Ingenieure der Universität von Arizona [1] haben eine neue Art von Herzschrittmacher entwickelt, der das Herz wie die Blütenblätter einer Blume umhüllt, keine Schmerzen verursacht, wenn er aufgrund von Unregelmäßigkeiten korrigierend eingreift, und zudem keine Batterie benötigt. Die Stimulation erfolgt mit Hilfe von Licht statt mit Elektroschocks, wobei das Ansprechen spezifischer Areale möglich ist.
At the University of Arizona, engineers have developed a new type of pacemaker. It wraps the heart like the petals of a flower, causes no pain when it takes corrective action due to irregularities, and no battery is needed. Stimulation is by light rather than electric shocks, with the ability to target specific areas.
Herzschrittmacher sind nach vielen Jahren der technischen Verbesserung mittlerweile sichere und gut funktionierende Systeme, welche die chronische Medikamentenbehandlung von langsamen Herzrhythmusstörungen praktisch überflüssig gemacht haben. Das miniaturisierte Gerät besteht aus dem batteriebetriebenen Impulsgeber (Basismodul, Aggregat) und der ein- oder zweidrahtigen Elektrode (Sonde), die den Impulsgeber mit der Herzkammer verbindet. Die Elektrode leitet elektrische Impulse zum Herzen und Signale des Herzens wieder zum Impulsgeber zurück. Dadurch wird die Leistung des Herzschrittmachers gesteuert. Das Basismodul enthält in einem gemeinsamen Gehäuse eine Lithium-Iod- oder Lithium-Kohlenstoffmonofluorid-Batterie zur Energieversorgung sowie die Elektronik zur Steuerung der Funktionen.
Bei herkömmlichen Herzschrittmachern wird das Basismodul mit der Computereinheit invasiv-operativ in die Brustwandtasche eingenäht und ein Kabel schickt die notwendigen elektrischen Impulse an eine Sonde in der Herzwand (Abb. 1). Die Stimulation kann durchaus recht schmerzhaft sein. Bis heute können Herzschrittmacher nur zur Behandlung einiger weniger spezifischer Arten von Krankheiten verwendet werden.
Bei neueren, viel kleineren kabellosen Herzschrittmachern wird das Modul minimalinvasiv über die Leiste in die Herzkammer eingeführt und dort mit winzigen Titanärmchen in der Herzwand verankert. Hier ist weder eine größere Operation noch das Verlegen von Schrittmacher-Kabeln notwendig. Abbildung 2 zeigt, dass kabellose Geräte bedeutend kleiner sind als die klassischen Sonden-behafteten Geräte. Diese Methode eignet sich jedoch vor allem für Patienten, bei denen nur eine Herzkammer stimuliert werden muss. Nach wie vor ist der Wirkungsmechanismus dieser Schrittmacher eingeschränkt und die dauerhafte Spannungsversorgung über eine eingebaute Batterie notwendig.
Volkskrankheit Vorhofflimmern
Ebenso wie im klassischen Elektronikgerätebau ist auch die Medizinelektronik Gegenstand ständiger Weiterentwicklung sowohl bezüglich ihrer Funktionsweise als auch der konstruktiven Ausführung. Die große Bedeutung der Weiterentwicklung insbesondere von Herzschrittmachern wird daran deutlich, dass nach [2] jedes Jahr in den Vereinigten Staaten mehr als 454 000 Krankenhauseinweisungen und fast 160 000 Todesfälle wegen Herzanomalien wie Vorhofflimmern zu verzeichnen sind. Weltweit sollen nach Schätzungen etwa 60 Mio. Menschen von der Erkrankung betroffen sein. Vorhofflimmern ist eine Form von unregelmäßigem Herzschlag oder Arrhythmie. Arbeiten zur Weiterentwicklung von Herzschrittmachern stehen deshalb international an vorderer Stelle.
Ein interessantes Beispiel für diesbezügliche Forschung ist die neue Art von Herzschrittmacher, die die Ingenieure und Wissenschaftler der Universität von Arizona (USA) entwickelt haben [1]. Er umhüllt teilweise das Herz und ermöglicht präzise Zielfunktionen zum spezifischen Ansprechen von bestimmten Arealen, um Schmerzrezeptoren zu umgehen und die Beschwerden der Patienten zu reduzieren. Abbildung 3 zeigt symbolhaft, wie der neue Schrittmacher mit Folien das Herz umhüllen kann. Er ist draht- und batterielos und könnte mit einem weniger invasiven Verfahren als derzeit möglich implantiert werden und folglich dadurch den Patienten auch aus dieser Sicht weniger Schmerzen bereiten.
Revolutionäre neue Lösung
In einem am 26. Oktober 2022 in Science Advances veröffentlichten Artikel beschreibt ein Forscherteam des Gutruf-Labors die unter Leitung von Philipp Gutruf, Assistenzprofessor für Biomedizintechnik und Craig M. Berge-Fakulty Fellow, erarbeiteten Ergebnisse [3]. In der Veröffentlichung werden Informationen zu Untersuchungen an Tieren und zum konstruktiven Aufbau der untersuchten Herzschrittmacher-Lösung gegeben (Abb. 4). Darin heißt es: Gegenwärtig verfügbare Herzschrittmacher funktionieren durch Implantieren von ein oder zwei Leitungen oder Kontaktpunkten mit Haken oder Schrauben in das Herz. Wenn die Sensoren an diesen Elektroden eine gefährliche Unregelmäßigkeit erkennen, senden sie einen elektrischen Schock durch das Herz, um den Schlag zurückzusetzen. „Alle Zellen im Inneren des Herzens werden gleichzeitig getroffen, einschließlich der Schmerzrezeptoren, und das macht die Stimulation oder Defibrillation schmerzhaft“, erläuterte Professor Gutruf (Abb. 5). „Es betrifft den Herzmuskel als Ganzes.“
Das von Gutrufs Team entwickelte und noch nicht am Menschen getestete Gerät würde es Herzschrittmachern ermöglichen, mithilfe eines neuen digital hergestellten Maschendesigns, das das gesamte Herz umfasst, viel gezieltere Signale zu senden. Das Gerät verwendet Licht und eine Technik namens Optogenetik.
Die Optogenetik modifiziert lichtempfindliche Zellen, normalerweise Neuronen, und verwendet dann Licht, um das Verhalten dieser Zellen zu beeinflussen. Diese Technik zielt nur auf Kardiomyozyten ab, die Zellen des Muskels, die die Kontraktion auslösen und den Herzschlag ausmachen. Diese Präzision wird nach Auffassung der Forscher nicht nur die Schmerzen von Schrittmacherpatienten reduzieren, indem sie die Schmerzrezeptoren des Herzens umgeht, sondern es dem Schrittmacher auch ermöglichen, auf verschiedene Arten von Unregelmäßigkeiten angemessener zu reagieren. Beispielsweise schlagen bei Vorhofflimmern die oberen und unteren Kammern des Herzens asynchron, und die Aufgabe eines Schrittmachers besteht darin, die beiden Teile wieder in Einklang zu bringen.
„Während wir derzeit das ganze Herz schocken müssen, können diese neuen Geräte viel präziser zielen, wodurch die Defibrillation sowohl effektiver als auch weniger schmerzhaft wird“, ergänzte Igor Efimov, Professor für Biomedizintechnik und Medizin an der Northwestern University, wo die Geräte im Labor getestet wurden. „Diese Technologie könnte Patienten auf der ganzen Welt das Leben erleichtern und gleichzeitig Wissenschaftlern und Ärzten dabei helfen, mehr über die Überwachung und Behandlung der Krankheit zu erfahren.“
Flexibles Netz umschließt das Herz
Um sicherzustellen, dass die Lichtsignale viele verschiedene Teile des Herzens erreichen können, entwickelte das Team ein netzartiges Design, das das Organ umfasst, anstatt Leitungen zu implantieren, die begrenzte Kontaktpunkte bieten (Abb. 6).
Das neue Schrittmachermodell besteht aus vier blütenblattartigen Strukturen aus dünner, flexibler Folie, die Lichtquellen und eine Aufzeichnungselektrode enthalten. Einen Eindruck über die Größe eines Versuchsmusters ermittelt Abbildung 7. Das blaue Licht liefern Micro-LED, die ihren Strom aus einem thermoelektrischen Generator beziehen, der die Körperwärme zur Stromerzeugung nutzt.
Die Blütenblätter, die speziell entworfen wurden, um der Art und Weise Rechnung zu tragen, wie das Herz seine Form ändert, während es schlägt, falten sich um die Seiten des Organs, um es zu umhüllen, wie eine Blume, die sich nachts schließt (Abb. 3).
„Aktuelle Herzschrittmacher zeichnen im Grunde eine einfache Schwelle auf, und sie teilen mit: ‚Das geht in Arrhythmie, jetzt Schock!'“, sagte Gutruf. „Aber dieses Gerät hat einen Computer an Bord, in den man verschiedene Algorithmen eingeben kann, mit denen man auf anspruchsvollere Weise Tempo machen kann. Es ist für die Forschung gemacht.“
Da das System Licht anstelle von elektrischen Signalen verwendet, um das Herz zu beeinflussen, kann das Gerät weiterhin Informationen aufzeichnen, selbst wenn der Schrittmacher defibrillieren muss. Bei aktuellen Herzschrittmachern kann das elektrische Signal von der Defibrillation die Aufzeichnungsfähigkeiten stören, wodurch Ärzte ein unvollständiges Bild von Herzepisoden erhalten. Zudem kommt das Gerät ohne Batterie aus, was Herzschrittmacher-Patienten den derzeit üblichen Austausch der Batterie in ihrem Gerät alle fünf bis sieben Jahre ersparen könnte.
Top-Universität
Die University of Arizona gehört zu den Top- 100-Universitäten weltweit mit den meisten US-Patenten, die 2021 für Erfindungen erteilt wurden. Sie ist neben der Medizintechnik sehr stark mit Technik für die Weltraumforschung befasst. Die Universität nahm im Jahr 2020 gemäß der Übersicht der Worldwide Universities Granted U.S. Utility Patents, erstellt von der National Academy of Inventors und der Intellectual Property Owners Association, den Platz 28 ein. Im Jahr 2018 war es noch Platz 66. Vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2021 wurden der Universität 86 Patente erteilt, fünf mehr als 2020. Das deutet auf eine stark zielgerichtete als auch erfolgreiche Forschungsarbeit hin.
Auf den Plätzen 1 und 2 der Top 100 rangierten 2021 die University of California und das Massachusetts Institute of Technology. Platz 4 nahm die King Abdulaziz University von Saudi-Arabien ein. Die chinesische Tsinghua-Universität schaffte es auf Platz 9. Auf Platz 29 lagen beispielsweise die City University of Hong Kong und die (South) Korea University Research and Business Foundation. In den Top 100 waren neben den bei weitem natürlich dominierenden akademischen Einrichtungen der USA auch sehr viele Universitäten aus China und Japan vertreten. Deutsche Universitäten fehlten in der Übersicht für 2021 leider völlig [3].
Das Team von Gutruf arbeitete bei dem Projekt mit Forschern der Northwestern University zusammen. Während die aktuelle Version des Geräts erfolgreich in Tiermodellen demonstriert wurde, freuen sich die Forscher auf die Fortsetzung ihrer Arbeit, die die Lebensqualität von Millionen von Menschen verbessern könnte.
Referenzen
[1] Die University of Arizona gehört zu den Top-100-Universitäten weltweit mit den meisten US-Patenten, die 2021 für Erfindungen erteilt wurden. Sie ist neben der Medizintechnik sehr stark mit der Technik für die Weltraumforschung befasst
[2] https://news.arizona.edu/story/battery-free-light-powered-pacemaker-may-improve-quality-life-heart-disease-patients
[3] www.science.org/doi/10.1126/sciadv.abq7469