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Mittwoch, 08 November 2023 10:59

Kolumne Anders gesehen: Wo (viel) Licht ist, ist auch (viel) Schatten

von Prof. Rahn
Geschätzte Lesezeit: 3 - 6 Minuten
Kolumne Anders gesehen: Wo (viel) Licht ist, ist auch (viel) Schatten Bild: Koss/CC BY-ND 2.0

Goethes Wort wird effektvoll durch Blitze illustriert, die zwar viel Licht erzeugen, aber beim Einschlag auch gewaltigen Schaden anrichten können. Also ist die Beschreibung eines Charakters bildlich transponiert und rückt alles in die Nähe der Schattenspiele [2], wie sie noch immer – oder wieder – in Asien popularisiert und genossen werden. Populär ist das Licht auch beim Löten und wird in vielerlei Hinsicht verwendet.

Unsichtbar dient Licht im Infrarotbereich zur Erwärmung der Baugruppen z. B. vor dem Schwalllöten. Aber nachdem Laser industriell erhältlich wurden, hat man auch die im Kampf um die gute Lötstelle zwangsrekrutiert.

Diese Energiequelle wird jedoch häufig in Hände überstellt, die das Verfahren und die Technologie leider nicht verstehen. Das ist eigentlich verständlich, da alleine schon die Laserquelle ein weites Spektrum aufweist. Die ursprünglich enorm starken Laser sind wegen ernster Probleme durch drei Haupttypen ersetzt worden, die sich für einige Lötprozesse als geeignet erwiesen haben. Kohlendioxidlaser (ein Gaslaser), Nd:YAG-Laser (ein Festkörperlaser) und verschiedene Halbleiterlaser (meist als Diodenlaser gekennzeichnet) werden angeboten. Die ersten beiden sind, was Laser betrifft, die besseren, denn Diodenlaser erzeugen einen ‚qualitativ' weniger guten Strahl, was jedoch beim Löten von Vorteil ist.

Der Kohlendioxidlaser ist ein Gaslaser mit einer Wellenlänge von 10,6 µm im fernen Infrarotbereich. Da sein Licht von Metalloberflächen reflektiert wird, ist er eigentlich nicht gut fürs Löten geeignet. Hier muss man den Zwischenschritt nutzen, denn Flussmittel absorbiert die Energie gut und überträgt dann wiederum Wärme auf das Lot und das Metall in der Verbindung.

Problematisch ist dabei, dass Flussmittel die fürs Löten erforderlichen Temperaturen meist nicht überstehen. Die sehr intensive und lokal konzentrierte Wärme führt auch regelmäßig zu explosionsartigen Verdampfungen des Lösemittels im Flussmittel. Als einen weiteren wesentlichen Nachteil und Hindernis beim flexiblen Einsatz muss die Dimension dieser Laserquelle gelten, die klobig ist und die Tatsache, dass sein Licht nicht durch eine optische Faser geleitet werden kann.

Der Nd:YAG-Laser ist ein Festkörperlaser. Die Lasersubstanz ist ein mit Neodym dotiertes Yttrium-Aluminium-Granat welches ein Licht der Wellenlänge von 1,06 µm erzeugt. Das liegt im nahen Infrarotbereich und wird von metallischen und glänzenden Oberflächen weniger reflektiert was Nd:YAG im Vergleich zu CO2-Lasern zu einem wünschenswerteren Kandidaten für das Laserlöten macht. Zudem kann das Licht auch durch Faseroptik gelenkt werden, wodurch sich der Einsatz in Maschinen vereinfacht.

Diodenlaser werden manchmal als Halbleiterdioden bezeichnet und produzieren Licht mit Wellenlängen von 790 nm - 980 nm. Wegen einer Reihe von Vorteilen haben diese Laser die beiden obigen weitgehend aus dem Lötbereich verdrängt. Die Absorption ihres Lichts in Metalle ist besser und in die organischen Materialien der Leiterplatten geringer. Ihrer Kompaktheit wegen lassen sie sich leicht in Maschinen integrieren und ihr elektrischer Gesamtwirkungsgrad von etwa 40 % für ein Hochleistungs-Diodenlasersystem hält die Betriebskosten niedrig.

Abstrakte Darstellung des Pastenauftrags mit anschließendem punktweisem LaserlötenLaserlöten ist ein sehr schneller Vorgang und die Lötstelle entsteht meist innerhalb von weniger als einer Fünftel-Sekunde. Da das aber nur für eine Lötstelle gilt, sind Baugruppen mit 10.000 und mehr Lötstellen kein Anwendungsgebiet. Versuche mehrere Lötstellen gleichzeitig zu löten (Strahl spalten oder als Balken verzerren oder über Ablenkungsspiegel mehrere Lötstellen überstreichen zu lassen) wurden zwar ersonnen, verlangsamen aber den Prozess, weil sonst Teile der Leiterplatte mit unerwünschten Löchern versehen werden oder verkohlen.

Da Laserlöten einen Lichststrahl verwendet, muss die Lötstelle sichtbar sein, was bei den landläufig viel verwendeten BGAs nicht der Fall ist. Versuche, durch die Leiterplatte zu erwärmen wurden erfolgreich durchgeführt, dauerten aber dann mehrere Minuten pro Lötstelle aus nämlichem Grund.

Damit beschränkt sich der Einsatzbereich auf Baugruppen mit wenigen Lötstellen oder aber zum Selektivlöten, wo nur noch einige Lötstellen zu fertigen sind.

Obgleich auch durchkontaktierte Lötstellen mit dem Laser aufgeschmolzen werden können, stellen sie ihre eigene Problematik dar. Deswegen sind wohl oberflächig Montierte häufiger unter dem Laserstrahl zu finden.

Wie immer muss überlegt werden, wie das Lot an die Stelle gebracht wird. Lotdraht (mit Flussmittelseele) wie auch Paste kommen zur Anwendung. Beide sind nicht leicht zu verarbeiten, denn der Laser ist energiestark und konzentriert.

Diemeisten Lotpasten sind so formuliert, dass ihr Lösemittel verdampft. Im Laserlicht sind diese Gase brennbar und können sich entzünden. Zudem entsteht eventuell eine Plasmaschicht, die einer weiteren Erwärmung entgegensteht. Mit einem Luftstrom über der zu lötenden Fläche kann man dem entgegenwirken. Zudem ist es kritisch, wie genau und wohin der Laser gelenkt wird, denn das Lot wird an die heißeste Stelle fließen. Moderne Installationen bewerkstelligen dies mit optischen Systemen und entsprechender Rechnersteuerung. Dennoch ist das Wissen des Ingenieurs gefragt, denn sonst sitzt das Lot am Bauteilbeinchen und nicht auf dem Pad.

Moderne Diodenlaseranlagen führen den Strahl nicht nur durch ein Glasfaserkabel an die Zielstelle, sondern erlauben auch die bestrahlte Fläche zu ändern. Das erreicht man mit einer speziellen Optik und Veränderungen des Abstandes von der Lötstelle. Damit kann man sowohl auf die Größe der Lötfläche reagieren wie auch die Wärmeübertragung beeinflussen, denn je umfangreicher die Punktgröße gewählt wird, desto mehr wird die Energiedichte reduziert. Typisch sind Variationsmöglichkeiten zwischen etwa 0,5 bis 1,5 mm Durchmesser.

Das Glasfaserkabel ermöglicht auch den Einfallswinkel zu verstellen, so dass nicht nur mit90°gelötet werden kann sondern auch schräg. Das ist in vielen Situationen wichtig, wenn der Zugang zur Lötstelle nicht so einfach ist, wie er in den Broschüren gezeigt wird – oft verstellen höhere Bauteile die Sicht.

Außer beim Selektivlöten hat sich das Laserlöten nur in ein paar Nischen etabliert. Dazu gehören Solarpanels, Uhren oder auch einige Schalter und kleinere Baugruppen für die Automobilindustrie. Die werden zwar in enormen Quantitäten erzeugt, benötigen aber jeweils nur wenige Lötpunkte.

Obgleich der Lötvorgang selbst sehr schnell ist, wird er von den Massenproduktionen, die sehr viele Lötstellen je Baugruppe fertigen müssen überwältigt. Obendrein sind auf den modernen Kommunikationsprodukten viele der Lötstellen nicht mehr dem Laserlicht zugänglich. Die ‚gull-wing'-Bauteile nehmen gegenüber den BGAs etc. zu viel Fläche ein und erlauben deswegen keine Reduzierung der Produktgröße oder die zusätzliche Funktionsdichte. Somit sind wir dann auf der Schattenseite des Lasers angekommen – wenigstens was seine Anwendung im Löten betrifft und, dass man sehr vorsichtig sein muss, denn Schädigungen [3], etwa der Augen, können durch Reflexionsstrahlung leicht auftreten.

Dramatische Darstellung des Entlötens mit einem LaserDramatische Darstellung des Entlötens mit einem Laser

Prof. Armin RahnZur Person

Prof. Rahn ist ein weltweit tätiger Berater in Fragen der Verbindungstechnologie. Sein Buch über ‚Spezielle Reflowprozesse‘ erschien beim Leuze Verlag. Er ist erreichbar unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, wohin auch Anfragen über In-Haus-Seminare gerichtet werden können.

Literatur

Z. Bachok et al.: Effect of Different Solder Volumes on the Laser Soldering Process: Numerical and Experimental Investigation, Journal of Electronic Packaging, Transactions of the ASME, 2022
J. Vivari; A. Kasman: Laser Solder Reflow: A Process Solution, Part I, 2007
J. Vivari; A. Kasman: Laser Solder Reflow: A Process Solution, Part II, 2007

Referenzen

[1] Johann Wolfgang Goethe(1749–1832), Götz von Berlichingen – eigentlich „Wo viel Licht ist, ist starker Schatten.“ (Erster Akt – Jagsthausen. Götzens Burg/Götz)
[2] 皮影戏; píyĭngxì
[3] www.bfs.de/DE/themen/opt/anwendung-alltag-technik/laser/schutz/schutz-laser.html (Abruf: 11.09.2023)

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 10
  • Jahr: 2023
  • Autoren: Prof. Armin Rahn

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