Vom 21.-22. März 2025 fanden weltweit über 220 offizielle Veranstaltungen im Rahmen der Arduino Days statt, diesmal anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Physical-Computing-Plattform. Neben kreativen und pädagogischen Projekten rückten industrielle Anwendungen und neue Technologien in den Mittelpunkt.
Massimo Banzi bei den Arduino DaysEin technischer Schwerpunkt liegt auf der Weiterentwicklung des Software-Stacks. Arduino integriert zunehmend das Echtzeitbetriebssystem Zephyr, das Multitasking auf Mikrocontrollern ermöglicht und durch geringere Latenzzeiten sowie modulare Treiberarchitektur die Entwicklung professioneller Anwendungen erleichtert. Auch serielle Industrieprotokolle wie CAN werden nun auf immer mehr Boards unterstützt, etwa beim neuen Uno R4.
Massimo Banzi, einer der Mitbegründer von Arduino, hält Open Source für ein Werkzeug, das Menschen Innovation ermöglicht und eine offene Grundlage bietet. In einem Gespräch mit Eben Upton, Mitgründer von Raspberry Pi, wurde der strategische Wandel deutlich: „Auch wenn du großartige Software und Dokumentation hast, bist du bei einem Problem auf dich allein gestellt.“ Diese Erfahrung prägt nicht nur den Aufbau der Raspberry-Pi-Plattform, sondern beeinflusst auch die kontinuierliche Zusammenarbeit mit Arduino.
Industrietaugliche Hardware und Cloud-Konnektivität
Sieben neue Hardwareboards wurden 2024 veröffentlicht, darunter die offene Produktlinie ‚Modulino'. Die Kombination aus standardisiertem Hardwaredesign und WiFi-fähigen Modulen ermöglicht skalierbare Architekturen, etwa im Bereich der Zustandsüberwachung oder Automatisierung. Der Giga R1 dient in vielen Projekten als zentrale Recheneinheit mit CAN-Kommunikation. Firmware-Updates lassen sich inzwischen per WLAN einspielen.
Im Bereich Landwirtschaft demonstrierte Kitronics eine kameragestützte Schädlingsüberwachung mit Nicla Vision. Durch LTE-Module wie das Quectel Feather erfolgt eine permanente Anbindung an die Cloud. Für industrielle Automatisierung kommen in einer Förderband-Demo die PLC-kompatiblen Produkte Arduino Opta und Portenta Machine Control zum Einsatz.
Nicla VisionEin Beispiel für die Verknüpfung von Handwerk und Industrie zeigt das Unternehmen Technoseda aus Italien. Dort werden mit Arduino automatisierte Maschinen zur Verarbeitung von Seidenkokons gebaut. KI-gestützte Fütterungssysteme optimieren dabei die Zuchtbedingungen. Die gesamte Produktionslinie, von der Landwirtschaft bis zum Gewebe, bleibt digitalisiert und lokal in Italien.
Biologisch abbaubare Elektronik und EU-Forschung
Im europäischen Forschungsprojekt ‚Desire4' entwickelt Arduino gemeinsam mit Universitäten und Industriepartnern biologisch abbaubare Leiterplatten. Die Basismaterialien sind flammhemmend und kompostierbar. Laut Attila Jeczky von der Universität Veszprém lassen sich klassische Bestückungsanlagen weiterverwenden, nur die Löttemperatur muss angepasst werden. Pascal, Projektkoordinator der Universität Grenoble, erläutert: „Ein Ziel ist es, das Endvolumen an Elektroschrott zu reduzieren.“ Über ein spezielles Verfahren sollen Kupferschichten mikrobiell extrahiert werden. Diese ‚Bioleaching'-Prozesse benötigen weniger Energie als herkömmliche chemische Recyclingmethoden. Erste Platinen-Prototypen wurden bereits für den Uno und Nano entwickelt und sollen in einer Serie von 1.000 Stück in der Community getestet werden.
Bildung, Automatisierung und digitale Infrastruktur
In Frankreich lernen alle Schüler programmieren. Laut Léo Briand, Gründer der Plattform Vittascience, arbeiten mehr als 300.000 Nutzer mit Block- oder C++-Code direkt im Browser. Seine Solarballon-Projekte mit Arduino Uno kommen an über 500 Schulen zum Einsatz. Auch Projekte wie Wetterstationen oder Eclipse-Sensorik entstehen auf dieser Basis.
In Deutschland steuern Schüler Upcycling-Gewächshäuser mit Arduino Uno oder bauen mit dem Alvik-Roboter WLAN-fähige Fahrzeuge. Hochschulen setzen die Plattform in interdisziplinären Kontexten ein. An der Universität Cambridge wird Arduino zur Überwachung von Biophotovoltaik verwendet, an der Cornell University zur Datenerfassung bei lebenden Pilzen.
Ein bemerkenswertes Beispiel lieferte Judit Giró Benet: Ihr Arduino-basiertes System erkennt Brustkrebs über Urinproben und wurde mit dem Dyson-Innovationspreis ausgezeichnet.
Eben Upton im Gespräch mit Fabio Violante, CEO Arduino
Design und Details: Technische Gestaltung als Kommunikationsmittel
Die Platinen selbst werden zunehmend auch als Kommunikationsfläche verstanden. Fabio Ferrero, Visual Designer bei Arduino, verweist dazu auf die Gestaltung des Uno R4 WiFi. Darauf befindet sich ein winziger Herz-Pin, der als Messpunkt dient. „Das Herz misst den Puls der Platine“, so Fabio Ferrero. „Man kann ihn mit dem Multimeter messen.“
Die Modulino-Platinen sind mit Symbolen gekennzeichnet, die ihre Funktion verdeutlichen. Die Sonderedition ‚Minimum Edition' nutzt vergoldete Leiterbahnen als visuelles Highlight. Die gesamte Hardwaregestaltung folgt dabei funktionalen Prinzipien, wie klar lesbaren Pin-Beschriftungen und strukturierten Lötpunkten.
Die Arduino Days 2025 haben gezeigt, wie technische Weiterentwicklungen, industrielle Anwendungen und offene Entwicklungskulturen zusammenspielen. Die Plattform positioniert sich längst nicht mehr nur als Lernwerkzeug, sondern als solides Fundament für moderne Elektroniksysteme in Produktion, Forschung und nachhaltiger Technologieentwicklung.