Leiterin der Entwicklungsabteilung bei C. A. Picard und Vorstandsmitglied im Kompetenznetzwerk für Oberflächentechnik e. V.; Interview: Robert Piterek
»Wir wollen einen ersten Schritt Richtung KI gehen«
Fr. Dr. Kölsch, netzwerk-surface.net. wird mit einem KI-Assistenten zum ersten sprechenden Technologienetzwerk. Worum handelt es sich dabei genau?
Hierzu würde ich gerne ein Bild nutzen: Stellen Sie sich vor, Sie bauen eine neue Abteilung auf und starten mit einem neuen Mitarbeitenden, dem KI-Assistenten. Dieser ist auf Technologiefragen spezialisiert und muss eingearbeitet werden. Er besitzt von Grund auf folgende Fähigkeiten: Er hat ihm bereitgestelltes Wissen, in unserem Fall Technologiebeschreibungen aus 22.000 ausgewählten Patenten – also eine Sonderbegabung. Die Auswahl der Patentthemen erfolgte auf Basis einer Befragung unserer Mitglieder. Er kann aus diesem Pool relevante Aspekte zu einer Fragestellung zusammenführen und diese verknüpfen. Er kann die gefundenen Informationen zusammenfassen und mit fundierten Erklärungen sowie Fundstellen versehen. Seine Grenzen sind, dass er nur so gut antworten kann, wie die Fragestellung ist und sein Wissen reicht. Auch der Fragende muss lernen, mit dem KI-Assistenten zu agieren. Der KI-Assistent hat jedoch keine Angst, fehlendes Wissen zuzugeben, was ihn grundlegend von anderen KIs unterscheidet. Natürlich wachsen die Fähigkeiten des KI-Assistenten mit den Daten, die wir ihm aus verschiedensten Quellen an die Hand geben. Hier ist unser Netzwerk gefragt und auch sehr aktiv. Es gibt dieses Sprichwort, das es ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind zu erziehen. Wir brauchen unser Netzwerk und damit uns selbst, um den Assistenten zu erziehen.
Die KI soll dabei helfen, die Nadel im Oberflächentechnik-Heuhaufen zu finden, hieß es auf LinkedIn. Welche Vision steht hinter der Idee?
Kommen wir wieder zurück zu dem Bild mit der Abteilung, die Sie aufbauen. Es reicht Ihnen vielleicht nicht, dass der KI-Assistent nur Technologiefragen rund um die Oberflächentechnik beantwortet, sondern Sie sind auch an anderen Fragestellungen und Zusammenhängen interessiert, wie Ihrer Marktumgebung. Dann muss ein zweiter KI-Assistent angelernt werden, um Ihnen fundierte Antworten auf ebendiese Fragen zu geben. In der großen Vision ist eine Interaktion zwischen den unterschiedlichen KI-Assistenten gewünscht, um Zusammenhänge zu erkennen und nutzen zu können. Gemeinsam durch das Netzwerk und den KI-Assistenten können wir ebendiese Nadel im Heuhaufen finden, indem das geteilte Wissen neue Synergien und Möglichkeiten aufdeckt, die menschliche Mitarbeitende aufgrund der Datenmenge nicht finden können. Das Kompetenznetzwerk für Oberflächentechnik e.V., netzwerk-surface.net, ist Teil einer Innovationsgruppe in Deutschland, die KI-Technologien für regionale Kompetenznetzwerke und regionale Wirtschaftsförderungen testet. Die ersten KI-Pilotprojekte, die innerhalb der Google Cloud Plattform laufen, wurden mit dem Public Sector von Google Cloud auf der Smart Country Convention 2024 in Berlin vorgestellt. Wir freuen uns, dabei sein zu dürfen.
Was versprechen Sie sich vom Einsatz des KI-Assistenten?
Wir versprechen uns davon, mit unseren Vereinsmitgliedern einen ersten Schritt in Richtung KI zu gehen und ihnen einen echten Mehrwert mit dem KI-Assistenten zu bieten. Außerdem zeigt der KI-Assistent ganz klar, dass wir nur gebündelt stark sind und wie wichtig Netzwerken in der heutigen Zeit ist. Hier können unsere Mitglieder einen direkten Mehrwert sehen und nutzen.
Wer kann auf den KI-Assistenten zugreifen?
Das Tool wird zunächst nur für unsere Mitgliedsunternehmen zur Verfügung gestellt. Allerdings findet sich auf der Startseite unseres Internetauftritts eine Mitgliedersuchmaschine, in welcher man nach Inhalten suchen kann, die unsere Mitglieder anbieten. Die ist für alle zugänglich.
INFO
Kompetenznetzwerk für Oberflächentechnik e. V.
Unternehmernetzwerk mit über 50 Mitgliedsfirmen, die das Netzwerk aktiv gestalten. Hintergrund des Netzwerks ist die Oberflächentechnik, aber weit gestreut, weil jeder und alles mit Oberfläche zu tun hat, wie Dr. Kölsch beschreibt. Im März findet beispielsweise eine Praxiszeit zum Thema Verbundwerkstoffe im bergischen Land in Nordrhein-Westfalen statt. Das Netzwerk stellt Unternehmen in den Mittelpunkt, um Expertise zu bündeln und um relevante Themen in das Netzwerk einzubringen.
INFO
Dr. Katharina Kölsch
hat im Fach Oberflächen- und Werkstofftechnologie zum Thema Verschleiß von Oberflächen durch Partikel promoviert. Sie leitet die Entwicklungsabteilung der Carl August Picard GmbH und ist dort dem Thema Verschleiß und Verschleißschutz treu geblieben. Seit 2023 ist sie Vorstandsmitglied im Kompetenznetzwerk für Oberflächentechnik e.V.