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Mittwoch, 20 September 2023 12:59

Störstoffe in HCl-Beize für Aluminium

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Geschätzte Lesezeit: 4 - 7 Minuten
Die vielfältigen Beizverfahren vor dem Anodisieren (das Bild zeigt anodisierte Aluminiumfelgen) sind Thema dieses Praxisartikels Die vielfältigen Beizverfahren vor dem Anodisieren (das Bild zeigt anodisierte Aluminiumfelgen) sind Thema dieses Praxisartikels Foto: stock.adobe.com/tiero

Aluminium soll in Salzsäure gebeizt werden. Zweck ist eine feine, technische Struktur mit einer Toleranz von wenigen Mikrometern, die in einem späteren (nicht galvanischen) Beschichtungsprozess benötigt wird. Die HCl-Beize ist für Aluminium eher untypisch und deshalb haben wir bisher in der Literatur nichts dazu gefunden. Uns interessiert besonders welche Beizinhibitoren / Störstoffe bekannt sind. Zu den üblichen NaOH-Beizen sind ja beispielsweise die min. und max. Konzentrationen von Al bekannt. Gibt es so was auch für HCl-Beizen? Wie empfindlich könnte denn die mit HCl gebeizte Al-Oberfläche sein? Wenn nach der Beize gespült und getrocknet wird und dann ohne weitere Beschichtung die Teile gelagert werden, kommt es zu Wechselwirkungen mit der Luft? Bildet sich eine Oxidschicht?

Leider haben wir dazu keine praktischen Erfahrungen und können auch der Literatur nicht viel entnehmen. Dennoch bemühen wir uns um einige Gedanken und versuchen, das Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Mit steigender Al-Konzentration wird sich dies inhibierend auswirken und somit den optischen Effekt verändern. Genaue Angaben konnten wir dazu nicht finden, weshalb eine Versuchsreihe im Becherglas weiterhelfen dürfte. Außerdem ist vorstellbar, dass sich Kupfer bereits bei geringeren Mengen als störend auswirkt, wobei es sogar Ätzprozesse gibt, bei denen Kupfersulfat zumindest bei Reinaluminium benötigt wird (s. w. h.). Das Beizen von Aluminium in Salzsäure wird eher selten verwendet, da es ungleichmäßige Strukturen erzeugt. Diese dürften, je nach Legierung und Belastung der Beize, sehr unterschiedlich ausfallen. Deshalb raten wir dazu, auch andere Verfahren auszuprobieren, welche möglicherweise zum selben technischen Ziel führen, aber eine höhere Prozesssicherheit aufweisen.

Hier können möglicherweise Verfahren helfen, die ursprünglich bzw. vorwiegend für dekorative Zwecke eingesetzt werden. Zum dekorativen Ätzen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Ein chemisches Verfahren zum Mattätzen von mechanisch poliertem Aluminium oder einer Legierung besteht aus dem Tauchen in eine 5%ige Ammoniumhydrogenfluoridlösung bei 50 °C. Hier wird bei Reinaluminium 0,02 % Kupfersulfat zugesetzt. Die polierten Teile werden in organischem Lösemittel und einer alkalischen Entfettungslösung gereinigt, in Salpetersäure getaucht und danach in die Ätzlösung eingebracht. Nach anfänglicher Wasserstoffentwicklung bildet sich auf der Oberfläche ein Aluminiumfluoridfilm und die Reaktion kommt zum Stillstand. Nach dem Spülen wird der Fluoridfilm durch Tauchen in 50%ige Salpetersäure entfernt und es wird 5 μm dick anodisiert.

Es gibt noch folgende Methode:

105 g/L Ammoniumfluorid

56 g/L Fluorwasserstoffsäure

15 g/L Salpetersäure

0,03 g/L Bleinitrat

Damit wird ein besonders ansehnlicher Seidenglanz erzielt. Mit dieser Mischung wird das Bloßlegen der Kristallebenen verhindert und es tritt eine verstärkte Ätzwirkung auf. Sie besteht allerdings ausschließlich aus Bestandteilen, die heute aus Umweltschutzgründen unerwünscht sind. Einheitliche Mattierungen werden mit einem elektrolytischen Verfahren erzielt, bei dem die Oberfläche mit Wechselstrom in Salpetersäure oder vorzugsweise Salzsäure behandelt wird. Durch anhaftendes Aluminium und Aluminiumchlorid erscheint die elektrolytisch salzsauer mattierte Oberfläche deutlich und deckend grau. Der graue Belag wird bei einer nachträglichen anodischen Oxidation in die Schicht eingebaut, wodurch das graue Aussehen dauerhaft beibehalten wird. Er kann aber auch durch Beizen oder chemisches Glänzen vor dem Anodisieren entfernt werden. Die entfetteten und leicht gebeizten Teile werden in eine Lösung von 3 bis 20 g/L (optimal 5 g/L) Salzsäure oder 5 bis 30 g/L (optimal 8 g/L) Salpetersäure getaucht und bei Raumtemperatur 4 bis 15 Minuten lang mit Wechselstrom (50 Hz) bei 1,5 bis 2,5 A/dm2 behandelt. Die anfängliche Spannung von 15 V steigt bis zum Behandlungsende auf ca. 30 V an. Das Verfahren wird auch zum Konditionieren von Lithographieblechen und Offset-Folien verwendet, als Vorstufe zur Erzeugung des sogenannten Flitter-Finish oder zur Herstellung von anodisch oxidierten Aluminiumoberflächen, die mit Kugelschreiber dauerhaft beschreibbar sind (z. B. für Anhänger). Der Flitter-Finish-Effekt zeichnet sich durch eine glänzende und dabei gekörnte Oberfläche aus, die dadurch ein glitzerndes Aussehen erhält und sehr lebhaft wirkt. Dieses wird erzielt, indem zuerst in Natronlauge gebeizt, dann im Wechselstrom-Salzsäure-Verfahren mattiert und anschließend in einem chemischen oder elektrolytischen Glänzbad geglänzt und nach dem GS-Verfahren anodisiert wird. Durch Änderung der Intensität und Dauer der Mattierung können verschiedene Variationen erzielt werden.

Die Oxidschicht

Die Oxidschicht wird sich spätestens bei der Trocknung bilden, die erste „Lage“ bereits in der Spüle. Dies ist der Grund, warum für die Galvanisierung Zinkatbeizen oder Stanatbeizen eingesetzt werden. Diese Schicht wird mit Dauer der Lagerung wachsen, wobei die Geschwindigkeit vorwiegend von Temperatur, Oberflächenzustand (insbesondere Rauheit) und Luftfeuchtigkeit abhängt. Diese natürliche Oxidschicht ist sehr dicht aber nur wenige Nanometer dick. Je nach dem Feuchtegehalt der Luft und der Zusammensetzung des berührenden Wassers unterscheiden sich der Schichtaufbau und die Schichtdicke. An Luft wächst die Schicht mit einer Bildungsgeschwindigkeit von etwa 1,5 bis 2 nm pro Tag bis auf etwa 10 nm an. Unter Witterungseinfluss wächst sie auch noch weiter, ist dann aber nicht mehr durchsichtig, sondern matt weiß. Es handelt sich nicht mehr um das durchsichtige Böhmit, sondern um Hydrargillit bzw. Bayerit. Auf Magnesium-haltigen Legierungen wächst die Schicht bei höheren Temperaturen deutlich schneller als auf nicht Magnesium-haltigen. Dann diffundieren die Magnesiumionen nach außen und bilden auf der Oberfläche eine MgO-reiche Schicht. An feuchter Luft wächst die Schicht in anderer Form als an trockener Luft. Sie zeigt dann schon eine ähnliche Form wie die technisch erzeugten Schichten. Sie besteht aus zwei unterschiedlichen Strukturen. Die untere Sperrschicht ist amorph und besteht aus Aluminiumoxid. Die obere Deckschicht ist porös und besteht aus Aluminiumoxid und -hydroxid. Auf Grund ihrer Porosität kann sie Schmutzteilchen aufnehmen und erhält dadurch ein schmutzig-graues Aussehen (Verwitterung). Ihre Gesamtdicke wird mit 4–10 nm angegeben. Das noch als Ergänzung zum Thema „Empfindlichkeit der Oberfläche“. Auch in Wasser bildet sich die Doppelschicht aus. Da es bei der Beständigkeit des Aluminiums in Wirklichkeit auf die Beständigkeit der Passivschicht ankommt, muss man die physikalisch- chemischen Eigenschaften der verschiedenen Oxide, Hydroxide und Oxidhydroxide des Aluminiums beachten.

Noch ein paar Worte zu den Legierungen: Historisch bedingt wurden die Legierungen mehr in Richtung auf ihre Festigkeit, als auf die Oxidierfähigkeit entwickelt. Da Aluminium ein weiches Metall ist, wurden seine Einsatzgrenzen dadurch stark erweitert. Die Härte wird durch die Zugabe von Legierungselementen (Mischkristallverfestigung) und eine anschließende Kaltverfestigung oder thermische Behandlung (Aushärtebehandlung) erreicht. Man teilt die Legierungen deshalb in aushärtbare und nicht aushärtbare (naturharte; AlMgMn, AlMn, AlMg) ein. Ausscheidungshärtung tritt ein, wenn sich die Legierungselemente, und insbesondere deren intermetallische Verbindungen, in kleinen Gebieten anreichern. An der Werkstückoberfläche führt das zur mangelnden Isolierfestigkeit der Oxidschicht. D. h. das sich bei unterschiedlichen Legierungen auch die Oxidschicht unterschiedlich ausbilden kann.

Je nach Legierungsbestandteilen kann bzw. wird sich das auch auf das Beizverhalten/Ätzen auswirken. Hinzu kommen Schwankungen in der Produktion (also bevor Sie die Teile erhalten) und ggf. an der Oberfläche anhaftende, ein- oder ausdiffundierte Verunreinigungen. Damit Sie eine gleichbleibend hohe Qualität – die mit sehr engen Toleranzen verbunden ist – einhalten können, muss ein möglichst gleichbleibendes Gefüge vor der HCl-Beize gewährleistet werden. Erfahrungsgemäß funktioniert das nur, wenn die ganze Prozesskette darauf abgestimmt wird und alle Beteiligten Firmen/Personen um die Wichtigkeit wissen. Ansonsten heißt es „Shit in, Shit out“. Bei so geringen Toleranzen wie bei Ihnen wird es wohl auch auf die Balance zwischen HCl-Konzentration und Behandlungsdauer ankommen. Unserer Erfahrung nach geht man dazu über, dass man die Lösungen geringer konzentriert und dafür die Behandlungszeit erhöht – sofern sich damit das gleiche Resultat erreichen lässt. Im umgekehrten Fall (höhere Konzentration, geringere Zeit) hat man das Problem, dass Überhebzeiten (in die Spüle) sowie Raumtemperatur eine immer stärkere Rolle spielen, je konzentrierter die Beizlösung ist. Hier ist also „Eile mit Weile“ angesagt.

Literatur

[1] Rezepte für die Metallfärbung, O. P. Krämer / T. W. Jelinek, Eugen G. Leuze Verlag, ISBN 978-3-87480-232-1

 

 

 

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 9
  • Jahr: 2023
  • Autoren: B. C.

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