Die Deutsche Gesellschaft für Galvano- und Oberflächentechnik e. V. (DGO) hat im Rahmen der Oberflächentage in Leipzig eine Umfrage unter Branchenunternehmen durchgeführt, die den Bedarf der Branche an galvanotechnischen Prozessen für Anwendungen im Bereich der Wasserstoffwirtschaft erfassen sollte. Die Ergebnisse zeigen, dass die Überzeugung groß ist, dass Galvanotechnik künftig einen großen Einfluss im Bereich der Wasserstoffwirtschaft haben wird. Auch Anwendungen sind zum Teil schon etabliert oder angefragt.
Um den aktuellen und zukünftig erwarteten Bedarf an galvanotechnischen Prozessen für Anwendungen im Bereich der Wasserstoffwirtschaft innerhalb der Branche zu erfassen, führte die DGO eine Umfrage mittels Fragebogen durch. Insgesamt nahmen 55 Vertreter unterschiedlicher Körperschaften an der Umfrage teil, darunter 16 Galvanikbetriebe, neun Chemie- bzw. Verfahrenslieferanten und fünf Forschungseinrichtungen. Die übrigen 25 Teilnehmer entstammten Kundenbranchen sowie der galvanotechnischen Zulieferindustrie.
Ergebnisse der Branchenumfrage
Der grafisch unterlegte Auszug aus den Umfrageergebnissen zeigt ein ausgeprägtes Bewusstsein für den zunehmend hohen Stellenwert galvanotechnischer Prozesse für die Wasserstoffwirtschaft innerhalb der Branche, was u. a. von einer hohen Zahl an Kundenanfragen innerhalb der Lieferketten begleitet bzw. unterstützt wird. Das Wertschöpfungspotenzial kommt bislang jedoch nur zu geringen Teilen bei den Unternehmen an.
Abb. 1: Blicken die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die Zukunft, ist die Überzeugung, dass die Wasserstoffwirtschaft einen starken oder mäßigen Einfluss haben wird, mit über 80 % überwältigend (Grafiken: DGO)
Abb. 2: Knapp die Hälfte der Befragten gab an, dass es bereits entsprechende Anfragen für Anwendungen der Wasserstoffwirtschaft in galvanotechnischen Betrieben gibt
Abb. 3: Konkret etabliert sind solche Anwendungen aber erst bei etwas über einem Drittel der Unternehmen
Gefragt wurde, welche Bedeutung galvanotechnische Prozesse für Anwendungen im Bereich der Wasserstoffwirtschaft aus Sicht der Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer perspektivisch haben (Abb. 1). Des Weiteren wollte die DGO wissen, ob bereits Kundenanfragen hinsichtlich des Einsatzes galvanotechnischer Prozesse für Anwendungen im Bereich der Wasserstoffwirtschaft vorliegen (Abb. 2). Schließlich wurde konkret gefragt, ob galvanotechnische Prozesse für Anwendungen im Bereich der Wasserstoffwirtschaft im operativen Tagesgeschäft bereits etabliert sind (Abb. 3).
Wachstum der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland
Mit Blick auf die aktuelle Situation lässt sich feststellen, dass das Wachstum der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland von einigen Faktoren noch behindert wird, die sich in Summe zu einer komplexen Gesamtherausforderung kombinieren. Die wesentlichsten Faktoren sind:
- Hohe Produktionskosten:
Grüner Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien wie Wind- oder Solarstrom durch Elektrolyse erzeugt wird, ist derzeit teurer als konventionelle fossile Brennstoffe. Der Preisunterschied macht es für Unternehmen weniger attraktiv, auf Wasserstofftechnologien umzusteigen. - Mangel an Infrastruktur:
Die Entwicklung einer flächendeckenden Wasserstoffinfrastruktur, wie Pipelines, Tankstellen oder Speicherkapazitäten, ist kostenintensiv und bisher in Deutschland noch unzureichend. Der Aufbau dieser Infrastruktur verzögert die großflächige Nutzung von Wasserstoff. - Regulatorische Unsicherheit:
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Wasserstoffwirtschaft sind komplex und noch nicht vollständig ausgereift. Die Unsicherheiten bezüglich Fördermaßnahmen, Steueranreizen und langfristiger politischer Unterstützung erschweren Investitionsentscheidungen. - Verfügbarkeit erneuerbarer Energien:
Der Ausbau der erneuerbaren Energien geht nicht schnell genug voran, um die benötigte Menge an grünem Wasserstoff zu produzieren. Ohne ausreichenden Zugang zu erneuerbarer Energie ist die Produktion von grünem Wasserstoff limitiert. - Fehlende Skalierung:
Der Wasserstoffmarkt ist in Deutschland und weltweit noch relativ klein. Ohne großflächige Skalierung fehlen die notwendigen Skaleneffekte, um die Produktions- und Betriebskosten zu senken. - Technologische Herausforderungen:
Die Speicherung und der Transport von Wasserstoff stellen weiterhin technologische Herausforderungen dar. Wasserstoff ist ein sehr leichtes und flüchtiges Gas, was spezielle Technologien und Sicherheitsvorkehrungen erfordert. - Wettbewerb mit anderen Technologien:
Der Wasserstoffsektor konkurriert mit anderen nachhaltigen Energietechnologien, wie Batterieelektrik. In einigen Anwendungsbereichen, etwa im Straßenverkehr, werden batteriebetriebene Lösungen als effizienter und kostengünstiger angesehen. - Internationale Abhängigkeiten:
Deutschland wird voraussichtlich große Mengen Wasserstoff importieren müssen, um die eigene Nachfrage zu decken. Dies führt zu Abhängigkeiten von anderen Ländern und deren Wasserstoffproduktion, was Unsicherheiten mit sich bringt.
Fazit zur Umfrage
Für eine erfolgreiche Transformation der Energieversorgung in Richtung Wasserstoffwirtschaft müssen mittel- und langfristig noch die Rahmenbedingungen geschaffen werden. Für die Bereiche Erzeugung, Speicherung und Transport von Wasserstoff plant die DGO daher Initiativen, um die Branche auf wissenschaftlich-technologischer Ebene zu unterstützen und das Wertschöpfungspotenzial perspektivisch zu erhöhen.