3 Erweitertes Spülmodell
Die bereits früher in [12] und [13] publizierten und in Abschnitt 2 noch einmal zusammengefassten stationären Modellgleichungen umfassen eine große Breite praktisch relevanter Spülstrukturen und Effekte. Um noch weitere relevante Anwendungen zu erschließen, sollen nun zwei strukturelle Erweiterungen eingeführt werden.
3.1 Flexible Wassereinspeisung
Bei der in Abbildung 2 dargestellten Spülkaskade erfolgt die Spülwassereinspeisung ausschließlich in die letzte Spülstufe. Das ist sinnvoll und die am häufigsten angewendete Form der Speisung. Nichtsdestotrotz gibt es in der Praxis auch Kaskadenspülen, bei denen aus verschiedenen Gründen eine Speisung in vordere Spülstufen erfolgt. Soll das modelliert werden, werden die Gleichungen <6> um Zuläufe (V.if1, V.if2, ..., V.if,n-1) in die vorderen Stufen erweitert:
<19>
Entsprechend werden die Massestromgleichungen <7> erweitert für den Fall, dass die Zulaufvolumenströme den betrachteten Stoff mit den Konzentrationen (cif1, cif2, ..., cif,n-1) enthalten:
<20>
3.2 Spritzspülen mit Frischwasser
Im bisher präsentierten Modell wurde beim Spritzspülen in der Kaskade der Fall dargestellt, bei dem über einer Spülstufe mit Spülwasser aus der folgenden Spülstufe gesprüht wird. In der Praxis wird jedoch häufig auch in vorderen Spülstufen mit externem Wasser gesprüht. Eine entsprechende Kaskadenstruktur ist in Abbildung 6 dargestellt. Zur Modellierung dieser Struktur werden die Gleichungen <18> modifiziert:
<21>
Wird auch über dem Behandlungsprozess abgesprüht, gilt analog:
<22>
Hierbei ist csr,k die Spritzspülkonzentration der externen Sprühlösung. In den meisten praktischen Fällen wird mit Frischwasser gesprüht. Dann ist die entsprechende Konzentration csr = 0 und die Gleichung <17> vereinfacht sich:
<23>
Um die beiden in den Gleichungen <18> sowie <21> und <22> dargestellten Formen des Spritzspülens kompakt in einem Modell darzustellen, wird der Strukturparameter δk eingeführt:
<24>
Hierbei bedeutet:
<25>
Zur Berücksichtigung der externen Spritzspülvolumenströme (V.sr1, V.sr2, ..., V.sr,n-1) müssen die Volumenstromgleichungen <8> und <19> entsprechend erweitert werden:
<26>
Entsprechend sind die Massestromgleichungen <9> und <20> um die möglichen Einträge durch Spritzspülen zu erweitern:
<27>
3.3 Gesamtmodell
Die Massestromgleichungen <27> stellen ein lineares Gleichungssystem dar. Wie bereits in [12] und [13] eingeführt, soll auch das erweiterte Spülmodell als Matrizengleichung der Form
<28>
dargestellt werden.
Dabei ergibt sich das erweiterte Matrizenmodell aus den Gleichungen der unvollständigen Vermischung <11> und <15> sowie aus den Spritzspülgleichungen <24>. Die erweiterte Volumenstrom- und Koeffizientenmatrix A sieht dann wie folgt aus:
<29>
Die Volumenströme im oberen Teil der Matrix werden hierbei nach den Gleichungen <26> berechnet.
Der in Gleichung <28> verwendete Konzentrationsvektor c setzt sich aus den Konzentrationen in den Spülstufen ct, den Ausschleppungskonzentrationen cdo und den Konzentrationen nach dem Ausheben der Ware cmx zusammen:
<30>
Auf der rechten Seite der Matrizengleichung <28> befindet sich der erweiterte Eintragsvektor b, der die verallgemeinerte Form hat:
<31>
Der Eintragsvektor vereinfacht sich häufig, wenn es sich bei dem zusätzlich eingespeisten Wasser und beim Spritzspülwasser um Frischwasser handelt, d. h. die entsprechenden Konzentrationen Null sind csr= 0 und cif= 0:
<32>
Noch einfacher wird der Eintragsvektor b, wenn wie in den meisten praktischen Fällen die vor dem Prozess liegende Spüle den betrachteten Stoff nicht enthält (c−1 = 0) und im Behandlungsprozess durch entsprechende Liegezeit Idealvermischung herrscht (α0 = 0). Dann ist der gesamte Eintragsvektor b nur an der (n+2)-ten Stelle mit der Prozesskonzentration −c0 belegt; alle anderen Elemente des Vektors haben den Wert Null.
4 Nutzung des Modells 4.1 Berechnung von Spülkonzentrationen
Sind für eine gegebene Spülsystemstruktur alle nötigen Parameter bekannt, können mit dem vorgestellten Spülmodell die stationären Spülkonzentrationen berechnet werden. Dazu muss das in den Gleichungen <28> bis <32> dargestellte lineare Gleichungssystem gelöst werden. In Matrizenform berechnet sich der gesucht Konzentrationsvektor mit:
<33>
Das heißt, die Inverse der Volumenstrom- und Koeffizientenmatrix b wird mit dem Eintragsvektor A rechtsseitig multipliziert.
Zur Berechnung der Spülkonzentrationen sind somit folgende Schritte nötig:
1. Zusammentragen aller relevanten Modellparameter
- Verschleppungsvolumenströme
- Zulaufvolumenströme
- Konzentration im Behandlungsprozess
- Faktoren der unvollständigen Vermischung
- ggf. Abflussvolumenströme
- ggf. Vortauchen (Strukturparameter zur Fallunterscheidung) und ggf. Konzentration der davorliegenden Spüle
- ggf. Verdunstungen aus Spülstufen
- ggf. Spritzspülen
- Spritzspülfaktoren
- Spritzspülvolumenströme
- Strukturparameter zur Quelle des Spritzspülens
(Folgespüle oder Frischwasser)
- ggf. Konzentration zugeführter Volumenströme (Zulauf, externes Spritzspülwasser)
2. Berechnung der Überlaufvolumenströme (Gleichungen <26>)
3.Formulierung des Matrizenmodells durch Aufstellen
- der Volumenstrom- und Koeffizientenmatrix A (Gleichung <29>)
- des Eintragsvektors b (Gleichung <30>)
4. Berechnung der Inversen der Volumenstrom- und Koeffizientenmatrix A−1
5. Berechnung des gesuchten Konzentrationsvektors c durch Matrizenmultiplikation (Gleichung <33>)
4.2 Berechnung des Wasserbedarfs
Die in Abschnitt 4.1 dargestellte Berechnung der Konzentrationen für ein gegebenes Betriebsszenarium stellt eine direkte Problemlösung für ein gegebenes Spülsystem dar. In der Praxis steht die Frage jedoch häufig andersherum. Gefordert ist die zu erreichende Spülqualität der Ware nach Durchlaufen der Kaskadenspüle. Vorgegeben wird hierbei ein Spülkriterium, das angibt, wie die Verdünnung der auf der Ware verbleibenden Ausschleppung im Verhältnis zur Konzentration im Behandlungsprozess sein soll:
<34>
Somit muss für eine vorgegebene Verschleppungskonzentration der nötige Spülwasservolumenstrom ermittelt werden. Das entsprechende Spülproblem ist also indirekt zu lösen.
Eine explizite Lösung dieses indirekten Problems lässt sich nicht allgemein gültig formulieren. Möglich ist es jedoch, das indirekte Problem durch wiederholtes Rechnen der Modellgleichung <33> mit unterschiedlichen Spülvolumenströmen zu lösen. Dabei wird der gesuchte Volumenstrom so lange verändert, bis sich die geforderte Verschleppungskonzentration ergibt. Mathematisch entspricht dieses Vorgehen der Lösung eines Optimierungsproblems. Der einfachste Fall liegt vor, wenn ausschließlich der Speisvolumenstrom in die letzte Spüle verändert wird, um eine vorgegebene Verschleppungskonzentration aus der letzten Spüle zu realisieren. Dieses eindimensionale Optimierungsproblem kann mit einfachen Werkzeugen (z. B. Zielwertsuche in Microsoft- Excel) oder gar durch gezieltes Probieren per Hand gelöst werden.
Komplizierter wird die Lösung des indirekten Problems, wenn mehrere Volumenströme modifiziert werden sollen. Das ist zum Beispiel beim in Abbildung 6 dargestellten Spritzspülen mit Frischwasser der Fall. Hier können die Spritzspülvolumenströme V.sr,k über den verschiedenen Spülstufen modifiziert werden, um die Konzentrationsverhältnisse in der Spülkaskade einzustellen.
So lassen sich mit einer Anzahl von Spritzspülvolumenströmen auch eine entsprechende Anzahl von n Konzentrationen im Spülsystem einstellen. Sind entsprechend n Konzentrationen vorgegeben und es werden n zugehörige Volumenströme gesucht, ist ein n-dimensionales Optimierungsproblem zu lösen. Die entsprechende mathematische Optimierung kann mit geeigneten Rechnerwerkzeugen durchgeführt werden. Für die Mathematiksoftware MATLAB z. B. gibt es eine Optimierungstoolbox, die verschiedene leistungsfähige Algorithmen zur mehrdimensionalen Optimierung bereitstellt. Für Excel wiederum können mit dem Solver-Add-in mehrdimensionale Opti-
mierungsprobleme gelöst werden. Die beiden genannten Werkzeuge erlauben auch die Suche mit Nebenbedingungen. Das ist hilfreich, um technisch nicht realisierbare Fälle (z. B. negative Volumenströme) auszuschließen oder für gesuchte Größen nur bestimmte Wertebereiche zuzulassen.
5 Berechnung spezieller Gestaltungsvarianten
In Abschnitt 3 wurde das stationäre Spülkaskaden-Modell gegenüber vorher veröffentlichten Versionen strukturell erweitert, um eine größere Breite praktisch relevanter Spülsystemvarianten darzustellen. In diesem Abschnitt soll nun gezeigt werden, wie spezielle Gestaltungsvarianten von Spülsystemen durch geeignete Parameterwahl abgebildet werden können.
5.1 Kreislaufspüle
Eine wichtige Gestaltungsmöglichkeit von Kaskadenspülen ist die Kreislaufführung von Spülwasser über Ionenaustauscher. Dabei wird Spülwasser, in dem sich durch das Spülen der Ware Kationen (insb. Metallionen) sowie Anionen angereichert haben, in eine Ionenaustauscheranlage geführt. Hier werden in einem mehrstufigen Prozess die Kationen und die Anionen gegen Wasserstoff- und Hydroxidionen ausgetauscht, die in einer Neutralisationsreaktion wiederum Wasser bilden. Das entsprechend entsalzte Wasser wird der Spüle wieder zugeführt. Für Details zur Gestaltung von Ionenaustauscheranlagen siehe
z. B. [16].
Die Kreislaufführung ist ein wirkungsvolles Mittel zum wassersparenden Betrieb von Spülsystemen. Insbesondere wenn in der letzten Spülstufe eine hohe Spülqualität sichergestellt werden muss, ist die Reinigung des Spülwassers im Ionenaustauschkreislauf eine gute Alternative zum Einsatz großer Frischwassermengen. Bei der Auslegung entsprechender Kreislaufanlagen sind das Spülsystem und die Ionenaustauscheranlage als Einheit zu betrachten. Entsprechend ist für die Auslegungsrechnung eine übergreifende Modellierung nötig.
Die Modellierung von Ionenaustauschern ist in unterschiedlichem Detaillierungsgrad möglich. So kann das Zeitverhalten des Ionenaustauschers während der Beladung bis hin zum Durchbruch betrachtet werden. Um das zu modellieren, ist zum Beispiel die Darstellung der Ionenaustauschersäule als Strömungsrohreaktor (Plug-flow reactor) möglich.
Bei der Auslegung von Spülsystemen mit Kreislaufanlage sind solche detaillierten Modelle im Allgemeinen nicht nötig. In betrieblichen Ionenaustauscheranlagen sind nach dem Stand der Technik parallele Säulen gleichen Typs vorhanden, die wechselseitig beladen und regeneriert werden. Für die Kreislaufführung der Spülwässer stehen somit durchgängig beladungsfähige Säulen zur Verfügung. Im störungsfreien Betrieb wird der Durchbruch für das Spülsystem nicht wirksam, da vor Überschreiten der Beladungsgrenze auf eine regenerierte Säule umgeschaltet wird.
Zur Darstellung der entsprechenden Vorgänge ist ein vereinfachter Modellansatz hinreichend. Abbildung 7 zeigt das zugehörige Schema. Es wird angenommen, dass die Volumenströme am Ein- und Ausgang des Ionenaustauschers gleich sind:
<35>
Solange die Ionenaustauscher durchbruchsfrei betrieben werden, kann von einer vollständigen Abreicherung der Ionen ausgegangen werden. Das heißt, dass der entsprechende Stoff am Ausgang des Ionenaustauschers nicht mehr zu finden ist:
<36>
Entsprechend gibt es einen in den Ionenaustauscher fließenden Massestrom eines gelösten Stoffes
<37>
wogegen der Massestrom am Ausgang Null ist:
<38>
Dieses sehr einfache Modell wird bei der Darstellung eines Ionenaustauschkreislaufs in das allgemeine Spülmodell einbezogen. Bei Anschluss des Ionenaustauschers an die k-te Spülstufe wird der Ablauf und der Zulauf dieser Stufe gleich dem Kreislauf-Volumenstrom gesetzt:
<39>
<40>
Bei vollständiger Abreicherung gilt für die Konzentration des vom Ionenaustauscher in die Kreislaufspüle rückfließenden Wassers:
<41>
Die Spülstufe, die als Kreislaufspüle dient, wird in der Regel separat betrieben. Das heißt, es gibt keinen Überlaufvolumenstrom, der in die davorliegende Spülstufe fließt. Bei gleichem Zu- und Ablauf im Kreislauf nach Gleichungen <39> und <40>, gleicher Ein- und Ausschleppung sowie vernachlässigbarer Verdunstung gilt dann:
<42>
In den meisten Fällen wird die Kreislaufspüle als Schlussspüle realisiert. Ein entsprechendes Schema ist in Abbildung 8 dargestellt. Bei den vorgenannten Gleichungen ist die Nummer der Stufe k entsprechend durch n zu ersetzten.
Zur Berücksichtigung des Ionenaustauscherkreislaufs in dem in Abschnitt 3 eingeführten Spülkaskadenmodell sind die Parameter für die zugehörige Spülstufe entsprechend den Gleichungen <39> bis <41> zu belegen. Außerdem müssen die für die Gültigkeit der Gleichung <42> genannte Bedingungen erfüllt sein. Dann kann auch der Spezialfall Kreislaufspüle mit dem allgemeinen stationären Spülkaskadenmodell berechnet werden. Ein Rechenbeispiel einer Kaskadenspüle mit abschließender Kreislaufspüle folgt in Abschnitt 6.2.
5.2 Rückführspüle
Eine in der Praxis häufig eingesetzte Gestaltungsvariante ist der Betrieb der ersten Spülstufe als Rückführspüle (auch als „Sparspüle“ bezeichnet). Dabei wird aus der ersten, noch relativ hochkonzentrierten Spüle ein gewisser Volumenstrom in den Behandlungsprozess zurückgeführt. Dieser Rückführvolumenstrom transportiert wertvolle Stoffe (Metallionen, Prozesschemie). Somit kann ein Teil der durch Verschleppung aus dem Behandlungsprozess ausgetragenen Wertstoffe zurückgewonnen werden und diese gehen nicht in die Abwasserbehandlung und somit für den Prozess verloren.
Die Rückführspüle wird zumeist als sogenannte „Standspüle“ betrieben. Das bedeutet, der Kaskadengegenstrom wird nicht aus der zweiten Spüle in die erste Stufe geleitet. Die erste Spülstufe ist folglich nicht mehr Teil der Fließkaskade. „Standspüle“ heißt hier jedoch nicht, dass es gar kein „Fließen“ – also keinen Zu- und Abfluss – in der Rückführspüle gibt. Hingegen wird ein kleiner Volumenstrom aus der Rückführspüle in den Behandlungsprozess zurückgeleitet; genau dieser Volumenstrom realisiert die gewünschte Stoffrückführung. Der Rückführvolumenstrom wird im Allgemeinen entsprechend der Verdunstung im Behandlungsprozess gewählt:
<43>
Um das durch die Rückführung entstehende Volumendefizit in der Rückführspüle auszugleichen, werden zwei Varianten praktiziert. Erstens kann das fehlende Volumen einfach mit Frischwasser aufgefüllt werden, siehe Schema in Abbildung 9. Die zweite Möglichkeit ist der Ausgleich des Defizits mit Spülwasser aus der zweiten Spülstufe (also aus der ersten Kaskadenfließspüle), siehe Abbildung 10. Beide Varianten können mit dem in Abschnitt 3 eingeführten Spülkaskadenmodell dargestellt werden.
Auffüllen mit Frischwasser
Um das Auffüllen der Rückführspüle mit Frischwasser (Abb. 9) modellieren zu können, wird die erste Spüle gedanklich aus der Gegenstromkaskade herausgelöst. Das bedeutet, dass der Überlaufvolumenstrom aus Stufe 2 Null werden muss. Dazu wird der Abflussvolumenstrom aus Stufe 2 gleich der Summe der Ein- und Austräge in Stufe 2 gewählt:
<44>
Ersetzt man nun den Überlaufvolumenstrom in dieser Gleichung und sukzessive in den daraus folgenden Gleichungen mit den Volumenstromgleichungen <26> ergibt sich für die überlauffreie zweite Spüle:
<45>
Zu beachten ist, dass die in Gleichung <45> aufgeführten Spritzspülvolumenströme V.sr,i nur für Spritzen mit (externem) Frischwasser gilt, siehe Abschnitt 3.2. Wird mit Wasser aus der folgenden Spülstufe abgespritzt, entfallen die entsprechenden Terme V.sr,i . Das Auffüllen der Rückführspüle mit Frischwasser erfolgt entsprechend der Rückführung:
<46>
Sollte es in der Rückführspüle eine relevante Differenz von Ein- und Ausschleppung oder Verdunstung geben, muss dieses beim Volumenstrom V.if1 zusätzlich berücksichtigt werden. Ist der mögliche Rückführvolumenstrom relativ groß, kann der Ausgleich des Volumendefizits in der Rückführspüle statt durch Zulauf auch durch Spritzspülen erfolgen.
Auffüllen aus der Folgestufe
Um das Auffüllen der Rückführspüle mit Spülwasser aus der zweiten Spülstufe (Abb. 10) zu modellieren, wird die Gleichung <45> so verändert, dass der verbleibende Überlauf aus Stufe 2 in die Rückführspüle dem Rückführvolumenstrom Vrt entspricht:
<47>
Ein externer Speisestrom in die Rückführspüle ist dann nicht mehr nötig:
<48>
Diskontinuierliche Rückführung
Das bis hierher betrachtete Rückführgeschehen ist als kontinuierlicher Vorgang beschrieben. Das heißt, die Rückführung wird durch einen immer konstanten, kontinuierlichen Volumenstrom V.rt realisiert. Das gleiche gilt für den Ausgleich des Defizits in der Rückführspüle. In der Praxis ist das ein häufig angewendetes Betriebsregime, bei dem sich der Behandlungsprozess entsprechend der Verdunstung über eine Füllstandsregelung fortlaufend das zur Ergänzung nötige Spülwasser aus der Rückführspüle „zieht“.
Eine ebenfalls regelmäßig angewendete Variante ist eine diskontinuierliche Rückführung. Hierbei findet die Rückführung aus der ersten Spüle in den Behandlungsprozess nur in gewissen Zeitabständen statt. Bei der entsprechenden diskontinuierlichen Betriebsweise kommt es zu Schwankungen von Volumen und Konzentration im Behandlungsprozess und in den Spülen. Die betreffenden Schwankungen sind im hier eingeführten stationären Modell prinzipiell nicht abbildbar, da für den stationären Zustand lt. den Gleichungen <2> und <5> gerade angenommen wurde, dass sich das Behältervolumen und die Konzentrationen im Gleichgewicht befinden und sich nicht mehr ändern. Im Einzelfall kann geprüft werden, ob das stationäre Modell bei nur kleinen Schwankungen noch zur Berechnung von Näherungslösungen anwendbar ist.
5.3 Spritzkammerspülen
Bei dem in den Abschnitten 2.3 und 3.2 beschriebenen Spritzspülen handelt es sich genau genommen um ein kombiniertes Tauch- und Spritzspülen. Wie Abbildung 4 verdeutlicht, erfolgt zuerst das Tauchen der Ware in einen mit Spülwasser gefüllten Spülbehälter. Dann wird die Ware beim Herausfahren durch Abspritzen zusätzlich gespült.
Im Unterschied dazu kommen in der Praxis auch Spritzkammerspülen zum Einsatz. Dabei wird die Ware in einem leeren Behälter abgespritzt (Abb. 11). Das Absprühen geschieht dabei beim Ein- und Ausfahren der Ware. Mitunter gibt es auch noch eine gewisse Liegezeit, während der ebenfalls mit Wasser abgesprüht wird.
Auch die Spritzkammerspüle kann mit dem hier vorgestellten allgemeinen stationären Spülmodell abgebildet werden. Für die Anwendung des Modells ist das beim Spritzkammerspülen fehlende Füllvolumen kein Problem, da das Volumen in dem stationären Modell nicht dargestellt ist. Im Vergleich zum kombinierten Tauch-Spritz-Spülen entfällt beim Spritzkammerspülen das Tauchspülen. Im stationären Modell kann das dargestellt werden, indem der Faktor der unvollständigen Vermischung auf eins gesetzt wird. Dann ist das Tauchspülen vollständig unwirksam; es existiert also nicht:
<49>
Die Wirkung des Spritzkammerspülens wird wiederum mit dem Spritzspülfaktor ßk entsprechend Gleichung <17> dargestellt. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Spritzspülfaktoren beim Spritzkammerspülen höher liegen als beim kombinierten Tauch-Spritzspülen. Das liegt insbesondere daran, dass beim Spritzkammerspülen im Allgemeinen eine größere Sprühwassermenge eingesetzt wird als beim Spritzen über einer Tauchspüle. Außerdem kann beim Sprühen im Inneren der Spritzkammer mit einer größeren Intensität (Druck und Volumenstrom) abgespritzt werden.
Literatur
[12]Giebler, E.: A General Steady State Model of Cascade
Rinsing Systems, Transactions of the Institute of Metal
Finishing 82 (2004) 3/4, 75–82
[13]Giebler, E.; Röbenack, K.: Flexible Auslegungsrechnungen für Spülkaskaden – Teil1/2, Galvanotechnik 98 (2007) 2/3, 474–480 / 753–759
[16]Dietrich, G.: Hartinger – Handbuch Abwasser- und
Recyclingtechnik, 3. Aufl., Carl Hanser Verlag, München, Wien, 2017