Pechschwarz statt silberglänzend – bei vielen metallischen Oberflächen kann es bei der Reinigung mit einem luftbetriebenen Atmosphärenplasma zu einer unerwünschten Oxidation kommen. Möglichkeiten, leicht oxidierende Oberflächen ohne diesen Effekt mit Plasma zu reinigen, werden hier beschrieben.
Abb. 1: Die Entfernung von Ruß von der Innenfläche eines Gasröhrchens, das mit ozonhaltigem indirekten Plasma einer DBD begast wird a) Die Entfernung von Ruß mit Ozon ohne Erwärmung ist langsam b) Durch die lokale Aufwärmung der mit Ozon begasten Oberfläche kommt zu einer sekundenschnellen Reaktion und Entfernung von RußDie Entfernung organischer Rückstände ist die häufigste Anforderung bei Reinigung von Metallteilen mit einem Atmosphärendruckplasma (ADP). Der Prozess erfolgt effizient mit einem sauerstoffhaltigen Plasma, wozu auch ein Luftplasma zählt. Die Reinigungswirkung eines Luft-ADP basiert auf den chemischen Reaktionen zwischen dem Luft-Sauerstoff und dem organischen Material. Meist handelt es sich um Kohlenwasserstoffe. Sauerstoff reagiert mit Kohlenstoff zu Kohlenstoff-Dioxid und mit Wasserstoff zu Wasser. Beide Reaktionsprodukte sind flüchtig, sodass sich das organische Material rückstandslos entfernen lässt (Abb. 1).
Entfernung organischer Rückstände
Ein Beispiel dafür ist die Entfernung von Ruß von der Innenfläche eines Glasröhrchens mit Hilfe von Ozon, das in einem Luft-ADP in großer Konzentration erzeugt wird und eine stark oxidierende Wirkung hat. Durch die Anwendung von reinem Sauerstoff anstelle von Luft, beispielsweise in einem DBD-basierten (dielectric barrier discharge) Plasmamodul MediPlas, lässt sich eine wesentlich höhere Ozonkonzentration von bis zu 3 % und damit stärkere Oxidation erreichen. Gleichzeitig wird die ungewollte chemische Reaktion mit Stickstoff vermieden, die die Bildung von nicht flüchtigen Rückständen bewirken kann. Eine synergetische Wirkung von Ozon und Hitze führt zu einer schnellen Reaktion und Entfernung von Ruß. Die Temperaturerhöhung beschleunigt Oxidationsprozesse wesentlich. Mit dem so genannten Massenwirkungsgesetz wird die exponentielle Temperaturabhängigkeit beschrieben [1].
Die Erhöhung der Oberflächenenergie
Durch die ADP-Behandlung einer Metalloberfläche wird typischerweise die freie Oberflächenenergie erhöht. Daraus resultiert eine bessere Benetzbarkeit der Oberfläche mit Flüssigkeiten und demzufolge eine bessere Haftung von Kleber, Vergussmassen oder Lacken. Die nach der ADP-Behandlung gemessene Oberflächenenergie ist jedoch nicht jene der Metalle. Die „nackten“ metallischen Oberflächen weisen eine Oberflächenenergie im Bereich von Tausenden mN/m auf und sind mit klassischen Mitteln wie Tropfen- oder Tintentest [2] nicht feststellbar. In Wirklichkeit wird die Oberflächenenergie von Metalloxiden gemessen, die in kürzester Zeit auf den meisten Metallen, beispielsweise Edelstahl und Aluminium, in der Umgebungsluft wachsen. Diese Oxidschichten verlangsamen eine weitere Oxidation und schützen die Oberflächen vor anderen chemischen Reaktionen. Bei einer guten Haftung der Oxidschicht auf der Metalloberfläche ist es unproblematisch, nur die Oxidoberfläche und nicht die Metalloberfläche mit dem ADP zu reinigen. Es wird dadurch die Haftung zwischen dem Oxid und der darauf aufgebrachten Schicht verbessert. Problematisch wird es aber, wenn die Metalloxide nicht besonders gut auf der Metalloberfläche haften oder ungewollte, beispielsweise optische, Eigenschaften haben. Solche Oxide bilden sich in der Luft unter anderem an Kupfer, Silber und deren Legierungen. Deren ADP-Behandlung bringt hier keine Verbesserung, da die Haftung zwischen Oxid und Metall schwach ist (großes Bild links).
Chemische Reduktion von Oxidschichten
Abb. 2: Die oxidierten Kupferkontakte auf einer Aluminiumoxid- Platte werden mithilfe eines Formiergas-Plasmas aus dem PAA-Plasmagenerator reduziertIst dies der Fall, ist eine Entfernung der Oxidschicht vor dem nächsten Prozessschritt erwünscht. Dazu wird eine reduzierende Chemie benötigt. Das heißt, der Oxidschicht wird Sauerstoff mithilfe einer chemischen Reaktion entzogen. Die plasmachemische Realisierung dieses Vorganges erfolgt mit Hilfe eines wasserstoffhaltigen Gases. Beim Betrieb von Plasmajet des PAA-Typs (pulsed atmospheric arc) ist das beispielsweise Formiergas 95/5 (5 % Wasserstoff + 95 % Stickstoff) [3], das bei dieser Konzentration nicht brennbar ist. Dadurch sind teure Warnanlagen und komplexe Sicherheitsvorkehrungen beim Umgang mit Wasserstoff nicht notwendig. Eine positive Nebenwirkung einer reduzierenden Plasmabehandlung ist die starke Erhöhung der Oberflächenenergie. Mit einer wasserstoffbasierten Chemie werden auch die organischen Rückstände entfernt (Abb. 2).
Beschleunigung des reduzierenden Prozesses
Typischerweise sind Prozesse mit Formiergas 95/5 nicht besonders schnell. Es bestehen zwei Möglichkeiten, die Prozessgeschwindigkeit zu erhöhen. Die erste Methode ist die Erhöhung der Wasserstoffkonzentration, wobei die erwähnten Vorteile wegfallen. Der Plasmabrush PB3 ist für Formiergas mit einer Wasserstoffkonzentration bis zu 10 % spezifiziert. Alternativ lässt sich der Reduktionsprozess bei erhöhter Temperatur durchführen. Die einfachste praktische Realisierung eines „wärmeren“ Prozesses ist die richtige Einstellung der Parameter am Plasmagenerator: langsamere Bewegung, kleiner Abstand zwischen der Plasmadüse und dem Substrat, Maximierung der Leistung oder Anwendung mehrerer Jets hintereinander.
Rückoxidation
Die höhere Temperatur des Substrates während der Plasmareduktion hat eine Tücke: Nicht nur Reduktionsprozesse, sondern auch die Oxidation der Metalloberfläche beschleunigt sich mit steigender Temperatur. Deshalb kann es passieren, dass eine frisch reduzierte Metalloberfläche in der Luftumgebung schnell oxidiert, das Ergebnis des Reduzierungsprozesses zunichte gemacht wird. Das Problem lässt sich durch die Verwendung einer sauerstofffreien bzw. -armen Umgebung lösen. Eine bekannte technologische Lösung gegen Oxidation ist die Stickstoffspülung. Der Abschnitt des Substrates, der im heißen Zustand mit dem Umgebungsgas in Kontakt tritt, muss sich im Stickstoff befinden.
Fotos: Reylon Plasma
Literatur
[1] Aromaa, J., Kekkonen, M., Mousapour, M., Jokilaakso, A., and Lundström, M. The oxidation of copper in air at temperatures up to 100 °C. Corros. Mater. Degrad. 2021, 2, 625–640., https://doi.org/10.3390/cmd2040033
[2] Jin, M., Thomsen, F., Skrivanek, T., and Willers, T., Why test inks cannot tell the whole truth about surface free energy of solids. In Advances in Contact Angle, Wettability and Adhesion; John Wiley & Sons, Ltd.: Hoboken, NJ, USA, 2015; Chapter 17, pp. 419–438.
[3] Korzec, D., Hoffmann, M., and Nettesheim, S., Application of plasma bridge for grounding of conductive substrates treated by transferred pulsed atmospheric arc. Plasma 6, 1 (2023), 139 – 161, https://doi.org/10.3390/plasma6010012
[4] Lee, J., Williams, T. S., and Hicks, R. F. Atmospheric pressure plasma reduction of copper oxide to copper metal. J. Vac. Sci. Technol. A2021, 39, 023001, https://doi.org/10.1116/6.0000704