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Mittwoch, 17 April 2024 15:00

Chemisches Passivieren von Aluminium – Teil 6 –

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Geschätzte Lesezeit: 4 - 8 Minuten
Auch in der Luftfahrt ein Thema: Umstellung von Chrom(VI)- auf Chrom(III)-Passivierungen. Auch in der Luftfahrt ein Thema: Umstellung von Chrom(VI)- auf Chrom(III)-Passivierungen. Foto: stock.adobe.com/Lukas Gojda

– Teil 6 – Eine effektive Methode zur funktionalen Oberflächenbehandlung / Fortsetzung aus Galvanotechnik 3/2024

Aluminium ist ein vielseitiges Metall mit hoher Festigkeit, Leichtigkeit und Korrosionsbeständigkeit. Dennoch kann das Metall unter bestimmten Bedingungen korrodieren, was zu einer Beeinträchtigung seiner mechanischen Eigenschaften und Ästhetik führen kann. Eine bewährte Methode, um die Korrosionsbeständigkeit von Aluminium zu verbessern und gleichzeitig eine, in mehreren Hinsichten funktionale Oberfläche zu erzeugen, ist das chemische Passivieren oder Chromatieren. Im letzten Teil der Aluminiumserie werden die Grundlagen des chemischen Passivierens von Aluminium auf Chrom(III)- Basis sowie seine Anwendungen und Vorteile aufgezeigt.

Durch das Verfahren des Chromatierens oder Passivierens erhält Aluminium eine gleichmäßige Oberfläche und verbessert entscheidend seine Eigenschaften: Es bildet eine korrosionsbeständige, lötbare und leitfähige Schicht mit geringem Abriebwiderstand aus. Es gab in der Vergangenheit sehr viele Bestrebungen verschiedener Hersteller Chrom(VI)-freie Chromatierungen voranzutreiben. Da sechswertiges Chrom als krebserregend und giftig eingestuft ist und gemäß REACh-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe) nur noch eine begrenzte Verwendungslaufzeit besteht, mussten neue Möglichkeiten geschaffen werden, Chrom(VI)-Chromatierungen durch eine nahezu gleichwertige Chemie zu ersetzen. Nach vielen Jahren der Forschung und Entwicklung einen möglichst gleichwertigen Ersatz zu finden, haben sich letztendlich die Chrom­-(III)-wertigen Passivierungen, wie zum Bespiel SurTec­ 650 durchgesetzt.gt 2024 04 212Abb. 1: Mit SurTec 650 passiviertes Aluminiumblech. Großer Bereich mit SurTech 650, kleiner Bereich ohne SurTec 650

Chrom(III)-Passivierungen, auch bekannt als Trivalent-Chromatierung, sind eine Form der Oberflächenbehandlung von Aluminium, die auf der Verwendung von Chrom(III)-Verbindungen basiert. Chemisches Passivieren ist ein Prozess, bei dem die Oberfläche eines Metalls in eine weniger reaktive Form umgewandelt wird, um seine Korrosionsbeständigkeit zu erhöhen. Bei Aluminium erfolgt dieser Prozess durch Bildung einer dünnen, im Nanometerbereich liegenden schützenden Schicht auf der Oberfläche.

Prozessablauf Vorbereitung der Oberfläche

Zunächst werden die zu behandelnden Aluminiumbauteile gründlich gereinigt, um jegliche Verunreinigungen, Fettfilme oder Oxidschichten zu entfernen. Dies erfolgt durch verschiedene Reinigungsstufen wie Entfetten, Beizen und Aktivieren. Die Spülschritte zwischen den einzelnen Prozessstufen sind genau einzuhalten. Entfettet wird meist in einer alkalischen wässrigen Tensidlösung. Für die weiteren Schritte wie Beizen oder Aktivieren ist es ratsam die vom Hersteller auf die Passivierlösung abgestimmten Prozesschemikalien zu verwenden.

Passivieren / Chromatieren Cr-III-Basis

Verwendet wird eine Mischung aus Chrom(III)-Verbindungen sowie anderen chemischen Komponenten. Diese Lösung wird oft als Konzentrat geliefert und muss entsprechend den Anweisungen des Herstellers verdünnt werden.

Die gereinigten Metallteile werden in die Passivierungslösung eingetaucht oder durch Sprühen oder andere Methoden mit der Lösung benetzt. Die Prozessdauer variiert je nach den spezifischen Anforderungen und dem gewünschten Ergebnis. Während des Passivierungsprozesses reagieren die Chrom(III)-Verbindungen mit der Aluminiumoberfläche und bilden eine dünne Schutzschicht aus Chrom(III)-Verbindungen.

Spülen

Nachdem die erforderliche Prozesszeit in der Passivierungslösung verstrichen ist, werden die Teile gründlich mit Wasser gespült, um überschüssige Chemikalien zu entfernen.

Trocknung

Die behandelten Teile werden sorgfältig getrocknet, um Wasserreste zu entfernen und die Bildung von Wasserflecken zu verhindern. Dies kann durch Lufttrocknung oder den Einsatz von Trocknungsöfen erfolgen.

Nachbehandlung (optional)

In einigen Fällen kann eine zusätzliche Oberflächenbehandlung erforderlich sein, um bestimmte Eigenschaften weiter zu verbessern oder spezifische Anforderungen zu erfüllen. Dies kann das Auftragen einer Versiegelung oder einer weiteren Schutzschicht umfassen.

Eigenschaften der Chrom(III)-Passivierung Optik

Die gebildete Schutzschicht ist in der Regel sehr dünn (Nanometerbereich) und transparent, was bedeutet, dass sie die Oberfläche des Aluminiums nicht wesentlich verändert. Die Konversionsschichten werden optisch leicht irisierend (rot-gelb-blau) wahrgenommen (Abb. 1).

Korrosionsbeständigkeit

Chrom(III)-Passivierungen bieten eine gute Korrosionsbeständigkeit und verbessern die Lebensdauer von Aluminiumbauteilen in verschiedenen Umgebungen. Die gebildete Schicht bietet einen wirksamen Schutz vor Korrosion und trägt zur Verlängerung der Lebensdauer von Aluminiumbauteilen bei (Abb. 2).

Elektrische Leitfähigkeit

Die Schicht ist elektrisch leitfähig, was sie für Anwendungen in der Elektronikindustrie geeignet macht. Die Eigenschaften Korrosionsschutz und elektrische Leitfähigkeit werden hierbei verbunden. Die Leitfähigkeit dieser Schichten hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der Dichte, der Kristallstruktur und der chemischen Zusammensetzung der Schicht. Die elektrische Leitfähigkeit der Passivierungsschichten kann je nach Herstellungsverfahren, Dicke der Schicht und anderen Prozessparametern variieren. Eine dünnere Schicht kann im Allgemeinen eine höhere Leitfähigkeit aufweisen als eine dickere Schicht. Darüber hinaus können Zusätze oder Additive in der Passivierungslösung die Leitfähigkeit der Schicht beeinflussen.gt 2024 04 213Abb. 2: Obere Hälfte unbeschichtet, untere Hälfte SurTec 650 passiviert. Nach 168 Stunden NSS (Neutraler Salzsprühtest, ASTM B-117 bzw. DIN EN ISO 9227)

Haftgrund

Chrom(III)-Passivierungen können auch als Grundierung für nachfolgende Lackierungen oder Beschichtungen dienen, da sie die Haftung verbessern. Zudem wird dadurch der zusätzliche Korrosionsschutz genutzt. Die Haftung von Lacken, Klebstoffen und Dichtstoffen wird optimiert. Chrom(III)-Passivierungen bilden eine dünne Schutzschicht aus Chrom(III)-Verbindungen auf der Oberfläche des Aluminiums. Diese Schicht verbessert die Haftung von nachfolgenden Beschichtungen, wie Lacken oder Pulverbeschichtungen, signifikant. Chrom(III)-Passivierungen dienen als effektive Methode zur Vorbereitung der Oberfläche, indem sie eine gleichmäßige und saubere Schutzschicht erzeugen. Diese Schicht hilft, Unreinheiten, Oxide und andere Verunreinigungen von der Oberfläche zu entfernen und schafft eine ideale Grundlage für die nachfolgende Beschichtung.

Durch die Bildung einer chemischen Bindung zwischen der Passivierungsschicht und der darauf aufgebrachten Beschichtung wird eine robuste Verbindung geschaffen. Chrom(III)-Passivierungen sind kompatibel mit einer Vielzahl von Beschichtungsmaterialien, einschließlich Lacken, Pulverbeschichtungen und anderen Beschichtungstypen. Dadurch können sie in verschiedenen Branchen und Anwendungen eingesetzt werden, unabhängig von den spezifischen Anforderungen an die Beschichtung. Durch die Verwendung von Chrom(III)-Passivierungen als Haftgrund wird nicht nur die Haftung der Beschichtung verbessert, sondern auch die Qualität der Beschichtung insgesamt. Eine gute Haftung bedeutet, dass die Beschichtung gleichmäßig auf der Oberfläche haftet, was zu einer verbesserten Beständigkeit gegen Abblätterung, Rissbildung und andere Beschädigungen führt. Dies trägt dazu bei, die ästhetischen und funktionalen Eigenschaften der beschichteten Aluminiumteile zu verbessern.

Umwelt

Im Vergleich zur Verwendung von Chrom(VI)-Verbindungen sind Chrom(III)-Passivierungen umweltfreundlich und gesundheitlich wesentlich unbedenklicher für Mensch und Umwelt. Natürlich müssen, wie bei den meisten chemischen Stoffen gewisse Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden, welche jeweils den entsprechenden Datenblättern zu entnehmen sind.

Anwendungsgebiete

Chrom(III)-Passivierungen können in verschiedenen Branchen und Anwendungen eingesetzt werden. Häufig verwendet werden diese im Automobilbau, in der Luft- und Raumfahrttechnik, sowie der Bau- und Elektronikindustrie.

Automotive

Chrom(III)-Passivierungen werden in der Automobilindustrie, insbesondere für Bauteile wie Karosserien, Felgen und Motorbauteile eingesetzt. Auch im Bereich der Elektromotoren werden passivierte Oberflächen sehr häufig eingesetzt. Die Eigenschaften der Korrosionsbeständigkeit, der elektrischen Leitfähigkeit oder des Haftgrundes für anschließende Lackierungen sind hierbei ausschlaggebend.

Luftfahrt

In der Luft- und Raumfahrtindustrie macht man sich die Eigenschaften der elektrischen Leitfähigkeit, der Korrosionsbeständigkeit und der geringen Beeinflussung der Biegewechselfestigkeit zu eigen. Für Strukturkomponenten ist es in der Regel notwendig durch die Oberflächenveredelung keinen negativen Einfluss auf die Biegewechsellasten zu nehmen. Daher werden entweder Konversionsschichten oder sehr dünne Oxidschichten als Haftgrund für eine anschließende Lackierung oder Pulverbeschichtung verwendet. Die elektrische Leitfähigkeit wird genutzt, um notwendige elektrische Pfade am Flugkörper zur Ableitung von beispielsweise elektrostatischen Aufladungen zu generieren.

Die Chrom(III)-Passivierung SurTec 650 beispielsweise erfüllt die Korrosionsschutzanforderungen gemäß MIL DTL 5541F und MIL-DTL-81706B.

Elektroindustrie

Darüber hinaus werden Chrom(III)-Passivierungen in der Elektronikindustrie für Komponenten wie Leiterplatten und Gehäuse verwendet. Hierbei werden die funktionalen Eigenschaften elektrische Leitfähigkeit, niedriger Oberflächenwiderstand, sowie eine gute Korrosionsbeständigkeit vereint.

Kombischichten

Auch zur Nachbehandlung beschädigter Eloxalbeschichtungen sind die Konversionsschichten bestens geeignet. In gewissen Bereichen werden Eloxalschichten und Passivierungen kombiniert. Hierdurch können die elektrisch isolierenden Eigenschaften der Eloxalschichten und die leitfähigen Passivierschichten kombiniert werden. Meist werden die zu passivierenden Bereiche am Bauteil maskiert, die Teile eloxiert, demaskiert nach dem Eloxalprozess und anschließend die vorher maskierten Bereiche passiviert.

Fazit

Insgesamt bieten Chrom(III)-Passivierungen eine effektive und wirtschaftlich sinnvolle Lösung zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Langlebigkeit von Aluminiumprodukten. Ihre Vielseitigkeit, kombiniert mit ihren überlegenen Schutzeigenschaften und ihrer Kompatibilität mit verschiedenen Beschichtungsmaterialien, macht sie zu einer bevorzugten Wahl für Unternehmen, die hochwertige und nachhaltige Produkte herstellen möchten.

In Branchen wie der Automobilindustrie, der Luft- und Raumfahrt, dem Bauwesen und vielen anderen Bereichen, in denen Aluminium weit verbreitet ist, ist der Schutz vor Korrosion unter Beibehaltung der elektrischen Leitfähigkeit von entscheidender Bedeutung, um die Zuverlässigkeit und Funktionalität von Bauteilen sicherzustellen. Für anschließende Beschichtungen bieten sie einen hervorragenden Haftgrund, der die funktionalen Eigenschaften und die Ästhetik von Bauteilen erheblich verbessert.

Inzwischen haben mehrheitlich die Chrom(III)-haltigen Passivierungen, wie beispielsweise SurTec 650 die Chrom-(VI)-haltigen Verfahren abgelöst und in vielen Anwendungsbereichen ersetzt. Durch eine intensive jahrelange Entwicklung der Chrom(VI) freien Alternativprodukte, wurden mit den Chrom(III)-Varianten eine echte Alternative geschaffen. Diese Entwicklung markiert einen wichtigen Schritt hin zu nachhaltigeren und sichereren Lösungen im Bereich der funktionalen Oberflächen für die Industrie.

 

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 4
  • Jahr: 2024
  • Autoren: Kristin Pippig-Schmid

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