Warum engagieren Sie sich im kürzlich gegründeten ZVO-Frauen-Netzwerk Female (Sur)Faces?
Als ich im vergangenen Jahr bei den Oberflächentagen in Berlin war, habe ich mich spontan dazu entschieden, weil ich Möglichkeiten sehe, etwas zu bewegen. Nicht nur, wenn es um das Thema Frauen geht. Mir ist auch wichtig, dass wir in den Bereichen Industrie, Technik, Nachwuchs, Jugend und Fachkräfte weiterkommen. Doch zurück zu den Female (Sur)Faces. Warum sollen junge Mädchen nicht in die Galvanobranche gehen? Und wenn nicht dahin, dann vielleicht in die MINT-Bereiche, etwa in die Chemie. Ich selber habe 1996 in der Galvanotechnik angefangen, wo ich durch Zufall hineingerutscht bin. Ich möchte andere Frauen, aber auch Männer und Unternehmen ermuntern, alte, verkrustete Denkweisen abzulegen. Frauen sollten in der Branche leichter Fuß fassen können. Häufig angeführte Argumente, dass Frauen Kinder bekommen, zählen nicht, denn dafür können Alternativen geboten werden, die nicht teuer sein müssen.
Sie selbst sind also auch Galvaniseurin?
Ich führe den Titel Facharbeiter für Galvanotechnik. Die Ausbildung habe ich in der galvanischen Verzinkerei Gärten und Klinger absolviert, die es heute nicht mehr gibt. Dort habe ich in sämtlichen Bereichen der Galvanik gearbeitet, schwerpunktmäßig in den Bereichen Vertrieb und Qualität. Darüber hinaus habe ich noch den Industriefachwirt und den Betriebswirt gemacht. Ich bin außerdem Qualitätsbeauftragte, hab mich also nebenbei immer weitergebildet. Das ist vielleicht auch etwas, was bei den Female (Sur)Faces zu beachten ist: Vielleicht können wir das technische Interesse von Frauen fördern und verhindern, dass diese gleich Nein zur Branche sagen. Dabei spielen Unternehmen ebenso eine Rolle wie Veranstaltungen wie die Surface Technology in Stuttgart.
Wie beurteilen Sie denn die bisherige Entwicklung des Netzwerks Female (Sur)faces?
Ich muss sagen, ich bin überrascht, dass das neue Netzwerk so schnell Fahrt aufgenommen hat. Wir sind noch nicht da, wo wir hinwollen, aber erste Schritte sind erkennbar. Wir haben jetzt einige Ansatzpunkte und Ideen entwickelt, wollen uns z. B. für firmenübergreifende Vernetzung und Angebote, Wissensvermittlung sowie Sichtbarkeit und Präsenz einsetzen. Ich sage mir: Offen sein für alles. Wenn von zehn Ideen auch nur eine realisiert wird und diese etwas bewegt, habe wir eine Änderung und Entwicklung mehr als jetzt.
Wie sehen Sie die Rolle der Frau in der Galvano- und Oberflächentechnik?
Zahlenmäßig ist der Frauenanteil in der Branche eindeutig größer geworden. Es gibt aber noch ein Ungleichgewicht dabei, wer welche Position übernimmt. Die Bilanz ist durchwachsen. Die Möglichkeiten, die es gibt, sind nicht richtig bekannt. Weder sind Angebote von Unternehmen sichtbar, die sich speziell an Frauen richten, noch gibt es Frauen, die diese Chancen einfordern. Dennoch sehe ich Fortschritte.
Zur Person
Andrea Ziegler ist Product und Application Manager für Nordosteuropa bei der Tokioter NOF Metal Coatings Europe S.A. Sie berät OEMs, Anwender und Hersteller zu Zinklamellenbeschichtungen und Beschichtungen allgemein. Vorteilhaft dabei ist ihr großes Know-how in der Galvanotechnik.