Die Funktionalisierung von Oberflächen stellt die Industrie immer wieder vor Herausforderungen. Speziell beim Thema Haftung stoßen übliche Methoden schnell an ihre Grenzen, besonders wenn es um die Vorbehandlung von sehr inerten oder gleichzeitig auch sehr sensiblen Materialien geht. Das luxemburgische Unternehmen Molecular Plasma Group (MPG) bietet mit seiner innovativen und gleichzeitig nachhaltigen Plasmatechnologie zur Oberflächenfunktionalisierung kundenspezifische Lösungen für genau diese komplexen Anwendungen an
Die patentierte MolecularGRIP-Technologie von MPG geht deutlich über die Möglichkeiten einer klassischen Plasmavorbehandlung hinaus. Darüber hinaus kann sie lösungsmittelbasierte Haftvermittler durch einen umweltfreundlichen Prozess ersetzen – häufig sogar mit besseren Ergebnissen. Natürlich können auch andere Vorbehandlungsmethoden für gewisse Anwendungen eine ausreichende Haftungsverbesserung erzielen, aber selbst dort bietet die MolecularGRIP-Technologie viele Vorteile. Sowohl die Verwendung von nass-chemischen Haftvermittlern mit ihren umwelt- und gesundheitsschädlichen Eigenschaften als auch der Einsatz von Plasmatechnologien zur Oberflächenaktivierung (z. B. Corona-Behandlung) schränken das Prozessfenster einer Serienproduktion sehr ein. Müssen nass-chemische Haftvermittler nach dem Auftrag zunächst aufwendig getrocknet werden, so erfordern beide Methoden eine zügige Weiterverarbeitung, da sonst die Funktionalisierung der Oberfläche ihre Wirkung verliert.
Bei MPG hingegen werden organische Stoffe in einem einstufigen, trockenen Prozess mittels kalten atmosphärischen Plasmas kovalent an jegliche Substrate gebunden, wodurch eine permanente Nanobeschichtung entsteht, die der Oberfläche eine klar definierte Funktion verleiht. Durch die sofortige sowie beständige Modifizierung der Oberfläche können die Substrate entweder gleich oder nach beliebiger Zeit (Wochen/Monate) weiterverarbeitet werden. Eine Einschränkung des Bearbeitungszeitraumes nach der Vorbehandlung existiert damit nicht.
Ein weiterer Unterschied zu klassischen Plasmatechnologien ist das Energie- bzw. Temperaturniveau des Prozesses. Sind für die reine Oberflächenaktivierung durch eine Corona-Behandlung hohe Energien notwendig, wird dem Prozess von MPG gerade nur so viel Energie zugeführt, dass ein sehr sanftes Plasma erzeugt wird. Das Plasma dient nun lediglich als Vektor, um Moleküle zu radikalisieren,d. h. Molekülbindungen zu öffnen, sodass anschließend eine kovalente Bindung zwischen den Molekülen des Substrats und des zu beschichtenden Stoffes generiert werden kann. (Abbildung 1) Nicht zuletzt ist es dieses niedrige Energie- und damit Temperaturniveau, das es dem Prozess im Gegensatz zu anderen Technologien ermöglicht, auch sehr sensible Materialien (bspw. natürliche Materialien wie Cellulose) zu behandeln bzw. sehr empfindliche Stoffe (bspw. Biomoleküle wie Antikörper, DNA etc.) zu immobilisieren.
Ein großer Vorteil der Technologie liegt vor allem auch in der großen Bandbreite an Chemikalien, die zur Beschichtung der Substrate zur Verfügung steht. Abgesehen von der einzigen prozessbedingten Einschränkung, dass die Stoffe in flüssiger Form vorliegen müssen, kann man sich der gesamten Palette an organischer Chemie bedienen. Damit können die verschiedensten Funktionen erzeugt und kundenspezifische Lösungen entwickelt werden, wobei stets eine auf das zu betrachtende System abgestimmte Auswahl der Chemie erfolgt.
Neben der Haftungsverbesserung inerter Materialien reichen die Funktionen beispielsweise von bio-aktiven Oberflächen mit viruziden, bioziden, anti-biofouling oder antimikrobiellen Eigenschaften über Korrosionsschutz oder gezielte Filtration bis hin zu hydrophoben, hydrophilen und Antihaft-Eigenschaften oder das Abscheiden von komplexen Biomolekülen.
Die von MPG angebotenen industriellen Plasmasysteme sind skalierbar, vollautomatisiert und der bei Atmosphärenbedingungen ablaufende Prozess vollständig rückverfolgbar. Sie können als alleinstehende Anlagen installiert oder in bestehende Produktionslinien integriert werden. Neben dem PlasmaSpot-System für die Funktionalisierung von eher kleinen Flächen, Fasern, 3D-Formen, Pulvern und Partikeln ist das PlasmaLine-System das einzige auf dem Markt existierende atmosphärische Plasmasystem, mit dem zum Beispiel große Flächen, Folien, Membranen oder Textilien in einem kontinuierlichen Prozess homogen behandelt werden können (Abbildung 2).
Während bei der Aufbringung von nass-chemischen Haftvermittlern oder einer Oberflächenaktivierung eine Qualitätskontrolle der Vorbehandlung in einem laufenden Serienprozess, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt möglich ist, bietet MPG auch hierfür eine industrielle Lösung an. Durch das eigens entwickelte Vision System kann zu jeder Zeit sichergestellt werden, dass die Vorbehandlung auch in dem vorab definierten Maße stattgefunden hat. Hierzu werden UV-Tracermoleküle dem zu beschichtenden Stoff beigemischt und gleichzeitig homogen auf der Oberfläche abgeschieden. Mithilfe der Aufnahmen einer der Plasmabehandlung seriell nachgeschalteten UV-Kamera wird dabei die Intensität der Reflexion des UV-Lichts durch eine Software ausgewertet und darüber die Schichtdicke bestimmt. Integriert in das Rückverfolgbarkeitssystem der Anlage findet dadurch eine 100-%-Kontrolle des Prozesses statt.
Um noch einen Schritt weiter zu gehen, hat MPG eine offizielle Zusammenarbeit mit Socomore angekündigt, einem der weltweit führenden Anbieter von Oberflächenvorbereitung im Luft- und Raumfahrtsektor. Mit mehr als 50 Jahren Erfahrung und mehr als 1000 Produktzulassungen von 150 großen Akteuren in der Luft- und Raumfahrt sowie im Verteidigungsbereich fügt Socomore weiterhin neue Produkte und Technologien hinzu (Abbildung 3).
Die Zusammenarbeit zwischen Socomore und MPG wird innovative Prozesstechnologie mit zuverlässigem Chemie- und Zertifizierungs-Know-how verbinden. Zu den entwickelten Lösungen gehören die Funktionalisierung von Verbundwerkstoffen, die Oberflächenveredelung oder der Ersatz lösungsmittelbasierter Grundierungen.
Beispiele für Rolle-zu-Rolle-Anwendungen für Verbundstrukturen umfassen die Oberflächengrundierung von Fasern und Stoffen (Glasfaser, Kohlefaser usw.) für eine verbesserte Haftung an Harzen oder die Oberflächengrundierung für die strukturelle Haftung zwischen schwer zu verklebenden Verbundbändern (Glas, Polyolefine usw.).
Als innovatives Unternehmen arbeitet MPG auch stets an der Weiterentwicklung seiner Plasmasysteme. Das im Jahr 2021 zusammen mit der belgischen Firma Procept gegründete Joint Venture PartiX verbindet einen Wirbelschichtreaktor mit dem PlasmaSpot-System von MPG und ermöglicht dadurch sogar die Funktionalisierung von kleinsten Partikeln oder Pulvern, was einen technologischen Durchbruch für die Industrie darstellt. Werden aktuell erste Anwendungen noch in kleinerem Maßstab entwickelt, so stehen auch hierfür schon bald serienreife Anlagen zur Verfügung (Abbildung 4).
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