Frage: In den vergangenen zwanzig Jahren haben wir uns immer mehr von Chemielieferanten abhängig gemacht. Diese Entwicklung möchten wir nun umkehren und möglichst viele Elektrolyte mit der Rohchemie ansetzen. Dies hat etliche Gründe. In erster Linie wollen wir die Technologiehoheit wieder im Haus haben. Darüber hinaus ist es eine Kostenfrage. Setzen wir fertige Produkte eines Herstellers ein, dessen Inhalte wir nur teilweise kennen, gibt es für uns kaum eine Ausweichmöglichkeit. Ärgerlich wird es, wenn der Hersteller aus Gründen der Rohstoffknappheit nicht liefern kann und wir nicht wissen, welcher Bestandteil fehlt. Die Umstellung wird nicht alle Produkte betreffen und auch einige Zeit in Anspruch nehmen. Bei einer ersten Bestandsaufnahme sind wir auf fertige Stripperlösungen für Zinn-Schichten gestoßen. Diese sind teuer, langsam und belasten das Abwasser stark. Hier würden wir gerne mit einem Eigenansatz anfangen.
Antwort: Die Motive, sich von Lieferanten unabhängig zu machen, können wir sehr gut verstehen. Und trotz bester Absichten kann dies zu erheblichen Problemen führen. Etwa bei einer Prozessumstellung, einer Reklamation und folgender rechtlicher Haftung. In vielen Fällen – nicht nur in der Automobilindustrie – werden die Beschichtungen nach einem definierten Verfahren qualifiziert und freigegeben. Sobald sich ein Parameter maßgeblich ändert – und dies beinhaltet vor allem die chemische Zusammensetzung – muss der Freigabeprozess neu erfolgen. D. h., auch wenn Sie bei Herstellern bleiben, aber von einem zum anderen wechseln, ist dies schwer, teils auch aussichtslos.
Wir können Ihnen diesbezüglich nur dazu raten, zunächst die Prozesse bzw. Anlagen auf entsprechende Produkte und Kunden zu überprüfen, um anschließend mit betreffenden Kunden Kontakt aufzunehmen. Statt mit dem Preis argumentieren Sie besser mit Technologiehoheit und Lieferfähigkeit aufgrund Rohstoffknappheit und ungewisser Marktsituation.
Das Strippen würden wir von diesen Mechanismen nicht gänzlich ausschließen, in den meisten Fällen sollte es aber nicht betroffen sein, da es sich in der Regel um interne Nacharbeiten handelt. Im besten Fall geht es nicht einmal um galvanisierte Ware sondern um Gestell- und Trommelkontakte.
Elektrolytische Entmetallisierung
Zinn von Eisen
Anodische Ablösung in 10%iger NaOH bei RT. Die Kontrolle des Anodenpotentials bei galvanostatischer Arbeitsweise (Potentialsprung bei Erreichen der Eisenoberfläche) kann den Angriff auf das Grundmetall vermeiden.
Zinn und Zinn-Blei von Kupferwerkstoffen
Anodische Ablösung in Methansulfonsäurelösung, ca. 45–70 %; die Konzentration darf nicht unterschritten werden, da sonst der Passivbereich von Kupfer verlassen wird und bei niedrigerer Säurekonzentration Kupfer in Lösung geht; Überschreitung verringert die Ablösegeschwindigkeit stark.
Chemische Verfahren
Zinn von Eisen
Alkalische Lösung mit nitroaromatischen Verbindungen, z. B. 100 g/L NaOH, 100 g/L p-Nitrophenol, Temperatur 70–90 °C
Stark salzsaure Lösungen mit Antimon-(lll)-Verbindungen, Zinn geht unter Wasserstoffentwicklung als Zinn-(ll) in Lösung; es bildet sich aber ein lockerer Antimon-Belag, der entfernt werden muss; z. B. 20 g/L Antimontrioxid, 840 ml konz. HCl.
Zinn von Kupferwerkstoffen
Peroxidhaltige Entmetallisierungslösung mit 150 g/L 35%igem Wasserstoffperoxid, 100 ml/L H2SO4, 60 g/L Fluorid als NH4F, z. B. 3 g/L 8-Hydroxichinolin als Stabilisator.
Eine Lösung mit Nitroaromaten wie z. B. 150 g/L m-Nitrobenzolsulfonat (Oxidationsmittel) und 200 g/L Tetrafluoroborsäure greift nur Zinn, aber nicht eine mögliche intermetallische Cu6Sn5-Schicht an; wird zusätzlich Thioharnstoff verwendet, löst sich auch die Diffusionsschicht.
Auflösung in 5–40%iger HNO3 bei Verwendung von Kupfer-Inhibitoren und Sulfaminsäure zur Vermeidung nitroser Gase.
Lösung mit 5–20%iger Salzsäure und 2,5 g/l Kupferchlorid bei sauerstoffgesättigter Lösung (Sprühverfahren); Sauerstoff ist dabei zur Oxidation des bei der Zinnauflösung durch Cu-(ll) entstehenden einwertigen Kupfers notwendig; der Kupfergehalt darf 6 g/L nicht überschreiten, da sonst der Kupfer-Grundwerkstoff zu stark angegriffen wird.