluorid: 2–3 g/L
Natriumchlorid: 1–2 g/L
Kaliumpersulfat: 1–2 g/L
pH-Wert: 4–5
Temperatur: 50–60 °C
Stromdichte: 1–2 A/dm2
Direktverkupferung
Ein Verfahren zum unmittelbaren Verkupfern von Aluminium aus einem Bad folgender Zusammensetzung ist bekannt:
Ammoniumpyrophosphat: 100 g/L
Oxalsäure (krist.): 60 g/L
Kupferoxid: 20 g/L
Triethylamin: 50 g/L
Anfangs-pH: 5,6–5,8
Man kann auch von Kupferpyrophosphat ausgehen. Die Teile werden entfettet, in einer Lösung von 3 % Trinatriumphosphat und 3 % Soda bei 65 °C gereinigt, gespült und in das Bad gebracht. Ein bis zwei Minuten nach dem Einbringen wird der Strom eingeschaltet. Mit 2,5 bis 3 A/dm2 bei 60 °C mit Kathodenbewegung (3,5 cm/s) kann man Überzüge bis 12,5 µm Dicke herstellen, die gut auf der Unterlage haften. Die Bewegung des Elektrolyten ist wesentlich, um befriedigende Haftung zu erzielen.
Zu lange Ausdehnung des Reinigungsvorganges soll vermieden werden. Merkwürdig erscheint, dass das Haftvermögen nachfolgend aufgebrachter Überzüge verbessert wird, wenn man die verkupferten Teile 20 bis 30 Minuten in kochendes Wasser taucht, bevor sie in das normale Kupfer- oder Nickelbad eingehängt werden. Die Wirkung kann möglicherweise mit der Speicherung von Wasserstoff an der Phasengrenze Aluminium-Kupfer zusammenhängen.
Zur Abscheidung eines dünnen Kupferüberzuges auf Aluminium wird folgender Elektrolyt vorgeschlagen:
Kupfercyanid: 40 g/L
Natriumcyanid: 48 g/L
Natriumcarbonat: 30 g/L
Kaliumnatriumtartrat: 60 g/L
Temperatur: 40–50 °C
pH-Wert: 10–10,5
Der elektrische Kontakt muss noch vor Eintauchen der gereinigten Werkstücke in das Bad hergestellt werden. Man arbeitet anfangs mit 2,4 A/dm2, nach ein bis zwei Minuten wird die Stromdichte auf 1,2 A/dm2 vermindert und weitere 3 Minuten elektrolysiert. Der pH-Wert ist sorgfältig zu kontrollieren, um Blasenbildung zu vermeiden.
Fazit
Es gibt durchaus Möglichkeiten, Aluminium direkt zu galvanisieren. Ob dies wesentlich einfacher und fehlerunanfälliger ist als eine Zinkatbehandlung, darf durchaus bezweifelt werden. Am praktikabelsten ist noch die Verchromung, wobei die bei gewissen Stromformen ebenso ihre Risiken birgt. Abgesehen davon gibt es einfachere Aufgaben in der Galvanotechnik, als auf Chrom zu galvanisieren, sofern es als Zwischenschicht dienen soll. Hinzu kommt natürlich noch der Umstand, dass man eigentlich von Chromtrioxid weg will. Ein paar Vorversuche mit den vorgeschlagenen Elektrolyten könnten dennoch lohnenswert sein.
Weiterführende Informationen
Auf unserer Plattform Galvanotechnik for You gibt es einen sehr umfangreichen Online-Kurs zum Thema Galvanisierung von Aluminium. Dieser Kurs geht auf theoretische Grundlagen und die Tücken der Praxis gleichermaßen ein. Im Fokus steht die Vermittlung des Verständnisses für Material, Bearbeitung, Beschichtung und die möglichen Fehler. Neben Vorbehandlung und allgemeiner Beschichtungstechnik wird auch auf mehrere Elektrolyte vertiefend eingegangen. Dies beinhaltet zahlreiche Rezepte und praktische Informationen, die über das reine Aluminiumgalvanisieren hinausgehen. Dadurch ist dieser Kurs auch hervorragend als Nachschlagewerk geeignet.
URL zum Kurs:
https://www.galvanotechnik-for-you.de/uebersicht-kurse/galvanisierung-von-aluminium/