Das Schimpfwort „bitch“ ist auf den ersten Blick kein Kompliment, was aber nicht so bleiben muss. Die britische Zoologin Lucy Cooke hat jetzt ein Buch mit dem Titel „Bitch“ publiziert, in dem sie das bietet, was im Untertitel als „a revolutionary guide to sex, evolution and the female animal“ angekündigt wird.
Es geht um einen die bisherigen Vorstellungen umwerfenden Einblick in das evolutionär verstandene Treiben der Weibchen bei dem, was man Sex nennt, um das schreckliche Wort vom Geschlechtsverkehr zu vermeiden, bei dem man immer meint, Umleitungen und Verbotsschilder zu sehen.
Wie viele Disziplinen der Wissenschaft war auch das Erkunden des Geschlechtslebens – selbst da klingt das „schlecht“ durch – eine Domäne von Männern, und als Lucy Cooke studierte, erklärte man ihr, dass der Unterschied von Männchen und Weibchen durch die verschiedenen Größen der Ei- und Samenzellen entstanden sei. Die riesige Eizelle habe die Evolution in den weiblichen Körper gelegt, zu der hin dann die winzigen Samenzellen ihr Wettrennen bestreiten.
So sahen die frühen Biologen im Viktorianischen Zeitalter die Rollen festgelegt – Männer mussten kämpfen und sich durchsetzen, während Frauen brav darauf warteten, zu empfangen und auszutragen. Das heißt, Charles Darwin sah weiter und bemerkte, dass Männer kaum in den Nachwuchs investieren, während Frauen oftmals ihr Leben riskierten, um Kinder zu bekommen. Dies brachte ihn auf die Idee, dass es neben der natürlichen noch eine sexuelle Selektion geben müsse, bei der die Natur den Weibchen oder Frauen eine Macht in die Hand gab, die Darwin „female choice“, weibliche Wahl, nannte.
Abgesehen davon blieb in den Augen der meisten Biologen die Rolle der Frau passiv, aber inzwischen scheint sich das Gegenteil zu zeigen, und die Beobachtungen im Tierreich häufen sich, die in den Frauen die „Bitch“ sehen, die Lucy Cooke im Titel ihres Buches vorstellt. Sie erzählt davon, wie weibliche Lemuren auf Madagaskar ihre männlichen Partner physikalisch und gesellschaftlich dominieren, wie sich weibliche Albatrosse auf Hawaii zusammentun, um ihren Nachwuchs ohne Männchen aufzuziehen oder wie Meerkatzen-Mütter zu den mörderischsten Säugetieren auf diesem Planeten werden.
Offenbar haben die Pioniere der Sexualkunde ihre Vorstellungen der Natur überstülpen wollen, was aber nicht geklappt hat. „Bitch“ zeigt, dass es mehr Ähnlichkeiten zwischen Mann und Frau gibt als Unterschiede. Das macht Sex nicht langweilig, sondern im Gegenteil erst richtig spannend.