Zum Batterieforum in Berlin kamen fast 400 Teilnehmer. An drei Tagen wurde ihnen ein informatives Programm mit Vorträgen, einer Posterausstellung, Podiumsdiskussionen und ausreichend Gelegenheit zum Networking geboten.
Die Batterietechnologie ist und bleibt eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts, wie Peter Lamp, KLiB-Vorsitzender, in der Begrüßung hervorhob. Dem interdisziplinären und branchenübergreifenden wissenschaftlich-technischen Dialog kommt eine hohe Bedeutung zu, um durch einen systemischen Ansatz ein tiefergehendes gemeinsames Verständnis für Batterien zu erreichen.
Andreas Huber, Deutsche Gesellschaft Club of Rome e. V., mahnte, die Werte- und Zielvorstellungen in der Gesellschaft zu überdenken. Dennoch: Menschen sollte nicht die zerrüttete Welt vor Augen geführt, sondern Lösungen aufgezeigt werden. Technologische Verfahren haben die Menschheit zwar weit gebracht, aber Demut und die Verbindung zur Erde sind verloren gegangen. Mit vielen Denkanstößen verwies der Redner darauf, dass unsere Haltung von heute die Welt von morgen gestaltet.
Auf die Megatrends 2050 ging Markus Hackmann, E-Mobility P3 Group, ein. Batterien sind eine Schlüsseltechnologie für eine nachhaltige Zukunft, die ausgebaut werden muss. Eine europäische Wertschöpfungskette mit der dazugehörigen Software muss deshalb jetzt aufgebaut werden. Das Marktsegment für Batteriezellen entwickelt sich rasant. So werden immer mehr stationäre Batterieeinheiten für die Netzstabilität gebraucht und durch den Ausbau der Elektromobilität auch mehr Batterien benötigt. Gleichzeitig mahnte der Redner, dass europäische Zellenhersteller im Vergleich zu asiatischen Herstellern mit höheren Kosten zu kämpfen haben. Allein der Batteriepass und das Lieferkettengesetz machen etwa 3 % der Gesamtkosten aus.
Ulrich Weitz, IBU-tec advanced materials AG, berichtete über Entwicklungen zur Zellchemie und die Produktion von Lithium-Eisenphosphat (LFP), dem Kathodenmaterial zur Anwendung in modernen Batterien, in Weimar. Es wurden auch Möglichkeiten zum LFP-Recycling untersucht. Eine Mischung mit 20 % recyceltem LFP brachte gute Ergebnisse.
» Bis 2030 soll die Technologie zur Lithium-Rückgewinnung aus Batterien bis zur Serienreife entwickelt sein «
Michael Deutmeyer, EAS Batteries GmbH, stellte ein erfolgreiches Geschäftsmodell für die Lithiumtechnologie „Made in Deutschland“ vor. Recyceltes Lithium hat eine geostrategische Relevanz. Bis 2030 soll die Technologie zur Lithium-Rückgewinnung aus Batterien bis zur Serienreife entwickelt sein.
Über das Potenzial stationärer Speicher sprach Derk Swider, E.ON SE. Die grundlegenden Änderungen auf dem Energiemarkt unterstützen und fordern einen Batteriespeicherausbau. Mit den Energiespeichern werden Schwankungen im Netz ausgeglichen. Selbst die Batterien der E-Autos werden für die Energiemärkte interessant, wenn sie bei niedrigen Energiepreisen geladen werden und bei hohen Preisen Strom ins Netz abgeben.
In der Podiumsdiskussion hob Azar Mottale, Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI), hervor, dass Deutschland seine Technologieführerschaft zurückgewinnen muss. Die Klimaschutzvorgaben sind sehr ambitioniert, dürfen aber nicht die Wirtschaft lähmen. Der ZVEI setzt sich für mehr Unabhängigkeit ein. Derzeit ist die zunehmende Elektrifizierung ohne Importe von PV-Anlagen und Windkraftanlagen nicht möglich. Auch die meisten Batterieprojekte greifen auf asiatische Ausrüster zurück, wie Thilo Brückner, VDMA, anmerkte.
Natrium-Ionen-Batterien und weitere Natrium-Batteriesysteme
In diesem Themenbereich wurden Arbeiten zum aktuellen Stand der Forschung und Entwicklung zu Natrium-Ionen-Batterien und verwandten Systemen wie Natrium-Feststoffbatterien oder Hochtemperatur-Natriumbatterien vorgestellt.
Veranstalter des 13. Batterieforums war das Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien (KLiB) mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)Die Entwicklungen zu Natrium-Ionen-Batterien stehen zwar noch am Anfang, haben aber ein großes Potenzial, wie Peter Axmann, Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg, zusammenfasste. Erst vor zwei Jahren ist die Technologie auf den Markt gekommen. Ihr Vorteil ist, dass sie frei ist von kritischen Rohstoffen wie Lithium und Cobalt und nur wenig Nickel enthält. Durch zahlreiche Variationsmöglichkeiten können die Kapazität und Energiedichte weiter optimiert werden. In den nächsten Jahren muss die Materialentwicklung weiter forciert werden, wobei ein hoher Konkurrenzdruck durch die Kommerzialisierung in China und große Forschungsprogramme weltweit herrscht.
Tim-Patrick Fellinger, Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), berichtete über die Sicherheit von Natrium-Ionen-Batterien und das Potenzial synthetischer Kohlenstoff-Anoden. Hohe Kapazitätsverhältnisse zwischen den negativen und positiven Elektroden reduzieren die Energiedichte und erhöhen das Gefahrenpotenzial. Leistungsfähige Anoden (400 mAh/g) lassen sich mittels Chemischer Gasphasenabscheidung (CVD) aus Aktivkohle herstellen. Wirtschaftliche Kohlenstoffanoden jenseits von 400 mAh/g werden in den nächsten Jahren entwickelt sein.
Daniela Fenske, Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM), und Nicolas Bucher, Varta Microbattery GmbH, stellten das vom Bundesministerium für Forschung und Bildung geförderte Entise-Projekt vor. Ziel ist ein schneller Hochlauf der Natrium-Ionen-Batterie-Technologie. In Teilprojekten wird an unkritischen kostengünstigen Materialien geforscht und die Speicherkapazität von Kathode und Anode soll verbessert werden. Das Marktpotenzial für Natrium-Ionen-Batterien ist vorhanden. In China werden sie bereits kommerziell angewendet.
Innovative Produktions- und Verfahrenstechnologien
Die rasant steigende Nachfrage nach Batterien erfordert innovative Produktions- und Verfahrenstechnologien, um die Effizienz und Nachhaltigkeit der Batteriezellproduktion zu steigern, die Kosten zu senken und gleichzeitig der dynamischen Produktentwicklung Rechnung zu tragen. In dieser Session wurden neuartige Ansätze des Maschinen- und Anlagenbaus für eine durchsatz- und qualitätsoptimierte Produktion, die auch hinsichtlich der Flexibilität Vorteile gegenüber dem Stand der Technik aufweist, vorgestellt.
Jürgen Fleischer, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), stellte die technologischen Herausforderungen der Batterieindustrie und Ansätze für die Produktionstechnik vor. Die Produktionstechnik muss an die wechselnden Rahmenbedingungen, wie Änderungen in der Zellchemie, Stückzahlen und Zellformate sowie -geometrie, angepasst werden können. Mit dem Einsatz digitaler Methoden und innovativer Anlagen gelingt die Optimierung der Produktionstechnik, um schneller neue Zellen mit weniger Ausschuss herzustellen.
Der kontinuierliche Mischprozess im Extruder bei der Elektrodenherstellung spielt eine große Rolle, wie Simon Gröninger, Coperion GmbH, berichtete. Hochgenaue Dosierlösungen für Schüttgüter ermöglichen die präzise Einhaltung der Rezeptur. Im Extruder werden Materialien eingesetzt, die einen hohen Verschleiß- und Korrosionsschutz bieten. Ein besonderes Dichtungsdesign ist optimal auf die hohen Anforderungen von Batterieanwendungen abgestimmt.
Christian Lisiecki, Grob-Werke GmbH & Co. KG, berichtete über innovative Produktionsprozesse der Zellassemblierung und deren Prozessqualität. Es werden präzise, zuverlässige, variabel skalierbare und erweiterbare Anlagen angeboten, die aber bis zu 40 % teurer als chinesische Modelle sein können.
Materialunabhängigkeit und globaler Markt
Es wurden Arbeiten zum aktuellen Stand der Forschung und Entwicklung zu Materialunabhängigkeiten und globalen Marktentwicklungen von Batterien vorgestellt. Zirkuläre Wertschöpfungsketten für Batterien sollen Materialbedarfe reduzieren.
» Der Automotive-Markt ist ein großer Treiber für die Batterieentwicklung, die nicht wachsen kann, weil Überkapazitäten in Asien auf den europäischen Markt drücken «
Ines Miller, P3 Group GmbH, sprach über lokalisierte Batteriewertschöpfungsketten in Europa. Der Automotive-Markt ist ein großer Treiber für die Batterieherstellung. Trotzdem wird der Batteriemarkt nicht weiterwachsen, weil Überkapazitäten in Asien auf den europäischen Markt drücken. Deshalb müssen andere Bereiche für Batterieanwendungen erschlossen werden. Außerdem können mit der Entwicklung lithiumfreier Batterien Unabhängigkeiten geschaffen werden. Ferner empfiehlt sie, das Batterierecycling jetzt vorzubereiten.
Michael Kruft, Umicore AG & Co. KG, ging auf die Materialversorgung aus der Sicht eines Kathodenmaterialherstellers ein. Umicore ist das erste Unternehmen in Europa, das eine Gigafactory für Batteriematerialien errichtet hat. Die kohlenstoffneutrale Produktionsanlage für Kathodenmaterialien wird Umicores Kunden in Europa mit Batteriematerialien für Autos und Batteriezellen beliefern.
Maurice Bethke, cylib GmbH, stellte ein Konzept für ein ganzheitliches Recyclingverfahren zur Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe aus Altbatterien vor. Die Nutzungsdauer von Batterien ist mit zehn bis 15 Jahren zwar lang, jedoch wird für die Entwicklung der Recyclingtechnologie und den Aufbau der Recyclingfabrik diese Zeit auch benötigt.
Johannes Heumann, Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT), machte auf die Vorteile von Superkondensatoren aufmerksam. Sie bieten eine nachhaltige Alternative für Energiespeicher. Ihre Produktion erfordert wenig Aufwand. Keine PFAS-Materialien und Metallfolien sind notwendig und sie werden in Zukunft immer wichtiger werden.
Zelldesign – innovative Produkte als Voraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit
Juliane Kluge, BMW-Group, und Simon Lux, Fraunhofer-Einrichtung Forschungsfertige Batteriezelle FFB, berichteten über Wechselwirkungen der geometrischen Auslegung von Lithium-Ionen-Zellen. Ein schneller Kapazitätsverlust tritt beim aggressiven Schnellladen durch Lithium-Abscheidungen auf. Die Elektrolytmenge und -bewegung haben darauf einen wesentlichen Einfluss, weshalb auch das Zellformat (zylindrisch, prismatisch oder Pouch) untersucht wurde. Als Batterien der nächsten Generation stellten sie die Festkörperbatterien mit einem Sulfid-Separator vor. Die Festkörperbatterien enthalten keinen flüssigen Elektrolyten. Durch interne Volumenänderungen müssen sie extern mit Druck beaufschlagt werden, um einen kontinuierlichen Betrieb zu gewährleisten. Wegen der notwendigen Druckbeaufschlagung wird das Pouchzellformat bevorzugt.
Nachhaltigkeit und Kohlendioxid-Fußabdruck
Batterien müssen nicht nur technisch-wirtschaftlich, sondern auch in Hinblick auf ökologische Anforderungen überzeugen. So wird beispielsweise der Einsatz von erneuerbaren Energien in der Batterieproduktion und im Recycling immer wichtiger. Die neue EU-Batterieverordnung läutet einen Paradigmenwechsel ein und enthält u. a. Vorgaben zum Einsatz von Sekundärmaterialien in Batterien. Der gesamte Batterielebensweg – von der Rohstoffgewinnung bis zum Recycling - muss betrachtet werden.
Jürgen Groß, Liebherr-Verzahntechnik GmbH, und Klaus Dröder, Technische Universität Braunschweig, berichteten über Ergebnisse aus dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt Zirkel. Im Vorhaben wird auch die automatische Demontage von HV-Batteriesystemen untersucht. Groß stellte ein zerstörungsfreies Demontageverfahren vor, mit dem Schraubverbindungen vom Batteriegehäuse automatisiert erkannt und gelöst werden, um dann die Materialien zu selektieren. Ziel ist es, die Materialien in den Produktionskreislauf zurückzuführen.
Ein nachhaltiges industrielles Recycling von Lithium-Ionen-Batterien-Schwarzmasse ist besonders herausfordernd. Julia Meese-Marktscheffel, H. C. Starck Tungsten GmbH, stellte zukunftsfähige Lösungen für die Rückgewinnung von Strategiemetallen vor. Die Herausforderungen sind, dass es keine Sammelnetzwerke und keine Logistik für ausgediente Batterien gibt. Keine Vorhersagen über die Masse zu recycelnder Batterien, unterschiedliche Zusammensetzungen der Schwarzmasse und sehr volatile Lithiumpreise kommen erschwerend hinzu. Eine Produktionsanlage zur Aufbereitung von Schwarzmassen wird in Goslar gebaut. Im Jahr 2029 soll die Produktion mit einer Kapazität von 20.000 t/a Schwarzmasse beginnen.
Die Vorträge, Poster und Diskussionen machten deutlich, dass die Batterietechnologie im Aufschwung ist. In einer McKinsey Studie von 2023 wird vorhergesagt, dass die Batterienachfrage auf dem Weltmarkt um 30 % pro Jahr steigen wird. Gleichzeitig wird aber auch ein Engpass bei den Rohmaterialien befürchtet, weshalb der Recycling-Markt und notwendige Technologien industrieübergreifend entwickelt werden müssen. Deshalb muss die Förderung der Batterieforschung in Deutschland unbedingt fortgesetzt werden. Nur so können eine wettbewerbsfähige Batterieproduktion aufgebaut und Versorgungsrisiken reduziert werden. Damit bleibt die Zukunftsfähigkeit vieler Industrien am Standort Deutschland erhalten.