»Brücken bauen zwischen Geist und Materie«
In seiner „Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration“ lässt Bertolt Brecht den reisenden Weisen auf einen Zollbeamten treffen, der fragt, worüber sich der Gelehrte Gedanken gemacht und was er dabei herausgefunden hat. Der Knabe, der Laotse begleitet, antwortet mit dem berühmten Satz: „Dass das weiche Wasser in Bewegung mit der Zeit den mächtigen Stein besiegt. Du verstehst, das Harte unterliegt.“ Dies passt zu einem Interview mit dem Computerwissenschaftler Josh Bongard (New Scientist, 9.12.23, S. 41), der „evolutionary robotics“ betreibt und das harte Material der Maschinen mit ihrer „Künstlichen Intelligenz“ durch weiche Komponenten ersetzen möchte. Man will in der „Soft Robotics“ die bislang benutzte Keramik mit Metall durch Gummi und andere Weichteile ersetzen, um die bislang mit sprachlichen Mitteln betriebene künstliche Intelligenz sinnlich werden und Kontakt mit der realen Welt aufnehmen zu lassen. Die Idee dieses Verkörperns wird seit einiger Zeit verfolgt, und sie ist nun bei der Kognition angekommen, also bei der Wahrnehmungs- und der Erkenntnisfähigkeit von Menschen. Was immer sich dabei in einer Person als Bewusstsein, Weltverständnis oder Menschenkenntnis entwickelt, braucht einen Körper, in dem Geistiges (Mentales) entsteht und mit dem die Phantasie zum Ausdruck kommt. Wenn Psychologen diese analysierbare „embodied cognition“ erforschen, erkunden sie im Detail, wie körperliche Zustände das Denken beeinflussen und wie das jeweilige Handeln und Verhalten davon betroffen und beeinflusst werden. Es gilt, eine Brücke zwischen den beiden Sphären herzustellen, die als Geist und Materie – oder als Leib und Seele – unterschieden werden und im Abendland als getrennt betrachtet und behandelt wurden, seit René Descartes im 17. Jahrhundert die „res cogitans“ (Geist) von der „res extensa“ (Materie) trennte und den vor den Menschen ausgebreiteten Dingen trotz all ihrer Begreifbarkeit keinerlei Geist zutraute, auch wenn sie lebten. Es gilt auch, das Gegenteil von Descartes zu versuchen und mit „soft machines“ künstliche Intelligenz als verkörperte Kognition auftreten zu lassen. Josh Bongard vermutet, dass sich diese Fähigkeit weicher Roboter in den Bauteilen der Konstruktion finden wird und es keinerlei Programmierung für ihren Einsatz bedarf. Die braucht es bei Menschen auch nicht. Deshalb sind wir auch keine Maschinen, dafür aber das Gegenteil. Nämlich nette Leute. Oder denkt da jemand anders?