In unserer Galvanik treten bei der Beschichtung verschiedener Substrate (Edelstahl, Kupferlegierungen) mit Nickel, Zinn oder Gold wiederholt Verfärbungen auf. Die Bauteile sind sowohl filigrane Kleinteile als auch komplexere Geometrien, die teils in Trommeln, teils auf Gestellen beschichtet werden. Die Verfärbungen zeigen sich als gelbliche oder bläuliche Schlieren bei Nickel, mattgraue Flecken bei Zinn und rötliche bis bräunliche Tönungen bei Gold.
Das Problem scheint chargenabhängig aufzutreten, jedoch nicht bei jeder Beschichtungsreihe. Auffällig ist, dass Gestellware seltener betroffen ist als Trommelware. Wir vermuten, dass die Wasserqualität (Ionenaustauscher oder Stadtwasser) eine Rolle spielen könnte. Können diese Verfärbungen tatsächlich auf Probleme mit dem Wasser zurückzuführen sein, und wie können wir dies sicher überprüfen?
Ihre Beschreibung deutet darauf hin, dass eine intermittierende oder variable Ursache vorliegt, statt eines permanenten Fehlers im Prozess. Da es sich um unterschiedliche Substrate, Beschichtungen, Verfahrenstechniken und somit Anlagen handelt, besteht die auffälligste Gemeinsamkeit in der Wasserversorgung. Dies kann sowohl Frischwasser als auch vollentsalztes (VE)-Wasser betreffen. Da es sich um ein äußerst dringliches Problem zu handeln scheint, würden wir vorschlagen, die Aufgabe zweigleisig anzugehen.
Wasserproben
Entnehmen Sie aus den letzten Spülen, jeweils bei Frischwasser und bei VE-Wasser, an allen betreffenden Anlagen Proben, die Sie, je nach Labor, selbst untersuchen müssen oder extern analysieren lassen. Dabei sollte vorwiegend auf organische und metallische Verunreinigungen geachtet werden. Als mögliche Ursachen kommen u. a. Tenside, Additive und Ölspuren sowie verschiedene Metalle infrage.
Eingrenzung
Bei der letzten Spülung handelt es sich i. d. R. um eine Fließ- oder Heißspüle. Beide werden normalerweise mit VE-Wasser betrieben. Tauschen Sie dieses Wasser temporär gegen Frischwasser aus, und zwar an der Anlage und vorzugsweise bei dem Verfahren, bei dem sie am häufigsten das Problem feststellen.
Nun gibt es drei Möglichkeiten:
- Das Problem hat sich gebessert oder tritt nicht mehr auf. Damit ist klar, dass die Ursache beim VE-Wasser zu suchen ist.
- Das Problem hat sich verschlechtert. Dies lässt darauf schließen, dass ihre Frischwasserversorgung kontaminiert wurde.
- Es gibt keinen Unterschied.
Sollte der dritte Fall eintreten, kann das mehrere Ursachen haben. Es ist möglich, dass die Flecken bereits in einer vorherigen Spüle entstehen. Um dies zu testen, tauschen Sie alle Spülen mit VE-Wasser zwischen Beschichtung und Trocknung durch Frischwasser aus. Achten Sie dabei darauf, dass die Wannen vor Neubefüllung ordentlich gereinigt werden.
Es ist außerdem denkbar, dass die Teile weiterhin Flecken haben, aber sich Anzahl und Formen bzw. sich die Größe der Flecken unterscheiden. Auch dies kann ein Hinweis auf die mögliche Ursache sein. Ggf. sind nicht nur die Spülen, sondern mittlerweile auch Elektrolyte kontaminiert.
» Obwohl die Wasserqualität in Deutschland sehr gut ist, kann es unter Umständen zu größeren Schwankungender Qualität kommen «
Ursachen bei Frischwasser
Obwohl die Wasserqualität in Deutschland sehr gut ist, kann es unter gewissen Umständen zu größeren Schwankungen oder sogar Einbrüchen in ihrer Qualität kommen. Dies kann am Wasser selbst oder dem Versorgungsnetz liegen.
So können Arbeiten an Wasserleitungen Ablagerungen von Eisen, Mangan oder organischen Stoffen lösen, die sonst in den Rohren verbleiben. Außerdem können Rohrbrüche oder Verbindungen zu alten Leitungen Schmutz und Fremdstoffe ins Leitungswasser bringen.
Bei Unfällen oder illegalen Entsorgungen können Chemikalien wie Chloride, Sulfate, Nitrate sowie organische Verbindungen in die Wasserversorgung geraten. Auch in Wasserwerken eingesetzte Desinfektionsmittel können in zu hohen Konzentrationen ins Netz gelangen. Wenn ein Rückfluss aus einem angeschlossenen System (z. B. Heizung, industrielle Wasseraufbereitung) auftritt, können Chemikalien oder Fremdstoffe ins Stadtwassernetz zurückkehren. Ebenso durch plötzliche Druckabfälle im Netz können verschmutzte Medien aus verbundenen Leitungen in das Versorgungsnetz gesaugt werden.
Niederschläge, Dürreperioden oder Schneeschmelze können die Wasserzusammensetzung beeinflussen (z. B. durch erhöhten Gehalt an organischen Stoffen sowie Mineralien). In stehenden Gewässern, die als Rohwasserquelle dienen, kann ein Übermaß an Nährstoffen (z. B. Phosphate) zu mikrobieller Aktivität und organischen Rückständen führen.
Durch eine Wasseranalyse sollten Sie zumindest erfahren, welcher Stoff oder welche Stoffgruppe für die Flecken verantwortlich ist. Dies kann die weitere Suche stark eingrenzen. Prüfen Sie zunächst den Zulauf bis zum Eingang in die Galvanik. Wenn sich hier kein Fehler finden lässt, kontaktieren Sie umgehend die Wasserwerke. Es ist durchaus möglich, dass von einer Kontamination nicht nur ihr Betrieb betroffen ist.
Ursachen bei VE-Wasser
Sollten die Ionenaustauscher betroffen sein, kann es auch hier mehrere Ursachen geben. Bei älteren Anlagen ist es plausibel, dass die Harze defekt oder gar verklumpt sind. Außerdem kann es sich um ein Problem mit der Regeneration der Harze handeln. Um möglichst schnell zu einer Lösung zu gelangen, sollten Sie die Fachfirma für die Ionenaustauscher kontaktieren. Die kann insbesondere die Harze am schnellsten überprüfen. Gleiches gilt auch für den Regenerationsvorgang. Ggf. handelt es sich sogar um einen Softwarefehler.
Sofern es sich tatsächlich um ein VE-Wasser-Problem handelt und dieses nicht in kürzester Zeit gelöst werden kann, da bspw. alle Harze ausgetauscht werden müssen, wäre als Zwischenlösung eine mobile Einheit denkbar. Solche Anlagen können gemietet und schnell aufgebaut sowie integriert werden. Dies ist zwar nicht elegant, aber wesentlich günstiger als ein Produktionsausfall auf unbestimmte Zeit.
Weitere Auswirkungen
Je nach Quelle der Verunreinigung kann dies weitreichende Probleme mit sich ziehen. So wären Vor-, Nachbehandlung und Elektrolyte betroffen. Im Zweifelsfall raten wir dazu, die Vorbehandlung komplett auszutauschen, sobald die Ursache gefunden und behoben wurde, um eine weitere Verschleppung in Kreislaufsysteme und Elektrolyte zu vermeiden. Gleiches gilt für Nachbehandlungen wie Passivierungen.
Die Elektrolyte sollten im Labor genauestens untersucht werden. Je nach Konzentration der Verunreinigung kann es sein, dass Sie keinen Unterschied bemerken und sich die Verunreinigungen mit der Zeit abbauen. Am besten kontaktieren Sie den Lieferanten für die Badchemie und besprechen die optimale Vorgehensweise. Sollte es Auswirkungen geben, lassen sich Verunreinigungen womöglich durch Selektivreinigung oder ein angepasstes Filtersystem entfernen.
»Der enge Kontakt von Galvaniken kann ein Frühwarnsystem sein, um Probleme in der Frischwasserversorgung zu erkennen «
Weitere mögliche Ursachen
Es ist zwar am wahrscheinlichsten, dass das Problem aus der Wasserversorgung herrührt, muss aber nicht die einzige Möglichkeit sein. Denkbar wäre ein Problem bei der Trocknung, wenn bspw. die Trocknungsluft an einem zentralen Ort erhitzt und hier kontaminiert wird. Solche Probleme kennt man u. a. auch von kontaminierter Pressluft.
Hinzu kommen hygienische Aspekte. Organische Rückstände könnten durch Biofilme oder mikrobielles Wachstum verursacht werden. Solche Überbleibsel sind nicht immer leicht zu erkennen und könnten ein Indikator für ein schlecht gereinigtes Leitungssystem oder Tanks sein. So könnten Organismen zwar an einem Ort entstehen, sich aber über Kreislaufwasser im ganzen Betrieb ausbreiten und die Prozesse wie beschrieben stören.
Eine weitere Option wäre bewusste Sabotage. Diese Möglichkeit sollte in Betracht gezogen werden, wenn nach der Beseitigung des Problems die Schwierigkeiten „plötzlich“ wieder auftreten und nicht natürlich erklärt werden können.
Zukünftige Maßnahmen
Da es sich beim beschriebenen Sachverhalt um ein schon fast existentielles Problem handelt, müssen, je nach Fehlerursache, auch entsprechende Maßnahmen in Betracht gezogen werden, damit dies in Zukunft verhindert werden kann.
Neben den einmaligen Proben könnte eine kontinuierliche Überwachung sinnvoll sein, insbesondere wenn eine schleichende Verschmutzung durch temporäre Ereignisse oder Schwankungen zu vermuten ist. Automatisierte Sensoren könnten dabei helfen.
Veränderungen frühzeitig erkennen
Neben der Untersuchung von Frischwasser und VE-Wasser könnte es sinnvoll sein, die gesamten Wasserleitungen und Kreisläufe in der Galvanik zu inspizieren. Verunreinigungen könnten sich in toten Leitungsenden, Filtergehäusen oder schlecht gespülten Tanks sammeln. Das mag womöglich nicht die aktuelle Ursache Ihres Problems sein, aber kann zu einem zukünftigen Problem führen.
Wenn es Hinweise auf Probleme in der Frischwasserversorgung gibt, könnte es bei anderen Firmen in der Region ähnliche Schwierigkeiten geben. Ein Austausch mit anderen Galvaniken oder wasserabhängigen Betrieben könnte weitere Hinweise liefern. Ein engerer Kontakt der Unternehmen kann als eine Art „Frühwarnsystem“ dienen. Sollte es sich um ein tiefer liegendes Problem bei der Wasserversorgung handeln, können die Betriebe gemeinsam größeren Druck auf Wasserwerk und verantwortliche Gemeinde ausüben, um eine möglichst schnelle Änderung der Zustände zu bewirken.