Ab 2025 verpflichten gesetzliche Richtlinien bestimmte Firmen zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts. Warum Unternehmen sich schon vorab mit dem Thema Zukunftsfähigkeit beschäftigen sollten und welche Vorteile für Firmen entstehen, erklärt Nachhaltigkeitsexperte Daniel Reichert, Leiter der Lean & Green-Abteilung der T&O Group.
So ein Nachhaltigkeitsbericht ist doch gerade für kleine Firmen wieder eine zusätzliche Belastung und ein Bürokratiemonster.
Ja, das war dem Gesetzgeber klar. Deshalb sind grundsätzlich nur Unternehmen mit mindestens 250 Mitarbeitern, einem Nettoumsatz von mindestens 50 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von mindestens 25 Millionen Euro betroffen.
Trotzdem sind auch kleinere Unternehmen wegen eines solchen Berichts in helle Aufregung geraten.
Der sogenannte Trickle-Down-Effekt beschreibt, dass heutzutage auch kleinere Unternehmen mit größeren mithalten müssen. Kunden bringen sie durch wachsende Nachfrage dazu, sich auch ohne gesetzliche Anordnung der Berichtspflicht zu beugen. Mehr Firmen sehen sich deshalb im Zugzwang. Dazu kommt noch das Lieferkettengesetz, das ebenfalls mehr Transparenz in der Nachhaltigkeit der Lieferwege fordert.
Ist der grüne Weg also der Heilsbringer?
Die Liste der Vorteile eines Nachhaltigkeitsberichts ist lang. Fragen Kunden etwa nach konkreten Maßnahmen, liegen klare Antworten vor. Ferner stellen Verantwortliche unter Beweis, dass sie sich bereits mit dem Thema beschäftigt haben, die eigenen Schwächen und Stärken kennen und für die Zukunft planen. All das wirkt sich positiv auf die Außenwirkung aus.
Ein zusätzlicher Bonus: Nachhaltigkeit spielt eine immer größere Rolle für Finanz- und Kreditgeber – wer sie lebt und es belegen kann, kommt einfacher an einen Bankkredit.
Trotzdem werden viele Unternehmer vom Dschungel Nachhaltigkeit abgeschreckt.
Einfach starten! So früh wie möglich anfangen, die ersten kleinen Schritte zu gehen. Das garantiert einen Wissensvorsprung, bevor plötzlich eine gesetzliche Verpflichtung vor der Tür steht. Ein erster, unkomplizierter Anfang wäre zum Beispiel die Teilnahme an einem Workshop.
Angenommen, ich gehöre zu den Berichtspflichtigen. Was muss ich tun?
Was Firmen in einem Nachhaltigkeitsbericht unterbringen müssen, bestimmen die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) als Teil der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Der Startschuss fällt mit einer Wesentlichkeitsanalyse: Eine genaue Beobachtung der Unternehmensstrukturen offenbart, welche Chancen und Risiken sich zum Thema Nachhaltigkeit auftun und welche Bereiche am meisten auf Umwelt und Menschen einwirken. Die Analyse klärt, welche Daten der Bericht abdecken muss. CSRD und ESRS fordern neben zentralen Themen wie Klimafreundlichkeit, Schutz von Ökosystemen und ressourcenschonendes Wirtschaften auch soziale Nachhaltigkeit. Mit welchen Maßnahmen setzt die Firma interne Sicherheit um? Welchen Stellenwert nimmt die Frauenquote oder Diversität ein? Kurz: Zukunftsfähigkeit bedeutet mehr als nur Umweltfreundlichkeit.
Mit welchem personellen Aufwand muss ein Unternehmen rechnen?
Governance-Strukturen geben dem Nachhaltigkeitsbericht den nötigen Halt. Interne oder externe Prüfer von Maßnahmen, Datenerfassung und -auswertung sorgen für die Realisierung und Messung von Fortschritten. Es geht darum, Aufgaben nicht einzeln an Personen zu delegieren, sondern feste Verantwortliche zu haben. Ein großes Netzwerk aus Ansprechpartnern in verschiedenen Bereichen hilft dabei, die eigene Nachhaltigkeit effizient zu koordinieren.
Aber lohnen sich die Kosten zum Ertrag wirklich?
Leider unterschätzen Unternehmen Klimarisiken häufig immer noch drastisch. Oft gibt erst die Erstellung des Reports den Anstoß, sich mit möglichen Klimaschäden und ihrer Bekämpfung zu beschäftigen. Dass ihre eigenen Abteilungen zukünftig auch davon betroffen sein könnten, ist vielen Firmen gar nicht klar.
Und dann kommen aus China weniger nachhaltige Produkte zum Bruchteil des Preises.
Manche Firmen hinterfragen nach einer Analyse ihr gesamtes Geschäftsmodell. Beziehen sie etwa einen Großteil ihrer Importe aus China, müssen sie etwaige negative Auswirkungen, zukünftige Risiken und entsprechende Anpassungen herausarbeiten. Die meisten Unternehmen wachsen mit ihren Aufgaben. Viele Betriebe scheuen am Anfang Aufwand und Kosten und möchten nur essenzielle Punkte abdecken. Das ändert sich aber meistens ganz schnell. Nach einer Weile finden Firmen Gefallen an der Methode, wollen immer mehr erfahren und nehmen das Thema Nachhaltigkeit in ihre Unternehmens-DNA auf.