Skalierbare Superkondensatoren aus Graphen

Sina Azad, Vahid Charkhesht und Jakob Heier (v. l. n. r.) von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa mit einer Elektrode aus Graphen. Die neuartigen Elektroden lassen sich im Rolle-zu-Rolle-Verfahren in industriellem Maßstab herstellen - (Foto: Empa)
  • Titelbild: Sina Azad, Vahid Charkhesht und Jakob Heier (v. l. n. r.) von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa mit einer Elektrode aus Graphen. Die neuartigen Elektroden lassen sich im Rolle-zu-Rolle-Verfahren in industriellem Maßstab herstellen - (Foto: Empa)

Superkondensatoren sind schnelle, leistungsfähige Energiespeicher. Sie ergänzen die relativ langsam ladenden und entladenden Batterien in zahlreichen Einsatzgebieten, von Elektroautos über Industriemaschinen bis hin zu Windrädern. Ein Empa-Team will bessere Superkondensatoren auf der Basis von Graphen entwickeln – und sie gleich fit machen für die kommerzielle Herstellung im Großmaßstab.

Superkondensatoren oder Supercaps (vom englischen „Supercapacitors“) sind die flinken kleinen Geschwister von Batterien. Beide Technologien speichern elektrische Energie. Batterien haben eine große Energie-, aber eine geringe Leistungsdichte. Will heißen: Sie können viel Energie speichern, aber das Laden und Entladen ist eher langsam. Supercaps sind ziemlich genau das Gegenteil: Sie nehmen Energie blitzschnell auf und geben sie wieder ab, speichern können sie aber nur wenig davon.

„Batterien sind wie ein großes Gefäß mit einem schmalen Hals, das sich nur langsam füllen lässt. Superkondensatoren sind eher kleine Tassen mit einer weiten Öffnung – sie füllen sich schnell, haben aber wenig Volumen“, erläutert Empa-Forscher Sina Azad. Die beiden Technologien sind häufig als Team im Einsatz: Bei einem Elektroauto fangen Superkondensatoren die Bremsenergie schnell auf und geben sie später an die langsameren Batterien zur Speicherung weiter. Auch in Solarfarmen und Windkraftanlagen sowie in Industriemaschinen, die zuweilen schnell viel Strom brauchen, finden sich Superkondensatoren.

Azad, Postdoktorand im Empa-Labor „Functional Polymers“, und sein Team haben sich zum Ziel gesetzt, diese allgegenwärtigen „Schnellspeicher“ zu verbessern, indem sie neuartige Elektroden aus Graphen entwickeln. Dank dieser zweidimensionalen Form des Kohlenstoffs sollen die Superkondensatoren wesentlich höhere Energiedichten erreichen.

„Rekordverdächtige Energiedichten für Superkondensatoren wurden in der wissenschaftlichen Literatur schon mehrfach beschrieben“, räumt Azad ein. Bei seinem Forschungsvorhaben liegt das Augenmerk deshalb auch nicht auf Rekorden, sondern auf der Skalierbarkeit. Die Forschenden setzen von Beginn an auf Materialien und Prozesse, die sich nicht nur im Labor, sondern auch im industriellen Maßstab umsetzen lassen. Ihr Projekt wird deshalb im Rahmen von „Bridge“ unterstützt, einem gemeinsamen Förderprogramm des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und der Innosuisse.

Die Oberfläche zählt

Ähnlich wie eine Batterie besteht ein Superkondensator aus zwei Elektroden, die von einem flüssigen Elektrolyten umgeben sind. Beim Laden und Entladen transportiert der Elektrolyt die Ionen – die Ladungsträger – von einer Elektrode zur anderen. Anders als bei der Batterie finden dabei jedoch keine chemischen Reaktionen statt. „Superkondensatoren speichern die Energie elektrostatisch, indem sie so viele geladene Teilchen wie möglich auf der Elektrode ablagern“, erklärt Jakob Heier, Leiter der Forschungsgruppe „Functional Thin Film Solution Processing“ im Labor für Funktionspolymere, zu der auch Sina Azad gehört.

Heißt also: Je größer die Oberfläche der Elektrode, desto mehr Ionen können daran „andocken“ – und desto höher ist entsprechend die Energiedichte des Superkondensators. „Heute wird meist das hochporöse Material Aktivkohle als Elektrodenmaterial verwendet“, weiß Empa-Forscher Vahid Charkhesht. Allerdings hat Aktivkohle im Gegensatz zu Graphen nur eine sehr geringe elektrische Leitfähigkeit, was die Speicherkapazität der Elektrode senkt.

Ein weiterer Nachteil entsteht bei der Verarbeitung des Materials. Die Elektroden werden in der Industrie in einem sogenannten Rolle-zu-Rolle-Verfahren auf flexible Folien aufgedruckt, geschnitten und zu fertigen Superkondensatoren zusammengerollt. Um die pulverförmige Aktiv­kohle auf ein Trägermaterial drucken zu können, wird sie mit Bindemitteln und weiteren Zusatzstoffen versehen, die ihre Porosität beeinträchtigen.

Von der Tinte zum fertigen Produkt

Graphen zu drucken ist allerdings auch nicht selbstverständlich. Reines Graphen für industrielle Anwendungen wird meist aus Graphit gewonnen. Herkömmliche Methoden liefern meist nur eine sehr geringe Ausbeute an reinem Graphen, das zudem noch aufwendig von Abfallprodukten getrennt werden muss. Hier haben die Empa-Forschenden aufgrund eines vorangegangenen Forschungsprojekts jedoch ein Ass im Ärmel: Sie haben ein Verfahren entwickelt, mit dem sich hochwertiges Graphen kostengünstig und effizient aus Graphit „abschälen“ und zu einer gelförmigen druckbaren Tinte verarbeiten lässt.

Diese Graphen-Tinte bietet einen entscheidenden Vorteil bei der Herstellung der Supercap-Elektroden: Durch eine geschickte Mischung zweier unterschiedlicher Graphen-Arten können die Forschenden die Größe der Poren zwischen den Graphen-Schichten gezielt beeinflussen. „Wenn wir die Porengröße der Elektrode auf die Größe der Ionen im Elektrolyten abstimmen, steigt die Energiedichte des Superkondensators sprunghaft an“, erklärt Azad. Bei Aktivkohle ist keine derartige Kontrolle möglich.

Mit der hohen Leitfähigkeit, der präzisen Porengröße, der großen Oberfläche und der Skalierbarkeit dürften die neuartigen Elektroden ein High-Tech-Produkt werden. „Am Ende des Projekts wollen wir unsere Technologie auf den Markt bringen, entweder mit Industriepartnern oder über ein eigenes Spin-off“, sagt Jakob Heier.

Bis dahin – das Projekt läuft noch bis 2028 – gibt es jedoch noch viel zu tun. Die Forschenden wollen nämlich nicht nur die Technologie für die Elektroden entwickeln, sondern diese auch gleich herstellen und in funktionierende Prototypen von Superkondensatoren einbauen. Es gilt, die richtigen Prozessschritte zu definieren, einen passenden Elektrolyten zu finden und die fertigen Superkondensatoren dann auch genau zu charakterisieren. „Wir wollen ein echtes, zuverlässiges Produkt entwickeln“, resümiert Azad.

Artikelinformationen

  • Ausgabe: September
  • Jahr: 2025
  • Autoren: Redaktion
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