Ernst Peter Fischer
Der diplomierte Physiker, promovierte Biologe und habilitierte Wissenschaftshistoriker ist Professor für Wissenschaftsgeschichte an der Uni Heidelberg. Er ist Buchautor und hat zahlteiche Auszeichnungen erhalten.
Im Gegenteil - Gebrochene Symmetrien
In der Existenz von Kristallen mit ihrem regelmäßigen Aussehen lassen sich Eigenschaften erkennen, die mit dem Wort Symmetrie gekennzeichnet werden, das dem griechischen Ausdruck für „Ebenmaß“ nachgebildet worden ist. Kreise sind symmetrisch, Spiegelbilder sind symmetrisch, der Buchstabe A ist symmetrisch (anders als G), und wenn die Wissenschaft solch einen Ausdruck einsetzt, dann meint sie, dass ein Gegenstand dann symmetrisch ist, wenn man ihn so verändern (also durch eine Operation transformieren) kann, dass er danach unverändert erscheint.
Im Gegenteil - Rational oder mystisch?
Wenn Menschen es unternehmen, ihre gesamte Geschichte von den tierischen Anfängen bis zu modernen sozialen Organisationen ins Auge zu fassen, müssen sie nicht nur untersuchen, wann sie mit dem aufrechten Gang begonnen und den Gebrauch des Feuers gelernt haben. Bei dem Riesenthema gilt es auch, die Frage ins Visier zu nehmen, wann das erwacht ist, was in philosophischen Gesprächen gerne der Geist des Menschen genannt wird.
Im Gegenteil - Konstruktion statt Reduktion
Zu den erfolgreichen Ansätzen des wissenschaftlichen oder philosophischen Nachdenkens über die Gegenstände in der Welt gehörte das Denken, das in Gelehrtenkreisen als Reduktionismus bekannt war. Gemeint ist eine Rückführung. Man wollte Wasser als H2O verstehen und versuchte deshalb, etwa die Eigenschaft des Lebenselixiers, flüssig zu sein und nass zu machen, auf die Qualität dieser Moleküle und ihrer Struktur zurückzuführen. Man hielt an diesem Vorgehen fest, auch wenn es nie zu einem überzeugenden Erfolg geführt hat.
Im Gegenteil - Mensch oder Maschine?
Anfang 2023 ist viel von KI – künstlicher Intelligenz – die Rede, die schon länger Schachchampions schlagen kann und inzwischen auch den Weltmeister im Brettspiel Go besiegt hat. Solche Triumphe haben dazu geführt, die KI höher zu bewerten als menschliche Intelligenz. Zwar erinnern Philosophen daran, dass intelligente Entscheidungen – auch Züge beim Schach – in die Zukunft reichen und Maschinen nichts von einer Zeit wissen, die vor ihnen liegt.
Im Gegenteil - Die Zukunft bleibt unvorhersehbar
"Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.“ Diese Formulierung stammt von Wilhelm Busch. Seit seinen Tagen hängen das Leben und der Wohlstand in europäischen Breiten von Wissenschaft und Technik ab. Bevor beide zum Beruf wurden, ließen sich Menschen wie Alexander von Humboldt oder Johann Wolfgang von Goethe von ihrer Neugierde auf die Natur treiben, und sie unternahmen ihre Beobachtungen, um ihren eigenen Platz im kosmischen Gefüge finden zu können.
Im Gegenteil - Fiktive Physik
Wer die Frage stellt, was die Spezies Homo sapiens so erfolgreich gemacht hat, bekommt als eine mögliche Antwort, dass es den Menschen gelungen ist, der realen Welt mit ihren Bäumen und Bergen eine fiktive Ausgabe erst an die Seite zu stellen und diese ausgedachte Sphäre anschließend wichtiger als die Wirklichkeit werden zu lassen. Beispiele für solche Fiktionen sind Staaten, Menschenrechte, Geld, Unternehmen und vieles mehr, was nur in Gedanken existiert.
Im Gegenteil - Atome und Mystik
Im Juni 1938 hat der Literaturkritiker und Philosoph Walter Benjamin aus Paris einen Brief an seinen jüdischen Freund Gershom Scholem geschrieben, in dem aus dem Buch „Weltbild der Physik“ von Arthur S. Eddington zitiert wird, das 1934 erschienen ist. Eddington geht auf die Einsichten seiner Wissenschaft ein, und es scheint ihm „leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, denn dass ein Physiker eine Türschwelle durchschreite“, schließlich hat ein „Brett keine feste Substanz“, wie die Quantentheorie der Atome zeigen kann.
Im Gegenteil - Fuchs und Igel
In seinem Essay „Der Igel und der Fuchs“, in dem Ideenhistoriker Isaiah Berlin das Geschichtsverständnis von Leo Tolstoi beschreiben will, erklärt er zuerst den wunderlichen Titel, der auf den griechischen Dichter Archilochos zurückgeht, von dem zu lesen ist: „Der Fuchs weiß viele Dinge, aber der Igel weiß eine große Sache.“ Berlin unterteilte große Geister auf diese Weise in Kategorien, zum Beispiel Dante als Igel und Shakespeare als Fuchs, was er fortsetzte, um Goethe und Joyce den Füchsen und Proust und Dostojewski den Stacheltieren zuzuschlagen.
Im Gegenteil - Bitch - von der Ähnlichkeit zwischen Frau und Mann
Das Schimpfwort „bitch“ ist auf den ersten Blick kein Kompliment, was aber nicht so bleiben muss. Die britische Zoologin Lucy Cooke hat jetzt ein Buch mit dem Titel „Bitch“ publiziert, in dem sie das bietet, was im Untertitel als „a revolutionary guide to sex, evolution and the female animal“ angekündigt wird.
Im Gegenteil - Der Tanz um eine Mitte
Wer Medizin studiert, muss durch den Fluss waten, den die Biochemie seit dem 19. Jahrhundert immer weiter verbreitert. Noch bevor künftige Ärztinnen und Ärzte ihre ersten Patientinnen und Patienten zu sehen bekommen, müssen sie auswendig lernen, was die Lehrbücher auf engbedruckten Seiten mit oftmals unverständlich bleibenden Namen präsentieren.