Kostelniks PlattenTEKTONIC: Mini-Atomkraftwerke – Herzschrittmacher für die Energieversorgung der Zukunft

Jan Kostelnik

Energieversorgung ist ein essenzielles Thema für autarke Elektronik. Immer mehr mobile Geräte mit immer größerem Energiehunger erscheinen auf dem Markt. Zwangsläufig ist die Energiequelle eines elektronischen und mobilen Gerätes enorm, auch in ihrer absoluten physischen Präsenz in einem Gerät.

Beste Beispiele für diesen Energiehunger sind Smartphones und Tablets, bei denen neben dem Display der ‚Akku' das größte Bauteil im Gerät ist. Die Elektronik scheint aufgrund ihrer steten Miniaturisierung ein fast unscheinbarer Bestandteil im Gerät zu werden, und das trotz zunehmender Funktionen. Hier können Physik, Mikroelektronik und Elektronik mit Aufbau- und Verbindungstechnik noch aus dem Vollen schöpfen und ‚zaubern'.

Bild: Betavolt TechnologyBei Smartphone, Smartwatch und deren Verwandten stehen Formfaktor und Nutzung noch in einem relativ normalen Verhältnis zueinander. Denkt man jetzt jedoch an winzige Sensoren und Implantate, so sieht das Größenverhältnis schon etwas anders aus. Dies ist vor allem der Einsatzart und der gewünschten Langlebigkeit/Autarkie geschuldet. Niemand möchte einen Herzschrittmacher oder einen implantierten Defibrillator täglich irgendwie und irgendwo zum Laden anschließen, wenn es andere Lösungen gibt. Schauen wir in das Heute und Gestern.

Was es alles schon gab:

  • ‚Atombatterien' für Herzschrittmacher
  • Defibrillatoren mit Li-Ionen Batterien
  • Feststofffolienbatterien (z. B. Solid State Micro Energy Cell 2009-2012 unter dem Namen Thinergy als Prototypen angeboten. Mit der Anmerkung ‚Designed to outperform Lithium Coin Cells, printed batteries, and other thin-film batteries'. Die Marke ist inzwischen erloschen und unter der damaligen Web-Domain Infinitepowersolutions IPS findet man nur noch einen Blog-Auftritt zu allgemeinen Energiethemen.)
  • Die Mini-Brennstoffzelle von VARTA – eine umgewandelte ‚Dauerkonstant-Druckzelle' auf Wasserstoffbasis. Zum permanenten und konstanten Schmierstoffnachschub bei beweglichen Maschinenbauelementen. (Forschungsprojekt-Stadium - Anfang 2000er)
  • Einige werden noch fragen: Wie sieht es mit gedruckten Folienbatterien aus? Auch hier wurde viel an Hochschulen experimentiert. In der Produktion war es eher nicht so erfolgreich. Wenn, dann stecken die ‚Folien' zusammengerollt in abgedichteten Zylindern. Und was wirklich gedruckt ist, ist immer so eine Interpretationsfrage. Mercedes zumindest hat auch nach dem dritten Anlauf die Fertigung von großflächigen Folienzellen in Kamenz aufgegeben. Die Fördermittel waren schlichtweg einfach alle.

Miniatur-Brennstoffzellen haben sich aufgrund der Kosten und des teilweise schwierigen Einsatzes (Abgabe von Wasser) bisher auch nicht etabliert.

Einstmalige Pioniere und Innovationsgaranten verschwinden langsam vom Consumer-Markt. Oder sind lediglich nur noch als Marke mit mittelklassigen Produkten vertreten. Oder als systemrelevant deklariert und für die Masse nur sehr eingeschränkt verfügbar.

Die Atombatterien für Herzschrittmacher haben sich nicht vollumfänglich durchgesetzt. Die Entwicklungen aus den frühen 1970ern in den USA [3] wurden vor allem aus Kostengründen für kommerzielle Anwendungen aufgegeben. Die Älteren unter uns werden jetzt mit dem Kopf nicken und sagen: „Ja, ist ein alter Hut.“ Inzwischen ist einige Zeit verstrichen und die ‚Jüngeren' widmen sich dem Thema erneut. Nun stehen die Atombatterien aufgrund neuer Entwicklung möglicherweise vor einem Revival. Diese Entwicklungen kommen aus China – wen wundert's [2]. Ob etwas dran ist? Mehr dazu später in meiner Kolumne.

Von dem was es alles schon gab, hat sich letztendlich als erfolgreichste Variante die Lithium-Ionen- Batterien durchgesetzt. Auch bei Implantaten, wie z. B. Herzschrittmachern und Defibrillatoren … übrigens absolute High-Tech-Produkte auch aus Europa (MST-Litronik ist der Batteriehersteller).

In allen anderen normal zugänglichen Bereichen werden die bekannten Systeme z. B. als Knopfzelle, oder Rundzelle sowie Folienpacks eingesetzt. Konstruktiv hat man z. B. durch Verwendung von Nickelschäumen die Oberfläche vergrößert. Die Zellchemie ist lange erprobt und vor allem extrem preiswert zu erhalten. Physik und Chemie lassen sich nicht überlisten – die Elektrochemische Spannungsreihe und die Stabilität von chemischen Verbindungen lassen nur einen gewissen Spielraum.

Miniaturisierung am Limit

All diese Entwicklungen sind seit vielen Jahren immer wieder Thema von Innovationsprogrammen. Letztendlich haben immer wieder die drei wichtigsten Faktoren über den Erfolg und den Verbleib im Markt entschieden. Welche dies sind, ahnen Sie längst: 1. Kosten, 2. Kosten und 3. Kosten.

Ein entscheidender Faktor ist – und damit sind wir bei der Frage ‚Miniaturisierung am Limit' –: Wird es gelingen, den Formfaktor für künftige Anwendungen so anzupassen, dass die Energiequelle nicht um ein Vielfaches größer ist als die eigentliche Elektronik und Mechanik? Ein zweiter Faktor wird sein, ob es gelingt, die Energiedichte deutlich zu erhöhen. Nur wie?

Derzeit laufen einige interessante Forschungsaktivitäten, die evtl. eine Lösung in Aussicht stellen könnten. Die Bundesagentur für Sprunginnovationen in Leipzig (SPRIND) fördert Projekte und Studien im Bereich der Transmutation zwecks Produktion von Krebsmedikamenten, Fernwärme und geothermischer Energie sowie zur Entsorgung hochradioaktiver Abfälle [1]. Schon die erste Demonstrationsanlage wäre laut der Studie hochrentabel.

Die Zukunft: Transmutation – Verwandlung, Elementumwandlung?

Die Frage, welche die meisten stellen werden: Wie sieht es mit der Entsorgung des atomaren Abfalls aus? Hier können Vergleiche aus anderen Forschungsprojekten herangezogen werden.

Wer jetzt denkt „Naja, ‚Forschung' – das kann dauern“, dem sei der Blick nach China empfohlen.[2] Dort scheint man sich sehr intensiv mit dem Thema ‚Atombatterie' für Elektronikanwendungen zu beschäftigen. Bei Betavolt Technology aus Beijing [3] wird die frei werdende Wärme beim Isotopenzerfall des Ni-63 als Energiequelle genutzt [4]. Und anschließend übernimmt (einfach gesagt) ein Halbleiter die Umwandlung in Elektrizität. Der Clou: Am Ende des Life Cycles – nach 50 Jahren – soll normales Kupfer vorliegen. Ist das das perfekte Recycling einer Batterie?

 

Noch scheint es sich bloß um eine sehr schöne Grafik (siehe Bild) zu handeln – erste Prototypen befinden sich in der Herstellung. Zu einer bereits angelaufenen Serie gibt es nur Spekulationen, welche sich auf der chinesischen Unternehmensseite nicht verifizieren lassen. Eins kann man aber sicher jetzt schon sagen, die Entwicklung orientiert sich an den Erfordernissen der Elektronik-Branche:

  • 3V
  • einfaches Handling und
  • ein Standard-Package für die vollautomatische Verarbeitung. (Das sollte jeden Aufbau- und Verbindungstechniker freuen.)

Bislang nur eine Konzeptgrafik: Atombatterie aus ChinaBislang nur eine Konzeptgrafik: Atombatterie aus China

Bild: www.internetchemie.info/isotop.php?Kern=Ni-63 (Mit freundlicher Genehmigung)

Energieversorgung ganz groß

Was meinen Sie, ist die Mini-Atomkraftzelle ein ‚Ding' für die Zukunft? In Kombination mit Supercaps oder ähnlichen Boostern vielleicht auch etwas für temporär etwas energiehungrigere Anwendungen. In Massen produziert könnte es vielleicht den Energiehunger zu moderaten Preisen stillen. In verschiedenen Sozialen Medien wird von einem Preis um die 50 Dollar spekuliert. Also ein Dollar pro Jahr.

Lassen wir an dieser Stelle jedoch die Kosten für jeden x-beliebigen Lösungsansatz einmal außen vor. Egal ob Nickel, Lithium, Eisen, Phosphor usw. zum Einsatz kommen, so werden letztendlich die zwei bereits genannten Faktoren, Miniaturisierung und Energiedichte, um einen dritten Faktor ergänzt. Der dritte Faktor, welcher auch über den Verbleib bereits im Markt befindlicher Lösungen entscheidet, wird sein, inwieweit die eingesetzten Materialien/Werkstoffe weiterhin eingesetzt werden dürfen oder auch auf der ‚Liste der beschränkten Stoffe' [5] (REACH-Verordnung) landen. Und nicht zuletzt sind die folgenden Fragen entscheidend:

  • Wie sieht es mit der Verfügbarkeit der notwendigen Materialien aus?
  • Werden es politisch erzwungene Wirtschaftsverträge richten oder werden weiterhin Kriege dafür geführt?
  • Jetzt wünsche ich viel Spaß beim Diskutieren und Recherchieren.

Man kann das ja auch mal so sehen – in einer smarten Welt.

Herzliche Grüße
Jan Kostelnik

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Referenzen

[1] Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND, ‚Umsetzungsstudie über eine beschleunigergetriebene Neutronenquelle am Standort eines ehemaligen Kernkraftwerks zwecks Produktion von Krebsmedikamenten, Fernwärme und geothermischer Energie sowie zur Entsorgung hochradioaktiver Abfälle', Februar 2025, https://cms.system.sprind.org/uploads/SPRIND_Studie_Beschleunigergetriebene_Neutronenquelle_d8cde0cf9d.pdf (Abruf: 14.04.2025).
[2] ‚Nuklearbatterie aus China macht Ladegeräte überflüssig', www.forschung-und-wissen.de/nachrichten/technik/nuklearbatterie-aus-china-macht-ladegeraete-ueberfluessig-13378575 (Abruf: 14.04.2025).
[3] www.betavolt.tech/cp_1449509.html (Abruf: 14.04.2025).
[4] Olsen, L.C. (Dezember 1973), 'Betavoltaic energy conversion’, Energy Conversion. 13 (4). Elsevier Ltd.:117–124, IN1,125–127. doi:10.1016/0013-7480(73)90010-7(Abruf: 14.04.2025).
[5] echa.europa.eu/de/information-restricted-substances (Abruf: 14.04.2025).

  • Titelbild: Jan Kostelnik
  • Ausgabe: Mai
  • Jahr: 2025
  • Autoren: Jan Kostelnik
  • Link: https://tebko.de/
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