Maximierung der Energieeffizienz durch Wärmerückgewinnung

Moderne Galvanik mit offenen Galvanikbecken sowie Absaugungen und Abluftleitungen über den Becken - (Foto: Calorplast)
  • Titelbild: Moderne Galvanik mit offenen Galvanikbecken sowie Absaugungen und Abluftleitungen über den Becken - (Foto: Calorplast)

Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) ist ein zentrales Instrument der deutschen Klimaschutzstrategie und wurde entwickelt, um den Energieverbrauch zu reduzieren sowie die Effizienz industrieller Prozesse zu steigern. Angesichts zunehmender regulatorischer Anforderungen sind Unternehmen in energieintensiven Branchen verpflichtet, Maßnahmen zur Reduzierung ihres Energieverbrauchs zu implementieren. Wesentliche Technologie zur Erreichung dieser Ziele ist die Wärmerückgewinnung (WRG), mit der ungenutzte Abwärme industrieller Prozesse zur Wiederverwendung nutzbar gemacht wird. Welche Bedeutung die Wärmerückgewinnung im Rahmen des EnEfG hat und welche technischen und wirtschaftlichen Aspekte sowie Herausforderungen und Lösungsansätze für Unternehmen existieren, beschreibt dieser Artikel.

Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) im Detail

Das EnEfG wurde als Reaktion auf steigende Energiepreise, die Notwendigkeit zur CO2-Reduktion und die wachsende Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen entwickelt. Es definiert verbindliche Einsparziele für Unternehmen und setzt klare Rahmenbedingungen für die Umsetzung von Effizienzmaßnahmen. Die Kernpunkte des Gesetzes umfassen:

Energieeinsparverpflichtung: Unternehmen mit einem Endenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh pro Jahr sind verpflichtet, wirtschaftlich rentable Maßnahmen zur Energieeinsparung zu ergreifen. Dies umfasst insbesondere die Nutzung von Abwärme mit einem Temperaturniveau von über 20 °C, sofern sie wirtschaftlich nutzbar ist.

Verpflichtung zur Abwärmenutzung: Unternehmen müssen die in ihren Prozessen entstehende Abwärme identifizieren, dokumentieren und Maßnahmen zur Nutzung dieser Energie ergreifen. Dabei spielt die Wärmerückgewinnung eine Schlüsselrolle, da sie eine der effizientesten Möglichkeiten zur Energieeinsparung darstellt.

Meldepflicht: Unternehmen sind dazu verpflichtet, Daten über ihre Abwärmequellen zu erfassen und auf einer öffentlich zugänglichen Plattform zu veröffentlichen. Dies soll die Nutzung überschüssiger Wärme durch andere Betriebe oder kommunale Energieversorger erleichtern.

Verpflichtung zur Einführung eines Energie- oder Umweltmanagementsystems: Unternehmen mit einem Energieverbrauch von mehr als 7,5 GWh müssen ein standardi­siertes Managementsystem einführen, um kontinuierliche Verbesserungen im Bereich der Energieeffizienz zu sichern.

Diese Vorschriften machen deutlich, dass die Wärmerückgewinnung eine zentrale Maßnahme zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen darstellt.

Typischer Abluftwäscher mit Wärmerückgewinnung in horizontaler Bauweise - (Foto: Calorplast)Typischer Abluftwäscher mit Wärmerückgewinnung in horizontaler Bauweise - (Foto: Calorplast)

Wärmerückgewinnung in der Galvanikbranche

Die Galvanikindustrie zählt zu den energieintensiven Sektoren, in denen erhebliche Mengen an Abwärme entstehen. Durch den Betrieb offener Prozessbäder, die oft konstant beheizt werden, sowie durch die Belüftungssysteme zur Abführung von chemischen Dämpfen geht viel Energie verloren. In Deutschland gibt es etwa 1.600 bis 1.800 Galvanikbetriebe, die sowohl als Lohnbeschichter als auch als Inhouse-Galvaniken tätig sind.

Mittelgroße Galvanikbetriebe mit einer Mitarbeiterzahl zwischen 70 und 100 haben in der Regel einen jährlichen Energieverbrauch von 5 bis 10 GWh, was bedeutet, dass sie klar unter die Vorschriften des EnEfG fallen. Ohne gezielte Maßnahmen zur Abwärmenutzung entweicht ein großer Teil der eingesetzten Energie ungenutzt in die Umgebungsluft, was sowohl ökologisch als auch ökonomisch ineffizient ist.

Technische Lösungen zur Wärmerückgewinnung

gt 2025 03 052Vertikaler Abluftwäscher von Koerner Chemieanlagenbau aus Österreich. Auch dieser Wäscher enthält eine Wärmerückgewinnung. Dabei wird die aggressive Abluft gewaschen; durch die Anreicherung der Luft mit Wasser ergibt sich ein höheres Energiepotenzial zur Wiedergewinnung - (Foto: Kvk Koerner)Die Wärmerückgewinnung in der Galvanik kann durch verschiedene Methoden realisiert werden, die darauf abzielen, Abwärme effizient zu nutzen und den Energieverbrauch signifikant zu senken. Je nach Anlagenstruktur und betrieblichen Anforderungen bieten sich unterschiedliche Technologien an:

Abluft-Wärmerückgewinnung: Diese Methode nutzt Gas-Wasser-Wärmetauscher oder Kreislaufverbundsysteme, um die thermische Energie der Abluft zur Vorwärmung der Frischluft zu verwenden. Dabei wird die in der Abluft enthaltene Wärme durch einen Wärmetauscher auf die Zuluft übertragen, wodurch der Heizbedarf für die Beheizung der Produktionshalle signifikant gesenkt wird. Besonders in der Galvanikbranche, wo große Luftmengen bewegt werden, können Gas-Wasser-Wärmetauscher mit einem hohen Wirkungsgrad bis zu 70 % der Abluftwärme zurückgewinnen. Kreislaufverbundsysteme verhindern zudem eine Kontamination zwischen Abluft und Frischluft, was insbesondere in chemisch belasteten Umgebungen von Vorteil ist.

Wärmepumpenintegration: Durch die Integration einer Wärmepumpe kann die zurückgewonnene Energie aus der Abluft ganzjährig – auch außerhalb der Heizperiode – für verschiedenste Anwendungen zur Verfügung gestellt werden.

Diese Lösungen bieten enorme Potenziale zur Energieeinsparung und amortisieren sich in der Regel innerhalb von ein bis fünf Jahren, abhängig von der vorhandenen Infrastruktur und der eingesetzten Technologie. Die Auswahl der optimalen Wärmerückgewinnungslösung erfordert eine sorgfältige Analyse der betrieblichen Gegebenheiten, um die wirtschaftlich und technisch sinnvollste Maßnahme zu identifizieren.

Herausforderungen und Lösungsstrategien

Trotz der erheblichen Vorteile der Wärmerückgewinnung bestehen einige Herausforderungen bei der Implementierung solcher Systeme. Diese betreffen vor allem technische, finanzielle und administrative Aspekte, die Unternehmen vor eine komplexe Entscheidungsfindung stellen. Die wichtigsten Herausforderungen und geeignete Lösungsansätze werden nachfolgend dargestellt:

Technische Anpassungen

Bestehende Lüftungs- und Heizsysteme sind häufig nicht auf eine direkte Integration von Wärmerückgewinnungssystemen ausgelegt. Insbesondere in älteren Produktionsanlagen fehlt es oft an der notwendigen Infrastruktur für eine effiziente Wärmeübertragung. Dies kann bedeuten, dass zusätzliche Leitungen, Wärmetauscher oder spezielle Steuerungssysteme installiert werden müssen, um die gewonnene Wärme sinnvoll nutzen zu können.

Lösung: Eine detaillierte Bestandsaufnahme der bestehenden Anlagentechnik ist essenziell, um die optimalen Schnittstellen für die Integration eines Wärmerückgewinnungssystems zu identifizieren. Durch den Einsatz modularer Gas-Wasser Wärmetauschersysteme, die sich flexibel an bestehende Prozesse anpassen lassen, kann die Implementierung erleichtert werden. Zudem können moderne Steuerungssysteme dafür sorgen, dass die rückgewonnene Wärme bedarfsgerecht verteilt wird.

Gas-Wasser-Wärmetauscher von Calorplast mit Reinigungseinrichtung und Tropfenabscheider - (Foto: Calorplast)Gas-Wasser-Wärmetauscher von Calorplast mit Reinigungseinrichtung und Tropfenabscheider - (Foto: Calorplast)

Investitionskosten

Obwohl sich Wärmerückgewinnungssysteme in der Regel innerhalb weniger Jahre amortisieren, stellen die anfänglichen Investitionskosten für viele Unternehmen eine finanzielle Hürde dar. Je nach Größe des Betriebs und Umfang der Maßnahmen können die Anschaffungskosten für Wärmetauscher, Leitungen und Regeltechnik erheblich variieren.

Lösung: Unternehmen sollten eine Wirtschaftlichkeits­analyse durchführen, um die Rentabilität der Investition transparent darzustellen. In vielen Fällen kann eine schrittweise Implementierung sinnvoll sein, bei der zunächst die Bereiche mit dem höchsten Einsparpotenzial umgerüstet werden.

Dokumentations- und Berichtspflichten

Das EnEfG schreibt vor, dass Unternehmen detaillierte Berichte über ihre Abwärmenutzung erstellen und diese regelmäßig aktualisieren müssen. Die Erfassung und Dokumentation der Energieflüsse kann jedoch einen administrativen Aufwand verursachen, insbesondere für kleinere Unternehmen, die nicht über entsprechende interne Ressourcen verfügen.

Lösung: Durch den Einsatz digitaler Energiemanagementsysteme lassen sich Abwärmenutzung und Energieeinsparungen automatisch erfassen und auswerten. Diese Systeme ermöglichen eine kontinuierliche Überwachung und helfen Unternehmen, die gesetzlichen Anforderungen effizient zu erfüllen. Zudem kann die Zusammenarbeit mit externen Energieberatern die Dokumentationspflichten vereinfachen und sicherstellen, dass alle Vorschriften eingehalten werden.

Abluftanlage im Laborumfeld - (Foto: Colasit AG Spiez)Abluftanlage im Laborumfeld - (Foto: Colasit AG Spiez)

Schulung und Sensibilisierung der Mitarbeiter

Ein weiterer wichtiger Faktor für den erfolgreichen Betrieb eines Wärmerückgewinnungssystems ist das Bewusstsein und die Schulung der Mitarbeiter. Ohne eine klare Kommunikation über die Vorteile und den Betrieb der Systeme kann die Effizienz der Wärmerückgewinnung beeinträchtigt werden.

Lösung: Unternehmen sollten regelmäßige Schulungen und Informationsveranstaltungen für ihr Personal anbieten, um ein grundlegendes Verständnis für die Wärmerückgewinnung und deren Bedeutung für den Betrieb zu schaffen. Ein klar definiertes Energiemanagement mit festen Verantwortlichkeiten kann dazu beitragen, die Effizienz der Wärmenutzung langfristig sicherzustellen.

Technische Entwicklung in der Galvanik

Die Galvanikindustrie hat in den letzten Jahren erhebliche technologische Fortschritte gemacht, insbesondere im Bereich der Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Neue Materialien, innovative Beschichtungsverfahren und eine verbesserte Prozesskontrolle haben bereits dazu beigetragen, den Energieverbrauch zu senken und die Umweltbelastung zu reduzieren. Die Implementierung digitalisierter Steuerungssysteme hat in vielen Unternehmen die Produktionsprozesse präziser gemacht und Optimierungen ermöglicht, wodurch Chemikalien und Energie effizienter genutzt werden. Gleichzeitig hat sich die Produktqualität weiter verbessert.

Ein vielversprechender Entwicklungsschritt ist die verstärkte Nutzung geschlossener Kreislaufsysteme zur gezielten Rückgewinnung von Abwärme, um diese wieder in den Produktionsprozess einzuspeisen. Während einige Unternehmen diese Technologie bereits erfolgreich implementiert haben und damit sowohl Energiekosten als auch CO2-Emissionen senken konnten, stehen viele Betriebe noch vor der Herausforderung, die notwendigen Investitionen zu tätigen und regulatorische Anforderungen zu erfüllen.

Die Kombination aus fortschrittlichen Wärmerückgewinnungssystemen, optimierter Anlagentechnik und strengen Umweltauflagen macht die Galvanik zunehmend zu einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Branche. Diese Entwicklung wird voraussichtlich weiter voranschreiten, da sowohl wirtschaftliche als auch ökologische Anforderungen Unternehmen dazu bewegen, kontinuierlich in innovative Technologien zu investieren. Dennoch sind einige der prognostizierten Fortschritte noch nicht flächendeckend realisiert, sodass die vollständige Transformation der Branche noch Zeit in Anspruch nehmen wird.

Kreislaufverbundsystem (links) mit hydraulisch miteinander verbundener Zu- und Abluft und Evolution Wärmetauscher von Calorplast (rechts), ein Gas-Wasser-Wärmetauscher, der wegen seiner modularen Bauweise gut in Systeme integriert werden kann - (Foto: Calorplast)Kreislaufverbundsystem (links) mit hydraulisch miteinander verbundener Zu- und Abluft und Evolution Wärmetauscher von Calorplast (rechts), ein Gas-Wasser-Wärmetauscher, der wegen seiner modularen Bauweise gut in Systeme integriert werden kann - (Foto: Calorplast)

Fazit

Das EnEfG stellt klare Anforderungen an die Abwärmenutzung und macht Wärmerückgewinnung zu einem zentralen Element der Energieeffizienzstrategie in der Industrie. Besonders in der Galvanikbranche existieren erhebliche Potenziale zur Reduzierung des Energieverbrauchs durch Wärmerückgewinnungssysteme.

Unternehmen sollten WRG als eine nachhaltige Maßnahme zur Verbesserung der Energieeffizienz betrachten und frühzeitig Maßnahmen zur Implementierung ergreifen. Durch eine gezielte Nutzung von Abwärme können nicht nur gesetzliche Vorgaben erfüllt, sondern auch erhebliche wirtschaftliche Vorteile realisiert und ein wesentlicher Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden.

Der Artikel geht auf einen Vortrag von Calorplast-Mitarbeiter Johannes Flore auf dem LeipzigerFachseminar zurück.

  • Ausgabe: März
  • Jahr: 2025
  • Autoren: Olga Wildt
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