30 Jahre Spitzenforschung in Niklasdorf – Teil 2 – Das Seminar

30 Jahre Spitzenforschung in Niklasdorf – Teil 2 – Das Seminar

In Anschluss an den Festakt, mit dem die Joanneum Research auf über 30 Jahre Spitzenforschung am steirischen Standort Niklasdorf hinweisen wollte, wurde ein wissenschaftliches Seminar zum Thema Laserproduktionstechnologien abgehalten.

Als Keynote-Speaker konnten Michael Zäh, Professor an der Technischen Universität München sowie Tim Hesse von Trumpf Maschinen Deutschland gewonnen werden. Darüber hinaus gaben die Expertinnen und Experten vom Institut Materials der Joanneum Research einen aktuellen Überblick über die derzeitigen Forschungsgebiete der Gruppe.

Die Vorträge

Im Rahmen von Laborführungen konnten die Teilnehmer Einblick in die Verfahrens- und Anlagentechnik des Instituts Materials gewinnenIm Rahmen von Laborführungen konnten die Teilnehmer Einblick in die Verfahrens- und Anlagentechnik des Instituts Materials gewinnen„Der Laser – wie veredeltes Licht die Produktionstechnik bereichert“ – Prof. Dr.-Ing Michael Zäh, Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebswissenschaften (iwb) der TU München, ging kurz auf die Geschichte der Laserentwicklung ein und stellte das Funktionsprinzip des Lasers vor. Dann zeigte er die vielfältigen Möglichkeiten in der Produktionstechnik auf, unter anderem am Laserstrahlschweißen- und Schneiden, dem thermischen Fügen mit laserbasierter Oberflächenvorbehandlung sowie des Laserauftragsschweißens in der Additiven Fertigung. Unterstützt werden diese Fertigungsprozesse zunehmend durch künstliche Intelligenz, wobei zur Qualitätssicherung u.a. die Optische Kohärenztomographie eingesetzt wird. Auch bei der Fertigung von Lithium-Ionen-Batterien ist der Laser für viele Arbeitsschritte zuständig, z.B. zum Fügen von Elektrodenfolien, dem Verschweißen von Zellgehäusen oder der externen Kontaktierung von Batteriezellen.

Im nachfolgenden Paper informierte Dr. Tim Hesse von der Trumpf Laser und Systemtechnik GmbH über „Meilensteine der Lasertechnik und Ausblick“. Auch heute noch sind CO2-Laser ein unentbehrliches Werkzeug zum Schneiden und Schweißen. Die 10,6 µm Wellenlänge war hier über Jahrzehnte der Maßstab. CO2-Laser erleben heute eine Renaissance zur Erzeugung von 13,5nm Sekundärlicht (EUV) für die Wafer Lithographie. Die Entwicklung ging weiter über Festkörperlaser (Stab-, Scheiben- und Faserlaser), mit denen zunehmend eine höhere Strahlqualität und damit sehr gute Fokussierbarkeit erreicht werden. In der Batteriefertigung für die Elektromobilität, ein Eldorado für Laserverfahren, werden heute grüne Laser mit kürzeren Wellenlängen (höhere Absorption) u.a. für die Bearbeitung von Kupferwerkstoffen eingesetzt. Auch die relativ neuen Ultrakurzpulslaser (UKP-Laser) sind für viele Anwendungen zunehmend interessant, mit ihnen können z.B. transparente Werkstoffe wie Glas mit hoher Präzision bearbeitet werden. In einem Ausblick auf die Zukunft der Lasertechnik betonte der Vortragende, dass Produktivität, Qualität und Applikationsvielfalt weiter steigen werden, wobei die Möglichkeiten zur Strahlformung eine wichtige Rolle spielen. Wesentliche Freiheitsgrade wie Intensität, Wellenlänge, Polarisation und Kohärenz werden bisher nicht oder kaum genutzt.

„30 Jahre Laserschweißen bei Joanneum Research“ – Raimund Krenn, Institut Materials, stellte anhand mehrerer Projekte und Anwendungen die Entwicklung und Optimierung der Verfahrens- und Anlagentechnik auf dem Gebiet des Laserschweißens vor. Ergänzend zum CO2-Laser wurden auch Festkörperlaser angeschafft und eingesetzt. Die Palette der mit diesem Anlagenpark erfolgreich bearbeiteten Projekte spannte sich von Getriebeteilen und Stoßfängern über Endlosbänder bis hin zu laufenden Arbeiten für die Elektromobilität. Auch Dienstleistungen werden angeboten, wobei bei kleinen Stückzahlen in manchen Fällen sogar die gesamte Fertigung am Institut erfolgt.

Zum Thema „Laserlegieren und 2D/3D Laserauftragsschweißen“ informierte DI Dr. Richard Görgl, ebenfalls Institut Materials. Er erklärte die Prinzipien der beiden Verfahren und ging anschließend auf konkrete Anwendungen ein. Im Detail stellte er das 3D-Laserauftragsschweißen (generative Fertigung) mittels Siemens NX vor. Die Technologie kann heute als Stand der Technik bezeichnet werden, wenngleich für ihre „fehlerfreie“ Anwendung eine gewisse Erfahrung nötig ist. Da die konkreten Schweißparameter und die gewählte Schweißstrategie das Ergebnis, insbesondere die finale Geometrie beeinflussen, müssen wichtige Parameter wie z.B. die Laserleistung und Fokussierung, die Verfahrgeschwindigkeit, Pulverförderrate oder der Spurabstand optimiert werden. Die notwendigen NC-Programme sind sehr umfangreich, da auch einfach programmierbare Geometrien als „Punktwolke“ erzeugt werden.

Über „Metall-3D-Druck im Pulverbett“ referierte DI Benjamin Meier, Material Institut. Er stellte das Projekt 3D Aero TiP vor, das die Entwicklung topologisch optimierter Strukturbauteile für die Luftfahrt aus der Titanlegierung Ti6Al4V Grade 5 mit dem L-PBF Verfahren zum Ziel hat. Der L-PBF(Laser Powder Bed Fusion)-Prozess ermöglicht die Herstellung von Bauteilen mit unterschiedlichen Geometrien gleichzeitig innerhalb eines Prozesses. Zur Erzielung optimaler Bauteileigenschaften (maximale Materialdichte, geringer Verzug, minimale Oberflächenrauheit) ist u.a. die Pulverqualität von großer Bedeutung, aus ökonomischer Sicht auch die Wiederverwendbarkeit des Pulvers. Bisherige Arbeiten konnten zeigen, dass die erreichten statischen mechanischen Eigenschaften zufriedenstellend sind, das Ermüdungsverhalten aber noch im kritischen Bereich ist.

 „Digitalizing and Greening of laser manufacturing process”

„Digitalizing and Greening of laser manufacturing process” – Mit dieser Thematik schloss PhD Vojislav Petrovic Filipovic, Institut Materials, den Workshop. Er wies darauf hin, dass Lasertechnologien bereits voll digitalisiert sind. Auch ihre Umweltfreundlichkeit ist im Vergleich zu anderen Verfahren gut, hier wird aber noch Optimierungspotenzial gesehen. So konnte beispielsweise der Energieverbrauch (Steckdosenwirkungsgrad) von Festkörperlasern von anfänglich 1 % auf 50 % erhöht werden. Dies bedeutet auch weniger Kühlwasser oder den Wegfall aufwändiger Kühlsysteme. Hier ist schon viel geschehen, es besteht aber noch Optimierungspotenzial.

Die Laborführung

Im Rahmen des Festakts und des wissenschaftlichen Seminars bestand für die Teilnehmer die Gelegenheit, die Labors der Forschungsgruppe Laser- und Plasma-Technologien des Joanneum Research Instituts Materials zu besuchen. Das Labor ist mit Laser- und Plasmaanlagen für die Materialbearbeitung sowie die Funktionalisierung und Beschichtung von Oberflächen gut ausgestattet. Im Schwerpunkt Plasma-Oberflächentechnologien stehen Niederdruckverfahren wie PVD und PACVD für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sowie in manchen Fällen auch für Dienstleistungen zur Verfügung. Der 3D-Druck und die anschließende Behandlung oder Beschichtung der Oberflächen wird zunehmend auch für die Medizintechnik (antibakterielle Beschichtungen, Barriereschichten für implantierbare, elektronische Aktuatoren und Sensoren) interessant. Ein relativ neues Forschungsgebiet ist die Plasmabeschichtung bei Atmosphärendruck, die im Vergleich zur Niederdruckbehandlung verschiedene Vorteile bietet und beispielsweise zur Reinigung oder Aktivierung temperaturempfindlicher Materialien eingesetzt werden kann. Der Wegfall aufwändiger und teurer Vakuumanlagen sowie die Möglichkeit zur Integration der Verfahren in bestehende Fertigungslinien sind weitere Vorteile dieser Technologien.

© Alle Fotos: Armin Russold

  • Ausgabe: Oktober
  • Jahr: 2021
  • Autoren: Richard Suchentrunk
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