Leiterplatten aus Krefeld – Ein Firmenbesuch bei Precoplat

Firmengebäude Precoplat

In der linksrheinischen Stadt Krefeld in Nordrhein-Westfalen werden seit den 1970er-Jahren hochwertige Leiterplatten gefertigt. Wir statteten dem Familienunternehmen Precoplat einen Besuch ab.

Der Krefelder Stadtteil Dießem atmet Industriegeschichte. Geprägt ist Dießem von entsprechender Architektur aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Die einst funktionelle Schönheit der Backsteinbauten verströmt bis heute Charme. Die weit über Krefeld hinaus bekannte Kulturfabrik – ein soziokulturelles Zentrum – ist im ehemaligen Schlachthof untergebracht.

Nicht weit davon entfernt, ebenfalls von außen ein Backsteingebäude mit historischem Flair, fertigt die Firma Precoplat Leiterplatten – mitten in Krefeld, mitten in Deutschland und mit großem Engagement. 1977 gründete Manfred Völker an diesem Ort seine Leiterplattenfirma. Zuvor hatte in den Hallen die Textilindustrie produziert; aber neben der äußerlichen Backsteinoptik erinnert nichts mehr an die industriegeschichtliche Tradition. Krefeld war einst ein Zentrum der Textilfertigung und galt als ‚Stadt von Samt und Seide'. Heute sind in den Hallen modernste Fräs- und Bohrmaschinen im Einsatz, in einer hellen, 2012 fertiggestellten neuen Halle steht eine eindrucksvolle Galvanikanlage, und die Schläuche der ausgeklügelten Absaugvorrichtungen ziehen sich über die Decken. Andreas Brüggen, einer der Geschäftsführer des Familienunternehmens, nahm sich einen ganzen Vormittag Zeit, mich herumzuführen.

Familienunternehmen im Wandel

Katharina VölkerKatharina VölkerNeben Andreas Brüggen besteht die Geschäftsführung aus seiner Mutter Hildegard Völker und seiner Schwester Katharina Völker – wobei Hildegard Völker inzwischen mehr im Hintergrund agiert und eine beratende Funktion einnimmt. Im Leiterplattenwerk selbst sind die Geschwister Andreas Brüggen und Katharina Völker präsent. Das Geschwisterpaar trennen über 20 Lebensjahre. Katharina Völker trat 2021 der Geschäftsführung bei und ergänzte ihren älteren Bruder, der 1996 in die Fußstapfen seines Vaters, des Firmengründers Manfred Völker, trat.

Beim Gespräch am Mittagstisch wird deutlich, wie gut die Geschwister harmonieren: Die unterschiedliche Perspektive durch den Altersunterschied sorgt für einen inhaltlichen wie produktiven Austausch, den beide als Gewinn ansehen. Sowohl Andreas Brüggen als auch Katharina Völker hatten ursprünglich gar nicht das Ziel, im Familienbetrieb einzusteigen. Das Interesse an Leiterplattenfertigung entwickelte sich aber über die Jahre hinweg, wuchs dann stetig – und man merkt beiden an, wie sie heute trotz herausfordernden Zeiten (oder gerade deshalb) mit Leidenschaft ihre geschäftsführenden Aufgaben ausfüllen. Vom Naturell her wirken beide zuversichtlich und energiegeladen – auch dies eine große Ähnlichkeit der Geschwister.

Effizientes Zeitmanagement

Bei Precoplat arbeiten um die 100 Personen, knapp 60 davon sind fest angestellt. Zunächst erblickt man nur wenige in den Hallen. Grund dafür ist ein höchst effizientes Zeitmanagement, das genau festgelegt, wer wann und wo genau gebraucht wird. Hier betreut eine junge Frau die Maschinen zur Leiterplattenprüfung (Flying Probe), dort versammelt sich eine Gruppe zur Wartung der Fräsmaschinen, um die fortdauernde Qualität der Fertigung zu gewährleisten. Auch zeigt sich in der Belegschaft das ‚bunte Leben' der Region: Männer und Frauen jedes Lebensalters, neben ‚rheinischen Urgewächsen' auch viele mit Migrationshintergrund. Ohne Migration würde es in Zeiten des Fachkräftemangels gar nicht gehen, betont Andreas Brüggen schon während der Firmenführung. Im anschließenden langen Interview (ab S. 1367) hebt er dies nochmals hervor. Die ‚Stars' der Fertigung bei Precoplat sind natürlich die Maschinen: das InfinityLine-Ätz- und Strippingzentrumsder Firma Schmid zum Ätzen von Innenlayern, ein ATG-Fingertestsystem von Alba, Fräsmaschinen von Schmoll, MDI-Direktbelichtung mit vollautomatischer Beladung von ASS Maschinenbau … wobei auch einige ältere Maschinen zu sehen sind. Sie können als ‚Back-Up' genutzt werden, falls die Auftragslage es erfordert. Oder als ‚Ersatzteillager' bei mangelnder Verfügbarkeit von Ersatzteilen, da die Zulieferindustrie langsam ‚ausstirbt'. Insgesamt legt Precoplat legt großen Wert darauf, effizient und flexibel auf die Wünsche ihrer Kunden einzugehen und berät jeden individuell. Besonders stolz führt Andreas Brüggen die Galvanikanlage vor und verweist auf die kürzlich in Betrieb gegangene Dach-Photovoltaikanlage mit über 1.200 Modulen. Auch deutet er spannende Projekte an, die Precoplat für die Zukunft plant – man hat da in Zusammenarbeit mit Maschinenherstellern einiges in der Pipeline. Dabei wird es insbesondere um Automatisierung und Digitalisierung in der Industrie 4.0 und um weitere Klimaschutzmaßnahmen gehen.

Elektrischer FingertesterElektrischer Fingertester

Professionelle Arbeitsabläufe

Andreas Brüggen erweist sich während der Firmenbesichtigung als scharfsinniger Gesprächspartner, der über die Fertigung in Krefeld weit hinausdenkt. Die angespannte Lage der europäischen Leiterplattenindustrie ist ihm ein Herzensthema – aber auch gesellschaftliche Fragen beschäftigen ihn, wie sich bei den Themenfeldern Fachkräftemangel und Altersstruktur der Bevölkerung zeigt … ja, selbst bei ökologischen Fragen: Dass etwa der Klimawandel nicht ignoriert werden kann, sieht Andreas Brüggen durch eigene Beobachtungen im Leiterplattenwerk bestätigt. Durch die Erwärmung veränderte sich die Kondensation an Kupferplatten, wie man bei Precoplat über die Jahrzehnte hinweg registrierte. Dies machte den Einbau einer Klimakammer notwendig, um die Platten vor einem Hallenwechsel richtig zu temperieren und eine gleichbleibende Qualität zu gewährleisten. Andreas Brüggen glaubt, dass der Klimawandel eine enorme Herausforderung bedeutet – der sich die Gesellschaft insgesamt stellen muss, nicht nur (aber auch) die Industrie. Auch deshalb nutze die Firma Energie in der Fertigung effizient und stelle sich auf notwendige Änderungen ein. Es sind solche Details, die den Besuch bei Precoplat auszeichnen. Aber auch die insgesamt zugewandte Stimmung zwischen Geschäftsführung und Belegschaft, das Zusammenspiel der Geschwister Andreas Brüggen und Katharina Völker, die professionellen Arbeitsabläufe bei Precoplat und – nicht zu vergessen – die Ergebnisse jener Arbeit, nämlich die gestapelten, taufrisch gefertigten Leiterplatten, hinterlassen einen bleibenden Eindruck.

Eindrucksvoll: Galvanikanlage in der 2012 fertiggestellten HalleEindrucksvoll: Galvanikanlage in der 2012 fertiggestellten Halle

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