In der elektronischen Fertigung zwei Fliegen mit einer Klappe zu erledigen – wir entschuldigen uns bei den Fliegen und der Fliegendatsche – ist recht schwierig. Je komplizierter das Produkt, umso höher die Kosten … und umso unwilliger das Management, nicht funktionierende Ware in den Müll – natürlich zum ‚Recycling’ – zu befördern.
Es ist wirklich lobenswert, wenn engagierte Menschen wie etwa die Biologin Yvonne Würz, bei PETA Fachreferentin Zoo und Zirkus, sich derart für die Tiere einsetzen und sogar die Sprache anpassen möchten. Dabei diskriminieren sie etwas, denn ihre Konzentration richtet sich eher auf die Katzen sowie Hunde und nicht auf die Mäuse und Piepmätze, welche von den Katzen massakriert werden.
Eine Umerziehung von Schlangen, Krokodilen und anderen Raubtieren und -vögeln steht wohl noch aus, denn schließlich hat die Krone der Menschheit das Recht, den Tieren vorzuschreiben, was sie fressen sollen?
Sie ist da nicht alleine, denn neben Sternchen beim ‚Gendern’ haben schon unser hochverehrter Turnvater Jahn und viele andere sich um die Sprache verdient machen wollen. Ob das auf die menschliche Hybris [1], über der Natur zu stehen, auf Notwendigkeit oder nur aus Langweile geschieht, ist wohl in jedem Fall unterschiedlich zu bemessen. Folgt man einem Archäologen wie Herrn Jens Notroff, der aus archäologischen Funden keinen Fortschritt der Intelligenz und dem Charakter beim Menschen seit den letzten 300.000 Jahren ableiten kann, so erscheint zumindest die Hybris als ungerechtfertigt.
Immerhin sind wir nach Speer, Pfeil und Bogen und dem Schießpulver (eher chinesisch denn Berthold Schwarz [2]) inzwischen im elektronischen Zeitalter gelandet, in dem Millionen von handgehaltenen Telefonen jedes Ereignis aufzeichnen, hauptsächlich natürlich sich selbst vor der spektakulären Kulisse.
Zwei Fliegen – eine Klappe
Während eine Reparatur in der Sprache nicht unbedingt notwendig sein muss, kann man ohne sie in der elektronischen Fertigung kaum auskommen, und da die immer komplizierter wird, hat man auch zunehmend Schwierigkeiten, Fehler in der Produktion zu finden und zu korrigieren. Hier zwei Fliegen mit einer Klappe zu erledigen, ist – wie eingangs erwähnt – nicht so leicht, wenn es um das Thema ‚Recycling’ geht.
Dass in vielen dieser handgehaltenen Telefone oder in Rechnern inzwischen 1080P-HD-Kamera- und Videofunktionen verfügbar sein müssen, macht die Herstellung aufwendiger und natürlich teurer. Alleine die Leiterplatten für diese Geräte sind demnach nicht mehr Wegwerfartikel, da ihre Stücklisten bei ± 150,00 $, bei höherwertigen Smartphones bei ± 240,00 $ und bei Tablets bereits weit über 300,00 $ angesiedelt sind, ganz zu schweigen von den fertigen Erzeugnissen, es sei denn, dass die Produktionslinie so wenige Fehler ausfindig macht, dass die Investition in den aufwendigen Reparaturprozess denn doch teurer käme, als das seltene fehlerhafte Produkt zu entsorgen. Natürlich unterscheidet der Hersteller/Verkäufer sehr genau zwischen der eigenen Produktion und einem Ausfall beim Kunden, denn dort ist es doch meist nur ein Anreiz, ein neues Spielzeug für den Filius zu kaufen, wenn er es zum dritten Mal fallen ließ. Leider hat man es bei der Reparatur komplizierter Geräte im Herstellungsprozess mit mehr als nur zwei Problemen (Fliegen) zu tun.
Bleifreie Lote sorgen für Kopfzerbrechen
Hier sind vielleicht zu nennen die bleifreien Lote, welche neue Anforderungen an die Temperaturprofile stellen. Gefolgt sicherlich von der Zunahme der Größe der Bauteile, die obendrein ihre Lötstellen unter sich verstecken und so nicht mehr mit dem Lötkolben erreichbar sind. Da dann meist Heizplatten, Strahlung oder Konvektion verwendet wird, ist wegen der engen Bestückung auch eine Belastung der dicht daneben liegenden Bauteile zu verhindern. Das erzeugt bereits Kopfzerbrechen, denn welche Information ist denn nötig und wie findet man sie? Muss man die Leiterplatte messen, und wenn, dann wo? Wie steht es mit den anderen Bauteilen? Misst man auf dem zu reparierenden Bauteil, darunter oder gar an einer seiner Lötstellen? Das wäre meist nicht ohne Zerstören der Baugruppe machbar. Handgehaltene Geräte müssen auch stoßsicher sein (ein iPhone soll einen Sturz aus 5000 m überstanden haben [3]), was dann bedeutet, dass die Bauteile angeklebt und eingekapselt werden, eine spezielle Herausforderung für die Reparaturmannschaft, die sich zu den Lötstellen vorarbeiten soll. Um dann an die Lötstellen zu gelangen, muss erst das Eingussmaterial (Conformal coating – Schutzlack) beseitigt werden, das jedoch aus einer reichen Auswahl von Chemikalien bestehen kann und somit auch jeweils entsprechend behandelt werden muss. Neben Lösemitteln kann man mechanisch ansetzen, etwa mit sowas wie Sandstrahl oder Kratzen/Schleifen. Thermisch sind auch einige zu erweichen und als exotische Methode stehen einem noch gewisse Laser zu Verfügung, die (vorsichtig) das Material verdampfen können. Dann kommt der Kleber dran und schließlich müssen die Lötstellen geschmolzen werden, um das Bauteil abzuheben, ohne die Landeflächen zu ruinieren, die anschließend meist planiert werden. Soll das sicherlich teure Bauteil wiederverwendet werden, eröffnet sich ein weiterer Vorgang, nämlich das ‚Reballing’, bei großen Bauteilen keine leichte Aufgabe. Ein neues Bauteil aufzusetzen und zu verlöten, bedingt den gesamten Vorgang rückwärts zu wiederholen. Das ist genauso kritisch und das Ergebnis muss durch entsprechende Tests (elektrisch, Röntgen) verifiziert werden. Hat alles geklappt, dann kann man das Produkt (zu einem reduzierten Preis?) verkaufen. Wenn nicht, verbietet sich meist eine nochmalige Reparatur, weil es Vorschriften gibt, welche die Anzahl an thermischen Exkursionen einschränken und das aus wohldurchdachten Gründen. Jetzt lässt die Industrie aber weitere ‚Katzen aus dem Sack’ (oder schneidet sie vegane Calzonen auf?) indem sie mit Nanokupfer [4] löten möchte, oder gar die Bauteile ins Innere der Leiterplatte versenkt. Als ‚ultima ratio’ sieht man dann derzeit vielleicht die PCS (Printed Circuit Structure [5]), sollte sie sich durchsetzen.
Referenzen
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Hybris_(Begriffskl%C3%A4rung)
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Berthold_Schwarz
[3]https://www.welt.de/vermischtes/kurioses/article249424504/Noch-im-Flugmodus-Notgelandete-Boeing-737-iPhone-soll-Sturz-aus-5000-Metern-ueberstanden-haben.html
[4] https://pro-physik.de/nachrichten/exaktes-loeten-mit-nanoeffekten
[5] https://www.circuitinsight.com/pdf/printed_circuit_structures_ipc.pdf
Literatur
Christiane Oelrich, ‚Warum aus der Katze im Sack eine vegane Calzone werden soll', Die Welt, 05.01.2024.
www.forschung-und-wissen.de/nachrichten/psychologie/katze-im-sack-soll-vegane-calzone-werden-13378547 (Abruf: 03.09.2024).
https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Ludwig_Jahn (Abruf: 03.09.2024).
R. Trögel, ‚Friedrich Ludwig Jahn und die deutschen Mundarten, Zeitschrift für Deutsche Mundarten', 17. Jahrg. (1922), Franz Steiner Verlag.
Hikmat Chammas, ‚Embedded Passive Technology', IPC APEX EXPO Conference Proceedings.
Brian Czaplicki, ‚Advanced Rework Technology and Processes for Next Generation Large Area Arrays, 01005, PoP and QFN Devices'.
IPC APEX EXPO Conference Proceedings.
Peter Lu et al., ‚Hot Air BGA Rework Process Improvement with a Touchless Temperature Dependent Live-Feedback Process', SMTA
Proceedings, www.circuitinsight.com/uploads/2/hot_air_bga_rework_process_improvement_touchless_temperature_smta.pdf (Abruf: 03.09.2024).
Paul Wood, ‚Rework Challenges for Smart Phones and Tablets', IPC APEX EXPO Conference Proceedings.