Im Gegenteil! Unvereinbarkeiten in der Politik

(Bild: Pixabay)
  • Titelbild: (Bild: Pixabay)

In Deutschland geht die Ampelkoalition zu Ende. So hübsch der Name klingt, so hässlich scheint das Bild zu sein, das die Regierungsmannschaft dem Publikum präsentiert hat, was vor allem daran liegt, dass sich die Politiker über die anstehenden Fragen nie einig werden können und pausenlos öffentlich miteinander diskutieren.

Das Wahlvolk verlangt Ruhe, Ordnung und Sicherheit, doch das Kabinett ist eine Quatsch­bude. Geht das nicht anders? Ich glaube nicht.

»Das Kabinett ist eine Quatschbude.
Geht das nicht anders?«

Zuvor eine Bemerkung zum Wählen in der Parteiendemokratie. Wenn eine Partei einen Vorsitzenden wählt, tritt meistens nur ein Kandidat an, bei zwei Konkurrenten wird von der Kampfabstimmung geredet, was bedeutet, dass man in beiden Fällen nichts zu wählen hat. Das hat der Stimmbürger auch nicht, wenn die Parteien wie jetzt nach der Auszählung der Stimmen versuchen, Koalitionen zu schmieden. Von Regierungen wird erwartet, dass sie etwas tun.

Um zu klären, ob Politiker und andere Menschen wissen können, was sie tun, muss man fragen, ob es eine politische Theorie oder philosophische Disziplin gibt, die Entscheidern geeignete Kriterien bietet, um die richtigen Maßnahmen auszuwählen und umzusetzen. Seltsamerweise gibt es als Antwort nicht nur ein lautes „Nein“ zu hören. Man kann nach dem Ideenhistoriker Isaiah Berlin sogar erklären, dass das Gegenteil der Fall ist. Der Gelehrte machte sich Gedanken über „Die Originalität Machiavellis“ und fand in dem Buch „Der Fürst“ des italienischen Renaissancephilosophen die Lektion der menschlichen Geschichte beschrieben. Sie besteht in dem unauflösbaren Dilemma, dass sich Werte wie individuelle Freiheit und Gemeinnützigkeit widersprechen können und eine rationale oder gar objektive Entscheidung zwischen ihnen durch nichts und niemanden erzielt werden kann.

Berlin spricht von einem historischen Wendepunkt im politischen Denken. Seitdem müssen Menschen im Laufe ihres Daseins zwischen unvereinbaren Wertesystemen wählen. Berlin denkt Machiavelli zu Ende, wenn er schreibt: „Die Ansicht, die richtige und objektiv gültige Lösung der Frage, wie der Mensch leben soll, lasse sich grundsätzlich entdecken, ist selbst grundsätzlich falsch. Ich glaube, es gibt nichts, was für das menschliche Leben destruktiver ist als ein fanatischer Glaube an das vollkommene Leben.“ Wenn diese Gedanken in die Niederungen deutscher Politik geholt werden, zeigt sich, dass man der Ampel für ihr Streiten dankbar sein muss. Ihre Vertreter handelten menschlich und im Einklang mit der Philosophie der Geschichte. Ihre Nachfolger sollten nichts anderes versuchen.

  • Ausgabe: April
  • Jahr: 2025
  • Autoren: Ernst Peter Fischer
Image

Eugen G. Leuze Verlag GmbH & Co. KG
Karlstraße 4
88348 Bad Saulgau

Tel.: 07581 4801-0
Fax: 07581 4801-10
E-Mail: info@leuze-verlag.de

 

Melden Sie sich jetzt an unserem Newsletter an: