Maschinen & Fertigungsequipment-Special: Inkjet Printing – Strategien und Anwendungen – Die Möglichkeiten eines On-Demand-Inkjet-Druckers

Darstellung unterschiedlicher Topografien und Tintenstärke mit Lötstopplack

In den aktuellen Zeiten und Umständen befinden sich Unternehmen in der europäischen Wirtschaft in einer Zwickmühle zwischen Kostendruck, Wirtschaftslage und Nachhaltigkeit. Insbesondere der letzte Punkt im Zusammenspiel mit politischen Faktoren bewegt viele Unternehmen dazu, ihre Prozesse und Prozessanlagen zu überdenken. Die zukunftweisende Technologie des Inkjet Printing kann hier eine wichtige Rolle einnehmen.

Den Begriff Inkjet oder Inkjet Printing und die zugehörigen Prozesse gibt es in der Leiterplattenindustrie schon sehr lange. Insbesondere im Bereich des Legend Printing bzw. Beschriftungsdrucks ist das Thema bereits seit Jahren in den Fertigungshallen als selektiver und additiver Druckprozess zu finden. In anderen Bereichen, wie Ätzresist- und Galvanoresistdruck oder speziell auch für den Lötstopplack erlebt diese Technologie seit einiger Zeit eine verstärkte Nachfrage.

Vor über 15 Jahren sind die ersten Inkjet-Drucker für die Leiterplatte bereits auf den Markt gebracht worden. Ursprünglich kamen diese aus der Grafikindustrie. Die Anforderungen der Leiterplattenindustrie konnten jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht befriedigt werden und der Prozess verschwand recht schnell wieder. Jedoch haben einige Hersteller sich weiterhin auf die Entwicklung eines PCB-gerechten Inkjekt-Druckers fokussiert. So hat auch SAT zusammen mit MicroCraft die Entwicklung vorangetrieben, um den natürlicherweise auftretenden physikalischen Gegebenheiten im Leiterplattenprozess zu begegnen: Kapillareffekten, notwendigen Füllmaterialien in der Tinte, kohäsiven und adhäsiven Effekten, Oberflächenspannungen der unterschiedlichen Materialien etc.

Dickenmessung der Tinte an einer Stelle mit Erhebung – die Kanten können vollumfänglich bedeckt werdenDickenmessung der Tinte an einer Stelle mit Erhebung – die Kanten können vollumfänglich bedeckt werden

Prozesse und Anwendungen

Mit der richtigen Druckstrategie gelang es, einen Drucker zu entwickeln, der sowohl Beschriftungsdruck in diversen Farben wie auch Resisten und Lötstopplacken gerecht wird. Ein Bleeding der Tinte auf Pads oder in Bereiche, die ausgespart werden sollen, gehört nun der Vergangenheit an. Der Begriff Bleeding beschreibt an dieser Stelle ein ‚Auslaufen' der Tinte. Dies kann durch verschiedene Effekte beeinflusst werden, wie beispielsweise die Oberflächenspannung. Je nach Oberfläche bleibt ein Tropfen an Ort und Stelle, verformt sich oder wandert gar. So verhält sich auch die Tinte und kann unter Umständen unerwünschte Effekte hervorrufen. In der Regel spielen hier auch Kapillareffekte eine entscheidende Rolle, wodurch die Tinte in und entlang der Strukturen wandert. Ebenso können nun Themen wie Kantenabdeckung – auch in Bereichen mit hoher Topografie – digital weitaus besser gelöst werden. Eine Trockenfilmapplikation kommt bei Topografien über dickere Kupferaufbauten von mehreren Hundert μm an ihre Grenzen. Mit dem Inkjet können mehr als 400 μm problemlos bedruckt werden. Auf diese Weise konnten die Anwendungsgebiete in der Leiterplattenindustrie, wie auch in verwandten Bereichen, beispielsweise der Leistungselektronik und Metallätztechnik, erweitert werden: Metallätzung, Secondary Masking, Stanzwerkzeugherstellung uvm. Die Variation verschiedenster Tintenarten und Hersteller hat in den letzten Jahren sprunghaft zugenommen. Die Entwicklung neuer sowie die Verbesserung bestehender Tinten und deren Eigenschaften machen große Fortschritte. Neben klassischen Tinten für den Beschriftungsdruck in beispielweiße schwarz, gelb und weiß auf Melomin-Basis haben die Hersteller auch diverse Resists mit unterschiedlichen Eigenschaften entwickelt. Je nach verwendetem Strippingverfahren gibt es Tinten, die sich vollends in der Flüssigkeit auflösen oder aber auch in ‚Flakes' lösen, die herausgefiltert werden können, unverändert zu bestehenden Prozessen. Auch im Bereich Lötstopplack auf Epoxy/Acrylat-Basis gibt es diverse Tinteneigenschaften. Insbesondere für die Verwendung in der Automobilbranche wurden Tintenrezepturen entwickelt, die sehr hohen Temperaturen standhalten können. Überdies gibt es auch Tinten für die Verwendung an flexiblen oder Rigid-Flex Produkten. Bei vielen Forschungsprojekten stehen wiederum leitfähige Tinten im Fokus, wie beispielsweise Silbertinten. Die meisten Tinten werden mit UV-Licht direkt nach dem oder während des Druckprozesses fixiert und ausgehärtet. Bei manchen Tinten kann noch eine Wärmenachbehandlung erforderlich sein. Versuche zeigen auch, dass die Lötstopptinten in Bereichen der Hochfrequenzanwendungen eine bessere Integrität bieten und somit zu weniger Verlusten führen. Darüber hinaus können selektiv und additiv unterschiedliche Schichtdicken auf ein Substrat gedruckt werden. Dies bietet enorme Vorteile in Bezug auf Designfreiheit, Kosten und Nachhaltigkeit. Wie wir sehen, gibt es eine enorme Vielfalt an Tinten und Anwendungsfeldern.

Prozesseinsparungen am Beispiel Ätzresist: Laminieren, Belichten, Peelen und Entwickeln ist nicht mehr notwendig, nach dem Druck kann das Produkt sofort in den Ätzprozess einlaufen - dies erlaubt beispielsweise eine schnelle und einfache Produktion von Ätzteilen wie Schildern, die nach dem Ätzen und Strippen mit Farbe gefüllt werden können.

Bild: SAT Electronic/MicoCraft

Prozesseinsparungen am Beispiel Lötstopplack: Der zeitaufwendige Prozess mit diversen Masking- und Curing-Prozessen kann weggelassen werden. Dies betrifft insbesondere den Ausrichtungsprozess. Der Lötstopplack kann gezielt und selektiv aufgetragen werden – auch auf flexible Materialien.

Bild: SAT Electronic/MicoCraftBilder: SAT Electronic/MicoCraftBilder: SAT Electronic/MicoCraft

Vorteile des Inkjet-Drucks

Mit einem Inkjet-Drucker können mehrere Prozessschritte eingespart werden: Durch die additive Applikation von Tinten entfällt zum einen der Prozess des Belichtens, Peelens und Entwickelns. Zum anderen können durch das integrierte UV Curing verschiedene Lagen in einem Prozess vollautomatisiert gedruckt werden. Als Konsequenz sind keine Zwischenschritte mit separatem Curing mehr notwendig.

Eigenschaften

Durch die hohe Anpassbarkeit des Inkjet-Druckers an die Kundenanforderungen kann jedem Kunden ein passendes Modell angeboten werden. Der Inkjet selbst kann universell genutzt werden, da er mit verschiedenen Druckköpfen bestückt werden kann und so eine hohe Variation in Bezug auf Durchsatz und Geschwindigkeit bietet. Darüber hinaus gibt es verschiedene Optionen zwischen 2.5-pl- und 13-pl-Köpfen, welche die Tropfengröße steuern. Besonders hervorzuheben ist auch die Möglichkeit, zwei Tinten unterschiedlicher Art im gleichen Drucker zu nutzen. So kann ein Tintenkreislauf für Lötstoppmaske und der andere für Legend Printing genutzt werden. Durch das integrierte Recyclingsystem ist die Menge an Tinte, die ungenutzt verworfen wird, zudem sehr gering. Weitere Funktionen, wie eine automatische Kontrolle aller Druckkopfdüsen mittels hochauflösender Kamera, sowie deren automatische Reinigung in der Head Maintenance Station, können implementiert werden. Das Druckbild kann ebenfalls mit einer AOI geprüft werden. Sollte einmal eine Düse verstopft sein, so reinigt die Maschine diese selbst, ggf. sogar mit erhöhtem Druck. Neben den technischen Details der Druckeinrichtung und Druckköpfe kann auch der Tisch des Druckers an die Kundenanforderungen angepasst werden. Bei sehr schweren und dicken Materialien (z. B. Dickkupfer) werden andere Anforderungen an den Vakuumtisch gestellt als bei sehr dünnen oder flexiblen Materialien. Hier muss stark darauf geachtet werden, keine Marken aufgrund des Vakuums zu hinterlassen. Auch Klemmfunktionen können an dieser Stelle genutzt werden, insbesondere bei Materialien, die an den Rändern oder Ecken stark gebogen sind und unter Umständen aufstehen können.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Anpassbarkeit des Prozesses weit über die bisherigen Möglichkeiten hinausgeht und wir im Inkjet-Druck die Zukunft sehen. Die Flexibilität, mit dem Inkjet-Drucker verschiedene Tinten gleichzeitig zu drucken, gibt eine große Freiheit in der Fertigung allgemein sowie im Spezifischen beim Design und beim Druckbild. Die digitalen Daten können innerhalb kürzester Zeit angepasst und umgesetzt werden. Inkjet-Druck bietet als digitales, additives und selektives Verfahren große Freiheiten sowohl beim Produkt als auch durch die Designfreiheit beim Prozess.

  • Titelbild: Darstellung unterschiedlicher Topografien und Tintenstärke mit Lötstopplack
  • Ausgabe: September
  • Jahr: 2024
  • Autoren: Milena Fritz, SAT Electronic Vertriebs GmbH
  • Link: https://www.sat.eu/de/
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