Mit dem Voranschreiten der Energiewende werden stationäre Speicher-systeme immer wichtiger, die in der Lage sind, die fluktuierende Strom-erzeugung aus Sonnen- und Windenergie zu glätten. Als kosteneffiziente Alternative zu Lithium-Ionen-Batterien stehen Redox-Flow-Batterien in diesem Bereich schon lange im Fokus der Wissenschaft. Auch für die Galvanotechnik eröffnen sich hier mögliche Anwendungsfelder. Aufgrund der großen Bandbreite an möglichen Systemen bedarf es jedoch einer gewissen Einordnung, daher werden aus galvanotechnischer Sicht wichtige Redox-Flow-Batterien vorgestellt und ein Einblick in die aktuelle Forschung am fem Forschungsinstitut im Bereich der Nickel-Zink-Redox-Flow-Batterien gegeben.
Energietechnischer Hintergrund
Die Transformation der Stromerzeugung hin zur Nutzung von erneuerbaren Energien macht stationäre Speichersysteme zur Stabilisierung der Netze notwendig, da Solar- und Windkraftwerke nicht kontinuierlich zur Verfügung stehen. Dabei sind Energiedichte, Kosten und Langlebigkeit wichtige Kriterien zur Auswahl geeigneter Energiespeichersysteme. Das Standardspeichersystem ist nach wie vor die Lithium-Ionen-Batterie mit ihrer sehr hohen Energiedichte. Eine aktuelle Studie [1] zur Flächennutzung von stationären Speichern basierend auf Lithium-Ionen-Batterien bzw. Redox-Flow-Batterien kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass die Energiedichte bezogen auf die genutzte Fläche vergleichbar ist. Dadurch treten andere Aspekte wie Kosten, Sicherheit, Langlebigkeit und flexible Anpassung der Energie und Leistung in den Vordergrund, bei denen Redox-Flow-Batterien ihre Vorteile ausspielen können.
Aufbau einer Redox-Flow-Batterie
Eine Redox-Flow-Batterie besteht ähnlich wie (statische) Batterien aus einer elektrochemischen Zelle, in der die Zellreaktion abläuft. Hier befinden sich die Elektroden, an denen die elektrochemischen Reaktionen stattfinden, wobei Anoden- und Kathodenraum durch eine Membran voneinander getrennt sind. Anders als in Batterien sind Aktivmaterialien in Redox-Flow-Batterien jedoch Flüssigkeiten, die in Tanks gespeichert und über Pumpen in die elektrochemische Zelle gepumpt werden (siehe Abb. 1). Dadurch gibt es eine unabhängige Skalierung von Energie und Leistung. Die Energie des Systems wird durch die Tankgröße definiert und die Leistung durch die Pumpleistung. Hier ergibt sich ein entscheidender Kostenvorteil gegenüber Lithium-Ionen-Batterien. Während bei Letzteren die Steigerung der Energie mehr Zellen notwendig macht, wodurch die Kosten linear mit der Speicherkapazität skalieren, sind die Mehrkosten bei Redox-Flow-Batterien durch Vergrößerung des Tanks weniger relevant. Im großen Maßstab sind hier deutlich günstigere Speicher möglich. Außerdem sind Redox-Flow-Batterien häufig wasser-basiert und dadurch intrinsisch sicherer. Auch die Wartung und das Recycling sind einfacher, da das Aktivmaterial schnell ausgetauscht werden kann. [2]
Arten von Redox-Flow-Batterien
Bei den Redox-Flow-Batterien werden verschiedene Arten unterschieden. Bei den „klassischen“ Redox-Flow-Batterien ist das Aktivmaterial im Elektrolyten gelöst und die Zellreaktion findet ausschließlich in flüssiger Phase statt. Zu dieser Art der Redox-Flow-Batterien zählen Vanadium-Redox-Flow-Batterien (dazu im Folgenden mehr), organische Redox-Flow-Batterien, bei denen das Aktivmaterial eine redoxaktive organische Verbindung ist, und Redox-Flow-Batterien mit Polyoxometallaten, also großen Clustern aus Übergangsmetallen (z. B. Wolfram, Molybdän oder Vanadium) und Sauerstoff. Bei den Hybrid-Flow-Batterien findet während der Zellreaktion ein Übergang zwischen flüssiger und fester Phase statt. Beispielsweise findet in Eisen-Redox-Flow-Batterien auf der einen Seite die Reaktion zwischen Fe2+ und Fe3+ statt und auf der anderen Seite die Abscheidung von metallischem Eisen. In Metall-Luft-Redox-Flow-Batterien wird Sauerstoff als Aktivmaterial verwendet, wodurch nun noch eine Gasphase in der Zellreaktion hinzukommt. Sonderformen der Redox-Flow-Batterien sind Solar Redox-Flow-Batterien, bei denen das auch photochemisch aktive Aktivmaterial durch die Energie des Sonnenlichtes geladen wird und Metall-CO2-Redox-Flow-Batterien, bei denen CO2 in energiereichere Kohlenwasserstoffe umgewandelt wird. Dieser Artikel konzentriert sich auf die Systeme, die eventuell für die Galvanotechnik interessant sein könnten. [2]
Vanadium-Redox-Flow-Batterie
Die Vanadium-Redox-Flow-Batterie ist die erste kommerzialisierte Redox-Flow-Batterie und in dieser Batterieklasse aktuell am weitesten verbreitet. Hier sind sehr viele Anlagen, vor allem in China, realisiert. Die Zellreaktion beruht auf der Reaktion zwischen Vanadium(II)/Vanadium(III) auf der Anodenseite und Vanadium(IV)/Vanadium(V) auf der Kathodenseite. Die Energiedichte ist mit 25-35 Wh L–1 etwa um den Faktor 10 kleiner als bei Lithium-Ionen-Batterien. Neben den bereits erwähnten Vorteilen der Redox-Flow-Batterien bringt der Einsatz von Vanadium einige Nachteile mit sich. Gerade die Toxizität, die geringe Verfügbarkeit und die hohen Kosten von Vanadium als Aktivmaterial verringern die Kosteneffizienz. [2]
Materialien, die in der Vanadium-Redox-Flow-Batterie verwendet werden, sind vor allem Ionen-Austausch-Membranen, die die Anoden- und Kathodenseite voneinander trennen. Diese werden unterschieden in Anionen-Austausch-Membranen, die leitfähig für Anionen sind, und Kationen-Austausch-Membranen, die eine gute Leitfähigkeit für Kationen haben. Anionen-Austausch-Membranen verhindern die Unterwanderung von Vanadium-Ionen, die zu Kapazitätsverlusten führt, zeigen jedoch insgesamt eine geringere ionische Leitfähigkeit und damit höhere Zellwiderstände. Kationen-Austausch-Membranen, insbesondere protonenleitende, zeigen eine hohe ionische Leitfähigkeit und hohe chemische und thermische Stabilität, verursachen aber hohe Kosten und können die Unterwanderung von Vanadium-Ionen schlechter verhindern. [3] Als Elektroden werden häufig Kohlenstoffvliese eingesetzt. Teilweise werden diese mit Metalloxiden als Katalysatormaterialien beschichtet, um die Zellreaktion effizienter zu gestalten. [3,4] Dies könnte ein Anwendungsfeld für die Oberflächentechnik sein.
Eisen-Redox-Flow-Batterie
Ein weiteres System, das Marktreife erlangt hat, ist die Eisen-Redox-Flow-Batterie. Basierend auf diesem System streben LEAG und ESS in der Oberlausitz den Bau einer 50 MW/500 MWh-Batterie an. [5] Die Eisen-Redox-Flow-Batterie basiert auf der Reaktion von Fe2+/Fe3+ auf der Kathodenseite und der Eisenabscheidung bzw. -auflösung auf der Anodenseite. Das bringt gegenüber Vanadium einige Vorteile mit sich. So ist die Verfügbarkeit von Eisen sehr hoch, die Toxizität und auch die Sicherheitsanforderungen sind überschaubar und damit die Elektrolytkosten deutlich geringer. Nachteilig ist jedoch die geringere Zellspannung und damit die geringere Energiedichte, wobei diese, wie oben erwähnt, im großen Maßstab eine untergeordnete Rolle spielt. Eine besondere Herausforderung des Systems ist die strenge Überwachung des pH-Wertes, um die Wasserstoffbildung und damit Effizienzverluste zu verhindern. Bei den Materialien für die Eisen-Redox-Flow-Batterien bringt vor allem der Einsatz von porösen Membranen anstelle von Kationen-Austausch-Membranen enorme Kostenvorteile mit sich. [3] Dabei wird in Kauf genommen, dass Fe3+-Ionen auf die Anodenseite wandern und dort mit metallischem Eisen reagieren, was zu Effizienzverlusten führt.
Zink-Brom-Redox-Flow-Batterie
Ein vor allem in den USA und in Australien verbreitetes System ist die Zink-Brom-Redox-Flow-Batterie. Diese basiert auf der Reaktion zwischen elementarem Brom und Bromid-Ionen auf der Kathodenseite und metallischem Zink und Zink-Ionen auf der Anodenseite. Vorteile gegenüber Vanadium sind auch hier die hohe Verfügbarkeit der Aktivmaterialien, die höhere Energiedichte und die lange Haltbarkeit der Elektrolyte. Nachteilig ist jedoch die Dendritenbildung von Zink, also die Abscheidung von metallischem Zink in Form von nadelartigen Strukturen, die die Membran durchdringen können. Diese müssen durch regelmäßiges vollständiges Entladen aufgelöst werden, was die Effizienz des Energiespeichers mindert. Zudem muss das elementare Brom in einer Öl-Phase stabilisiert werden, was die Elektrolytkosten erhöht. Als Materialien werden Kohlenstoffvlies als Elektroden für die Kathodenseite und leitfähige Polymere oder Zinn als Elektroden für die Anodenseite eingesetzt. Die Membran ist oftmals auch eine Kationen-Austausch-Membran. [2]
Aktuelle Forschung am fem: Ni-Zn-Redox-Flow-Batterie
Die Zinkhalbzelle ist auch Gegenstand der Forschung am fem im öffentlich geförderten Projekt NiZiFlow2. Hier soll die Energiedichte dadurch gesteigert werden, dass als Anolyt und Katholyt Suspensionen aus Aktivmaterial verwendet werden. Auf der Anodenseite sind das Zinkpartikel, an denen die Reaktion zwischen Zinkionen und metallischem Zink ablaufen soll und auf der Kathodenseite sind das Nickelhydroxidpartikel, die zu Nickeloxidhydroxid reagieren. Herausfordernd an diesem Zellkonzept ist, dass die Zellreaktion nur am Aktivmaterial, nicht aber an den Elektroden stattfinden soll und die schlechte Leitfähigkeit der Nickelhydroxidpartikel. Im Folgenden soll die Forschung am fem in Bezug auf die Zellreaktion an der Zinkseite näher beleuchtet werden.
Um die Zinkreaktion besser zu verstehen, wurde diese zunächst unter idealisierten Bedingungen betrachtet. Dabei wurde eine Zinkfolie, die die Oberfläche der Zinkpartikel repräsentiert, an einer rotierenden Scheibenelektrode befestigt. Auf diese Weise ist die Zinkfolie beweglich und gleichzeitig kontaktiert. Es wurde nun der Einfluss der Stromdichte und der Drehgeschwindigkeit auf die Oberflächenstruktur der Zinkabscheidung untersucht. Die erhaltenen Zinkstrukturen wurden mittels Elektronenmikroskopie und Konfokalmikroskopie untersucht. Dabei wurden vor allem glatte Schichten mit geringer Rauigkeit angestrebt, da sich eine raue Zinkoberfläche nachteilig auf das Fließverhalten der Suspension auswirken kann.
In Abbildung 2 sind einige Beispiele für die unterschiedlichen Strukturen der Zinkabscheidungen zu sehen. Die farbige Umrandung korreliert mit der farblichen Hinterlegung in Tabelle 1. Die Morphologie der Zinkabscheidungen reicht von filamentartigen oder dendritischen Strukturen bis zu schichtartig und inselartig aufgewachsenen Schichten. Dabei zeigt sich der Trend, dass höhere Stromdichten und höhere Umdrehungsgeschwindigkeiten zu glatteren Schichten führen. Die mittels Konfokalmikroskopie bestimmten Rauigkeitswerte (siehe Tabelle 1) bilden diesen Trend ebenfalls ab, allerdings führt das bei 250 rpm auftretende Inselwachstum zu sehr hohen Rauigkeitswerten, obwohl die elektronenmikroskopische Aufnahmen relativ glatte Schichten andeuten. Die farbige Hinterlegung der Rauigkeitswerte in Tabelle 1 soll die angestrebte geringe Rauigkeit (grün) verdeutlichen.
Rauigkeit |
1 mA/cm2 |
2 mA/cm2 |
3mA/cm2 |
4mA/cm2 |
0 rpm |
6,59 |
1,10 |
0,98 |
2,13 |
250 rpm |
0,33 |
3,05 |
6,34 |
3,33 |
500 rpm |
0,56 |
0,68 |
0,38 |
0,29 |
750 rpm |
0,63 |
1,02 |
0,32 |
0,71 |
Zur Übertragung dieser Erkenntnisse auf die Abscheidung und Auflösung auf den Zinkpartikeln, wurde nun eine Suspension aus Zink-Partikeln elektrochemisch untersucht. Hierfür wurde zusammen mit der Walter Lemmen GmbH ein Modellreaktor konstruiert, der aus zwei Kammern besteht und bei dem die Elektroden und die Membran austauschbar sind. Dies ist in Abbildung 3 dargestellt. In der oberen Kammer wurden die suspendierten Zinkpartikel eingefüllt und mit einem Rührer an der Elektrodenoberfläche vorbeigeführt. In der unteren Kammer wurde Elektrolyt ohne Zinkpartikel eingefüllt. Durch abwechselndes Anlegen von positivem und negativem Strom fand abwechselnd Zinkabscheidung und -auflösung statt und es konnte das Zyklisierverhalten der Zinkpartikel untersucht werden. Es zeigte sich dabei, dass nach 20 Zyklen feine dendritische Strukturen auf der Oberfläche zu finden sind (siehe Abb. 4). Anders als unter idealisierten Bedingungen auf der Zinkfolie schienen hier die Bewegung der Zinkpartikel und das abwechselnde Auflösen und Abscheiden eher dendritische Strukturen zu begünstigen. Diese sind jedoch sehr fein, sodass das Fließverhalten im betrachteten Zeitraum nicht beeinträchtigt wurde.
Zusammenfassung
Redox-Flow-Batterien zeichnen sich im Bereich stationäre Speicher als kostengünstige Alternative zu Lithium-Ionen-Batterien aus. Dabei ist im großen Maßstab stationärer Speicher die Energiedichte weniger entscheidend. Unter der Vielzahl an unterschiedlichen Systemen könnten vor allem Vanadium-, Eisen- und Zink-Brom-Redox-Flow-Batterien für die Galvanotechnik interessant sein. Das fem forscht zudem im Bereich der Ni-Zn-Redox-Flow-Batterien. Anwendungsfelder für die Galvanotechnik sind insbesondere Hybrid-Flow-Systeme, bei denen Expertise im Bereich der Abscheidung und Auflösung eines Aktivmaterials gefragt ist, und die Beschichtung von Elektroden mit Katalysatormaterial.
Danksagung
Das Projekt NiZiFlow2 (Förderkennzeichen 03EI6059F) wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
Dieser Artikel geht auf einen Vortrag auf dem 45. Ulmer Gespräch Mitte Mai zurück.
Literatur
[1] Energy Advances 2 (2023), Nr. 9, S. 1357–1365.
[2] Journal of Power Sources 481 (2021), S. 228804
[3] Batteries 9 (2023), Nr. 8, S. 409.
[4] Journal of Materials Chemistry A 3 (2015), Nr. 33,S. 16913–16933.
[5] Bressel, Lukas: LEAG geht neue Partnerschaft zum Bau von Langzeit-Energiespeichern ein. URL https://www.niederlausitz-aktuell.de/niederlausitz-aktuell/orte/cottbus/235150/leag-geht-neue-partnerschaft-zum-bau-von-langzeit-energiespeichern-ein.html. – abgerufen am 2024-06-12. — NIEDERLAUSITZ aktuell